Der Pacific Rim Nationalpark besteht aus drei Teilen, die durch Wasserflächen getrennt sind. Dazu zählen die Abschnitte Long Beach, in dem vor allem Wanderer in den Genuss kurzer Wanderungen kommen, die in die Natur integriert wurden, die aus mehreren hundert kleinen Inseln bestehende Gruppe Broken Group Islands und der legendäre 77 Kilometer lange West Coast Trail (Geöffnet von Mai – September und limitiert auf 52 Wanderer / Tag). Wir wollten uns nur dem Teilbereich „Long Beach“ mit seinen kleinen aber abwechslungsreichen Kurzwanderungen widmen.
Das Wetter war perfekt, die Sonne schien und es sollte ein herrlicher Tag werden. Da ich es kaum erwarten konnte, raus zu kommen, machte ich mich schnell fertig und schaute mich am Hafen von Ucluelet um. Außerdem wollte ich gerne die Seehunde sehen. Mal schauen, ob ich Glück hatte.
Der Frühnebel verzog sich so langsam und ein Graureiher ging direkt unterhalb unseres Camperstellplatzes im Wasser auf Nahrungssuche.
Immer wieder hielt ich Ausschau nach dem Weißkopfseeadler, der sich aber versteckt hielt. Umso mehr genoss ich die landschaftliche Kulisse um mich herum und die Ruhe. Wie anders die Natur doch gleich aussieht, wenn der Himmel blau erstrahlt.
Ich begab mich hinab auf den Steg und lief zu den Fischerbooten. In der Ferne hörte ich die Seehunde. Und plötzlich schnaufte es in meiner Nähe und eine Fontäne spritzte aus dem Wasser. Ein Wal? Nein, zwei Seehunde, die ihre morgendliche Runde drehten.
Mit dem Teleobjektiv konnte ich auch die zahlreichen Seehunde erkennen, die es sich direkt unterhalb eines großen Fischerbootes gemütlich gemacht hatten. Klasse.
Die Tiere hatten auch andere Fotografen angezogen und zwei weitere Männer gesellten sich zu mir auf den Steg.
Nachdem ich mich satt gesehen hatte, lief ich zurück zum Camper. Marcel hatte bereits das Frühstück vorbereitet.
Um 9 Uhr war die Anmeldung des Campingplatzes besetzt und Marcel begab sich hinein. Es dauerte ewig, bis er wieder zurück kam. In der Zwischenzeit entdeckte ich Rotwild, dass zum Trinken hinab ans Wasser ging. Hier war ja vielleicht schon was los am Morgen. Fehlte nur noch der Bär.
Das wir den heute auch noch zu Gesicht bekommen sollten, erfuhr ich jetzt. Marcel hatte lange mit dem Eigentümer des Campingplatzes geredet und einen echten Geheimtipp zur Bärbeobachtung bekommen. An einer Fischaufzucht mitten im Nirgendwo konnte man mit Glück Schwarzbären beobachten.
Eine handgemalte Skizze des Besitzers zeigte uns den Weg.
Wir fanden auch tatsächlich die markierte Einfahrt und von hier war der Weg zur Hatchery ausgeschildert. Die Straße wurde allerdings immer schlechter und Camper über 24 Fuß Größe waren nicht mehr zugelassen. Zum Glück kam kein Gegenverkehr.
Dafür wiesen zahlreiche Warnschildert darauf hin, auf gar keinen Fall auszusteigen, da Bären überall in der Gegend sein konnten.
Auf den letzten Metern wurden wir auf der schlechten Schotterpiste ordentlich durchgeschaukelt und kamen endlich am Parkplatz der Fischaufzuchtstation an.
Da es noch früh am Morgen war, stand nur ein anderes Auto auf dem Parkplatz. Professionell parkte Marcel den Camper rückwärts ein, denn viel Platz zum Rangieren war hier nicht. Deswegen waren größere Camper auch nicht zugelassen. Mit unserem war es schon eng für andere Autos.
Der Besuch der Hatchery kostet keinen Eintritt, man kann aber eine freiwillige Spende geben. Nachdem uns die freundliche Mitarbeiterin aufgeklärt hatte, dass man hinter einem gesicherten Bereich tatsächlich Bären sehen konnte, stürmten wir sofort los.
Man braucht hier wirklich keine Angst vor Bärenangriffen haben. Das ganze Gelände ist mit einem Zaun gesichert. Oberhalb des Flusses befindet sich ein kleiner Steg, der mit einem Elektrozaun gesichert ist.
Und tatsächlich, direkt unten am Wasser entdeckten wir einen Schwarzbären. Er war ganz gemütlich auf der Suche nach seinem Frühstück und ließ sich von den Besuchern nicht stören. Mittlerweile waren weitere Touristen eingetroffen und gemeinsam beobachteten wir den Bären, wie er immer wieder hin und her lief und nach Fischen schnappte.
