Der Abschlag – Ein Tagebuch

In den nächsten Wochen übten wir zwei Mal in der Woche für eine Stunde im Rahmen der Golfakademie im Golfclub Haus Leythe in Gelsenkirchen den Golfabschlag. Frust und Freude hielten sich bei mir noch nicht die Waage. Einen Monat waren wir schon Teilnehmer in der Akademie und der Frust den Ball einfach nicht richtig gut in die Luft zu bekommen, überwogen. Andreas fand immer ein paar aufmunternde Worte, denn das Golfspiel lernen ist kein leichter Sport, wie ich jede Woche aufs neue feststellte.

August

Glücklicherweise waren die meisten Teilnehmer nicht mit Marcels Talent gesegnet und versemmelten ebenso häufig Bälle wie ich. Wenn man mit nem Naturtalent wie Marcel spielt, kann das allerdings ganz schön frustrieren.

Auch Sonntags fanden wir uns öfters auf der Driving Range des Golfclubs ein. Das Sommerwetter motivierte uns und die Bälle flogen nur so – oder wie bei mir: rollten. Mittlerweile hatte Andreas mal ein paar kleine Korrekturen am Griff vorgenommen und mir empfohlen, mehr die Hüfte zu nutzen und durchzuschwingen, dabei aber auf die Füße achten und nicht abzuheben, sondern mit dem linken Fuß fest stehen zu bleiben.

Darüber hinaus schaute ich mir zahlreiche Videos an. Theoretisch sieht das auf YouTube einfach aus, praktisch ist das echt anspruchsvoll. Das Problem ist, dass man bei einem guten Treffer nicht weiß, was man anders gemacht hat, als bei einem schlechten Treffer. Das Gefühl fehlt.

Ich nutzte daher häufig den Spiegel in der Driving Range, um Stand und Haltung zu überprüfen. Der Griff und die Armhaltung sind elementar, um den Ball gut zu treffen. Aber auch der Bodenkontakt und die richtige Schwungbahn gelangen mir nicht wirklich oft. Da brauchte ich mich um den Durchschwung mit geraden Armen noch nicht zu sorgen, solange der Rest nicht rund lief.

Außerdem zeichnete ich mich mit dem Handy im Slow-Motion-Modus auf, um danach zu schauen, wie mein Abschlag aussah. Die Chicken Wings hatte ich immer noch nicht abgestellt und auch der Blick weg vom Ball war viel zu früh. Aber wie stellt man so etwas in den komplexen Sekunden des Abschlags ab?


September

Marcel schaffte mittlerweile schon Weiten von 100-120 mit einem 8er Eisen. Die Bälle flogen zwar nicht immer alle aber die meisten waren wirklich gut. Ich mit meinem 7er kam maximal auf 70 Meter, wenn überhaupt. Da muss man schon aufpassen, nicht Grün vor Neid zu werden (oder ihm den Schläger um die Ohren zu hauen. Ausversehen natürlich 😈👹).

Trotz allem machte es aber immer noch Spaß auch wenn ich manchmal zu verbissen an die Sache heranging. Ich hatte mir mittlerweile Zeitlupenvideos vom Abschwung angesehen aber umsetzen konnte ich das nicht. Andreas half in kleinen Schritten aus aber ich muss gestehen, dass ich nach einem Monat schon wirklich nervös wurde, das man so wenig Verbesserung sah. Ja, so ist das im Golfsport. Die ganzen Platzreife-Kurse im Eiltempo waren mir ein Rätsel. Stellte ich mich einfach nur ungeschickt an oder kann man Golfspielen erst nach Monaten oder gar Jahren richtig lernen?

Immerhin passten mittlerweile Armhaltung und der korrekte Schlägergriff. Aber der Boden, ja der war immer noch nicht mein Freund. Bei Probeschwüngen merkte ich, wie häufig ich den Kunstrasen nicht traf. Doch eine Verbesserung sah man trotzdem. Ich toppte seltener Bälle und brachte konstanter die Länge von 70 Meter zustande. Immer noch nichts für den Platz aber besser als 30 Meter 🤣.

Beim Abschlag gilt: Übung macht den Meister. Auch nach zwei Monaten sieht man bei mir keine Konstanz und viele Bälle fliegen nach rechts oder überhaupt nicht. Der Golfsport kann frustrierend sein aber so lange der Spaß noch überwiegt, heißt es: Weiter üben.


Oktober

Mittlerweile ist ein weiterer Monat ins Land gezogen und der Herbst hielt Einzug. Die Tage wurden kürzer und kälter. Nach der T-Shirt-Saison, folgten nun Fleecepullover, Weste und lange Hose. Die Bewegungsfreiheit ist durch die dickeren Klamotten schon ein wenig eingeschränkt. Zwei bis drei Mal die Woche waren wir auf der Driving Range unterwegs, um weiter am Abschlag zu pfeilen. Doch wirklich viel verbesserte sich tatsächlich nicht. Auf den selbst aufgenommenen Videos, die ich mir nach dem Training immer anschaute, konnte man auch ganz klar noch den Chicken Wing erkenne. Aber wie stellt man sowas ab? Den Arm geradeaus zu strecken, bzw. im richtigen Moment zu entwickeln ist verdammt kompliziert.

