Das Augstmatthorn ist ein 2.137 m ü. M. hoher Gipfel in den Emmentaler Alpen, der einen herrlichen Blick auf die 4.000er Eiger, Mönch und Jungfrau gewährt. Die Höhenwanderung auf dem Brienzergrat (Hardergrat) wartet mit überwältigen Tief- und Ausblicken auf den Wanderer. Keine Frage, welche Tagestour ich mir für den heutigen Tag herausgesucht hatte.
Von der gestrigen lange Anreise mit dem Zug hatte ich mich gut erholt und ging bereits um 07:00 an der Unterkunft in Bellach zum 1,4 Kilometer entfernten Bahnhof. Mit dem Zug ging es von Bellach nach Solothurn und von dort weiter nach Bern. Dort wartete der Anschluss nach Interlaken West auf mich. Die Pünktlichkeit der Schweizer Bundesbahn ist bemerkenswert. Ich wünschte, die Pünktlichkeitsrate von ca. 96% könnte die Deutsche Bahn nur annähernd erreichen.
In Interlaken West verließ ich den Bahnhof und stieg in den Bus 106 Richtung Habkern. Alle Anschlüsse waren zeitlich perfekt abgestimmt.
Meine Station – Habkern, Zäundli – (war auch gleichzeitig die Endstation) lag rund eine halbe Stunde von Interlaken West entfernt. Ab hier ging es dann mit dem privaten Ruftaxi (Bus alpin) weiter. Vom 01.07.2023 – 30.09.2023 fuhr der Taxibus auch ohne vorherige Reservierung. Zu allen anderen Zeiten musste der Bus telefonisch bestellt werden. Die einfache Fahrt bis zur Lombachalp kostete 11 CHF.
Zwei Bullis warteten auf mich und die anderen Wanderer. Da die Kreditkarte manchmal hier oben nicht funktioniert, wird empfohlen Bargeld für das Ticket dabeizuhaben. Das Ticket kann nicht vorab bei der SBB gekauft werden, da es sich um einen Verein handelt.
In zahlreichen Kehren brachte uns der Fahrer in ca. 15-20 Minuten zum Parkplatz an der Lombachalp. Wer selbst fahren möchte, der sei gewarnt, dass die Straße generell nur Platz für ein Auto bietet. Bei Gegenverkehr muss in eine der wenigen Buchten ausgewichen werden. Das heißt, evtl. muss man auf der schmalen Straße auch mal zurücksetzen, um dem Gegenverkehr Platz zu machen.
Auf einer Bank am Start der Wanderung cremte ich mich gut ein, zippte meine lange Wanderhose ab und präparierte die Wanderstöcke. Dann konnte es losgehen.
Von der Lombachalp auf 1.559 Metern Höhe führte mich die ca. 11 Kilometer lange Wanderung hinauf zum Augstmatthorn und über den Gipfel des Suggiture, sowie den Schönbüel, die Roteflue, die Höji Egg und dem Wannichnubel zum Harder Kulm, von wo ich mit der Standseilbahn abwärts nach Interlaken Ost fahren wollte. Bis zum Augstmatthorn waren von der Lombachalp gut 500 Meter im Aufstieg zu bewältigen. Angeben ist die Tour mit einer Zeit von 1:50 Minuten.
Über eine feuchte Wiese stieg ich sanft aufwärts.
Kurze Zeit später ging der Wiesenweg jedoch in einen schlammigen Pfad über, den zwischendurch wohl auch die Kühe gerne mal nutzen.
Je höher ich kam, desto herrlicher wurde die Aussicht auf die Bergwelt. Dazu lachte die Sonne am blauen Himmel. Perfekter konnte die Wanderung nicht beginnen.
Nach etwa 20 Minuten trat ich aus einem kleinen Wald hinaus und folgte dem Weg an einem Wegweiser nach links bis zu einem weiteren Abzweig.
Über eine offene Wiese blickte ich bis zu den verschneiten Gipfeln. Zeit für eine kurze Verschnaufpause.
Nach weiteren 10 Minuten gelangte ich zu einer Weggabelung, an der ich erneut nach links abbog. Wer dem Weg nach rechts folgt, gelangt nicht auf direktem Weg zum Augstmatthorn. Die Tour kann jedoch auch als Rundwanderung angegangen. Start- und Zielpunkt sind dann die Lombachalp.
Über Steinstufen ging es im zick zack steil bergauf. Ich kam ordentlich ins Schwitzen und legte mehrmals eine kleine Pause zum Luftholen ein und genoss nebenbei die wunderschöne Aussicht. Ganz schön anstrengend aber für diesen Ausblick lohnenswert. Nur Schatten gab es kaum.
Der steinige Pfad führte mich weiter steil bergan. Weit unter mir erblickte ich die Lombachalp.
Ich erreichte eine Bank und genehmigte mir einen großen Schluck Wasser. Die Aussicht war traumhaft. Noch etwa 200 Höhenmeter lagen vor mir.
Das Gelände wurde etwas flacher und in langen Serpentinen marschierte ich zwischen herrlich bunt blühenden Alpenblumen hinauf zum Brienzergrat (auch Hardergrat genannt).