Mit seinem Fang im Maul kam er nun direkt an uns vorbei, aß genüsslich den Fisch und verschwand im Gebüsch.
Wenn das mal nicht ein toller Start in den Tag war und ein echter Geheimtipp. Das man die Bären immer sieht, ist allerdings nicht gewährleistet. Eingezäunt sind sie nicht. Im Gegenteil, der Besucher befindet sich quasi in einem Käfig und kann in Sicherheit die Schwarzbären beim Fressen beobachten; wenn sie sich denn Zeigen.
Gerne ließen wir eine Spende da und sahen uns im kleinen Souvenirshop um. Wir verabschiedeten uns von der Mitarbeiterin und begaben uns zurück zum Camper. Der Parkplatz und der Seitenstreifen war mittlerweile gut gefüllt. Zum Glück hatten wir rückwärts eingeparkt.
Nach diesen fantastischen Start in den Morgen konnte der Tag kaum noch besser werden. Aber der Pacific Rim Nationalpark hielt noch einige landschaftliche Eindrücke und tierische Begegnungen für uns bereit.
Wir fuhren über die holprige Piste zurück zur Hauptstraße und bogen nach rechts Richtung Tofino ab.
Am Besucherzentrum legten wir einen Stopp ein und ließen uns die Highlights im Pacific Rim Nationalpark von einer Parkmitarbeiterin erklären. Insgesamt gab es 8 kleine Wanderungen. Einige waren Rundwanderungen, andere Einwegstrecken. Mit 5,6 Kilometern ist der Willowbrae Trail der längste und wir wollten daher aus Zeitgründen erst die kürzeren Rundwanderwege angehen.
Die Trails sind entlang der Straße allerdings nur rar ausgeschildert. Zum Glück hatte ich mir zu Hause auch die GPS-Punkte gesetzt und konnte nun den ersten Punkt – den South Beach Trail – direkt anpeilen.
Wir stellten den Camper auf einem großen RV-Parkplatz ab und liefen hinab zum Strand.
Vorbei an Treibholz gingen wir zum Kwisitis Visitor Centre. Das Besucherzentrum hatte zwar schon geschlossen aber wir genossen vom hölzernen Balkon den Ausblick auf das Meer und beobachteten die Surfer bei ihren Versuchen auf den Wellen zu Reiten. So richtig gut konnte das aber keiner 😅. Nicht, dass wir darin besser geübt wären 😜.
Hinter dem Besucherzentrums fanden wir den Einstieg zum 1,5 Kilometer langen South Beach Trail und wanderten auf einem schön angelegten Weg in den Wald hinein. Immer wieder genossen wir Blicke auf das Meer.
An einigen Stellen kann man auch direkt zum Strand hinunter gehen.
Auf einem Boardwalk ging es ebenerdig durch einen mystischen Wald weiter.
Ein steiler Anstieg brachte uns höher und ließ unseren Blick in die Ferne schweifen. Herrlich hier.
Über Stufen stiegen wir hinab bis zum South Beach.
Ein Seil lud zum Schaukeln ein.
An dem weiten Kiesstrand waren wir ganz alleine und konnten die hohen Wellen beobachten, wie sie sich an den Felsen brachen.
Marcel kletterte auf einen großen Felsen und genoss die Aussicht, während ich unten nach schönen Steinen suchte.
Ohne Fund begaben wir uns auf demselben Weg wieder zurück zum Besucherzentrum. Wer Lust hat, kann auch dem Abzweig des Nuu-chah-nulth Trails folgen (2,5 Kilometer one way). Dieser führt weiter bis zur Florencia Bay. Wir wollten jedoch noch die anderen Wanderwege besuchen und ließen den Weg daher außen vor.
Nur ca. einen Kilometer vom Parkplatz am South Beach entfernt, befand sich der 800 Meter kurze Bog Trail.
Der ebenerdige Boardwalk (für Rollstuhlfahrer geeignet) brachte uns in eine ganz andere Vegetation. Offene Flächen, Moorpflanzen und bonsaiähnliche Küstenkiefern, die über Jahrhunderte nur wenige Meter gewachsen waren, sorgten für eine abwechslungsreiche kurze Rundtour. Kein Mensch weit uns breit. Nur die Natur und wir.
Ein weiteres Highlight war der Rainforest Trail, der – wie der Name vermuten lässt – durch einen märchenhaften Regenwald führte. Der Weg ist in zwei jeweils 1 Kilometer lange Rundwanderungen aufgeteilt. Auf der rechten Straßenseite befindet sich Rainforest Trail A und auf der linken Seite Rainforest Trail B.
Wir parkten das Auto am Zugang zum Trail B und wanderten zuerst entlang diesem durch einen urtümlichen Regenwald.