Wenn der Schläger ab und an mal zu tief in den Boden schlägt und das Handgelenk schmerzt, traut man sich noch weniger.

Während Marcel mittlerweile nervös wurde, weil an seinem Abschlag kaum etwas geändert wurde, war ich froh, dass ich nicht zu viele Änderungen umsetzen musste. Den Arm nicht zu weit nach hinten, sondern erstmal so, als würde man reinbeißen wollen und dabei darauf achten, dass das Handgelenk mit dem Daumen zum Gesicht zeigte, war für mich schon nicht einfach zu koordinieren. 

Andreas beobachtete natürlich immer, wie wir uns schlugen und korrigierte meinen Ball im Set-Up. Beim 7er Eisen legte ich diesen nicht mehr in die Mitte, sondern ungefähr eine Ballbreite weiter nach links. Schlagartig war Verbesserung zu erkennen. Der Ball flog höher und auch etwas weiter. Bei guten Treffern waren auch bei mir mal 100 Meter drin. Ein kleines Erfolgserlebnis für mich.


Der November gehört wirklich nicht zu meinen Lieblingsmonaten aber auch hier blieben wir der Academy treu und rafften uns zwei Mal in der Woche auf, um zum Training zu gehen. Allerdings vernachlässigten wir die Driving-Range-Übungen auf dem Golfplatz Weseler Wald. Zum einen war es bereits um 17 Uhr dunkel, zum andern regnete es ständig und bei typischen Herbstwetter mit Wind und Regen hatten wir auch keine große Lust zum Abschlagen.

Marcels Trefferquote konnte sich mittlerweile wirklich sehen lassen. 7 von 10 Bällen flogen mit dem 8er Eisen immer um die 100 Meter. Bei mir war es eher ein Auf und Ab. Mal lief es wirklich gut und ich war sicher: „Jetzt hast du den Dreh raus“ und dann kamen wieder die Tage, wo von den ersten 10 Bällen wirklich nur einer gut war. Zu wenig, um wirklich mit Spaß auf dem Golfplatz zu spielen. Warum es manchmal so schlecht lief, war mir selbst ein Rätsel. Vermutlich achtete ich mittlerweile auf so viele Dinge, dass ein intuitiver Abschlag gar nicht mehr möglich war.

Mittwochs gesellte sich nun Trainer Max, der gerade seine Prüfung angeht, zu uns und unterstützte Andreas. Was ich mittlerweile sagen kann: Lasst das am Anfang mit den YouTube Videos. So schlägt im Leben kein Anfänger. Ich versuchte mich daran, die Korrekturen in den Videos umzusetzen, dadurch wurde es aber nur noch schlechter. Und wie sich zeigte, hat jeder auch seinen ganz eigenen Schwung. Vergleicht man den Abschlag von Andreas mit dem von Max sehen beide komplett anders aus. Auch Arm- und Schlägerhaltung sind anders. Aber das Ergebnis ist dasselbe – der Ball fliegt weit.

Fazit nach 4 Monaten: Der richtige Griff und die Armhaltung sind beim Rückschwung wirklich wichtig. Auch der Blick auf den Ball sollte nicht vernachlässigt werden. Dreht man sich zu früh weg, ist der Treffmoment verschoben und damit auch kein wirklich guter Flug des Balls mehr möglich. Wofür ich absolut noch gar kein Gefühl habe, ist die Schwungbahn selbst. Denn mal treffe ich den Ball zu weit rechts, mal zu weit links oder eben viel zu hoch. Am Klang zwischen Ball und Schläger weiß ich aber mittlerweile auch ohne Hinzugucken, ob der Schlag gut war oder ne Graupe. Von Konstanz kann ich immer noch nicht sprechen. Mal gibt es gute Tage, da treffe ich von 64 Bällen um die 50% gut bis sehr gut und dann gibt es Tage, da sind die ersten 10 Bälle einfach nur Mist. Bei Marcel sieht es besser aus, wobei kaum noch Verbesserung möglich ist.  (es sei denn natürlich, er erwartet 100% Trefferquote 😏). Die Stagnation nervt ihn aber eher als das er sich drüber freut.

Meine Erwartungshaltung habe ich allerdings in den letzten 2 Monaten zurückgeschraubt. Spaß haben und nicht zu verbissen an die Sache angehen sollte die Devise sein, auch wenn mir absolut schleierhaft, wie ich jemals ein echtes Handicap 54 auf dem Golfplatz spielen soll…. Vielleicht bleib ich doch einfach beim Kurzplatz