Riesenlebensbäume und Hemlocktannen säumten den Boardwalk.
Auf und ab liefen wir, teilweise über Treppen, den Weg entlang, bis wir viel zu schnell wieder am Parkplatz ankamen.
Zu Fuß überquerten wir die Straße und wanderten auch noch über die Holzstege des Rainforest Trails A.
Wir waren tief beeindruckt von der Schönheit und der Höhe der Bäume.
Kurz vorm Ende des Boardwalks entdeckten wir zwei der roten Stühle und konnten uns ein Foto natürlich nicht nehmen lassen. Allerdings waren die Stühle nass und unser Hintern nach dem Foto auch 🤣.
Dank Stativ konnten wir im recht dunklen Wald gelungene Fotos schießen und die Einsamkeit genießen. Auf der anderen Seite waren mehr Leute unterwegs gewesen. Hier waren wir fast alleine.
Wir ließen uns für den einen Kilometer viel Zeit und kehrten nach einer halben Stunde zum Camper zurück.
Der Tag neigte sich langsam dem Ende und alle Wanderungen würden wir nicht mehr schaffen. Daher beschränkten wir uns auf die verbleibenden Wege zum Combers Beach und zur Schooner Cove.
Der Combers Beach Trail verläuft 500 Meter (one way) durch Regenwald bis hinunter zum Strand.
Der Nebel, der vom Meer aufzog, schränkte unsere Aussicht ein wenig ein. Aber Nichtsdestotrotz gehörte der Strandabschnitt hier zu einem der schönsten.
Wieder lag reichlich Treibholz im Sand. Für Sammler ein El Dorado.
Wir genossen die Aussicht und die warmen Strahlen der Nachmittagssonne. Kaum vorstellbar, dass es gestern noch geregnet hatte.
Ich lief ein wenig am Strand entlang und sah in einem Baum etwas verdächtig schwarz-weiß Schimmern. Auf einem der Äste saß tatsächlich ein Weißkopfseeadler.
Schnellen Schrittes lief ich näher und konnte mein Glück kaum fassen, den anmutigen Vogel aus nächster Nähe beobachten zu können.
Ich freute mich wie ein kleines Kind, setzte mich auf eines der Treibhölzer und beobachtete den großen Greifvogel.
Irgendwann hatte der Weißkopfseeadler allerdings die Nase voll und machte sich auf und davon.
Auch wir liefen zurück zum Parkplatz und fuhren zu einem weiteren Zwischenstopp. Dieser brachte uns allerdings erneut zum Strand und nach ein paar Fotos fuhren wir weiter zum Schooner Cove Trail.
Der 1 Kilometer lange Wanderweg (one way) führte durch den Regenwald hinab bis zur wunderschönen Bucht, die das nördliche Ende des Long Beach Abschnitts markiert. Atemberaubend.
Bei Hochwasser kann der Zugang allerdings eingeschränkt sein. Wir hatten Glück und erreichten die Schooner Cove bei Niedrigwasser.
Wir genossen die wunderschöne Aussicht und die untergehende Sonne.
Nachdem wir am Strand entlang spaziert waren, wurde es langsam Zeit Abschied zu nehmen. Der Schooner Cove Trail gehörte für uns definitiv zu den Highlights im Pacific Rim Nationalpark. Ebenso der Rainforest Trail. Falls also der Aufenthalt hier noch beschränkter sein sollte als unserer, unbedingt die beiden Wanderungen mitnehmen.
Da wir nun schon fast in Tofino waren, wollten wir uns das kleine Touristenörtchen noch anschauen. Zudem wollten wir uns für heute hier eine Übernachtungsmöglichkeit suchen.
Die offenen Campingplätze gefielen uns jedoch alle nicht und wir liefen daher nur kurz durch die Stadt. Falls man nicht hier übernachtet, kann man sich den Ausflug nach Tofino unserer Ansicht nach sparen. Viel zu sehen gibt es hier nicht.
Wir fuhren daher wieder nach Ucluelet und übernachteten erneut auf dem Island West Resort Campground. Diesmal jedoch nicht direkt am Wasser, denn die Stromversorgung funktionierte dort nicht mehr.
Marcel meldete sich im Pub an und bekam einen Platz im oberen Bereich zugewiesen. Zwar nicht so schön wie am Wasser, dafür aber mit Strom. Schnell noch einen Happen essen und dann ab ins Bett. Ein wundervoller Tag mit vielen Eindrücken ging zu Ende. Was uns am besten gefallen hat, können wir gar nicht sagen. Alles war toll. Die Bärensichtung, der Regenwald, die schönen Strände und natürlich der Weißkopfseeadler. Der Pacific Rim Nationalpark ist ein wahrhaft traumhafter Park.