Die Aussicht, die sich mir nach weiteren 50 Minuten eröffnete, war grandios. Unter mir erblickte ich den türkisfarbenen Brienzersee, während in meinem direkten Blickfeld die Wahrzeichen der Berner Alpen – Eiger, Mönch und Jungfrau – lagen. Ohne Worte.
Ich folgte dem schmalen Grat nach links zum Gipfel des Augstmatthorns. Erkennbar ist er allerdings nur durch das dort befindliche Hinweisschild.
Ein letztes Mal ging es auf dem schmalen Weg bergauf, dann hatte ich den 2.137 Meter hohen Aussichtsgipfel nach etwa 1:20 Stunden erreicht. Ich bin übrigens kein extrem fitter Marathonläufer und doch hatte ich die angegebene Zeit von 1:50 Stunde mit Pausen unterboten. Ich denke, die Wanderzeit ist tatsächlich recht großzügig angesetzt.
Die Steinbockkolonie, die hier leben soll, konnte ich leider nicht sehen. Schade. Dafür schwirrten unzählige fliegende Ameisen um mich herum. Ich suchte mir daher einen Platz unterhalb des Gipfels, wo die Tiere nicht mehr herumflogen.
Zusammen mit anderen Wanderern bestaunte ich das überwältigende Bergpanorama. Das Augstmatthorn ist ein wirklich empfehlenswerter Wandergipfel und kann nicht mit der Seilbahn erreicht werden.
Ich packte mein Frühstücksbrot aus und gönnte mir eine ausgiebige Pause mit Blick auf das Dreigestirn, die Faulhornkette und die sich dahinter auftürmenden Gipfel der Berner Alpen.
Gegen 12:30 Uhr packte ich alles zusammen und machte mich auf den langen Rückweg zum Harder Kulm.
Dem Brienzer Grat (wird auch manchmal als Harder Grat bezeichnet) folgend gelangte ich zum Abzweig zur Lombachalp, dem ich nun geradeaus folgte. Ein echtes Schmankerl diese Gratwanderung und nichts für Leute mit Höhenangst.
Immer wieder blieb ich stehen und blickte auf die Bergwelt. Meine persönliche Empfehlung: „Nicht Gucken und Laufen, sondern entweder Gucken oder Laufen“, denn der Grat ist schmal und ein falscher Tritt oder ein Stolpern können ein fatales Ende nehmen.
Auf dem spektakulären, schmalen Grat wanderte ich im leichten auf und ab weiter zum Gipfel des Suggiture auf 2.085 Metern.
Den Grat zwischen Augstmatthorn und Suggiture würde ich persönlich auch als den spannendsten Teil der gesamten Wanderung sehen.
Die letzten steilen und steinigen Meter zum Gipfel des Suggiture waren mit Stahlseilen gesichert. Auch von hier war die Aussicht einfach überwältigend. Sogar der Thunersee war nun zu erblicken.
Da aber auch hier fliegende Ameisen in Schwärmen umherirrten und sich in Sekundenbruchteilen auf Kleidung, Haut und Haare setzten, suchte ich schnell das Weite.
Ich verließ den Suggiture und ging in steilen Kehren vom Berg abwärts. Zum Glück hatte ich die Wanderstöcke dabei, denn das lockere Gestein machte den steilen Weg teilweise zu einer rutschigen Angelegenheit. Hier ist etwas Vorsicht geboten.
Unten angekommen, war ich froh, dass der weitere Weg flacher wurde und ich meine Knie etwas entlasten konnte. Rund 200 Höhenmeter hatte ich auf dem kurzen Stück verloren.
Ich erreichte einen Abzweig. Während ich geradeaus weiter in Richtung Harder Kulm wanderte, ging hier der Weg nach rechts ab zurück zur Lombachalp.
Den Grat hinter mich lassend, blickte ich immer wieder nach links auf die herrlich kitschige Bergwelt und den im Tal liegenden Brienzersee.
Die Umgebung veränderte sich und ich erreichte die Baumgrenze.
Durch einen schönen Arvenfeld folgte ich dem Weg weiter bergab. Nach dem Abzweig zur Lombachalp war ich kaum noch auf weitere Wanderer gestoßen und konnte die Natur fast ganz für mich alleine genießen.
Im leichten Auf und Ab kam ich Meter für Meter dem Harderkulm näher. Immer wieder konnte ich aus dem lichten Wald den Ausblick auf Eiger, Mönch und Jungfrau genießen.
Entlang eines Graspfads marschierte ich leicht abwärts weiter. Bis zum Harder Kulm lagen ungefähr 6 Kilometer vor mir.
Ich verlor nur wenig Höhenmeter und erreichte den Abzweig Horetegg auf 1.755 m.ü.M nach etwa einer Stunde (vom Suggiture). Die verbleibende Zeit bis zum Harderkulm war mit 1 Stunde und 40 Minuten angegeben. Trotz zügigen Schrittes benötigte ich jedoch länger (rund 2 Stunden).
Ich genoss die Aussicht, so lange ich sie noch hatte und war froh, dass ich die Wanderung nicht vom Harder Kulm zur Lombachalp angegangen war. Lieber gleich zu Beginn ein kurzer, knackiger Anstieg als 8 Kilometer lang nur bergauf.
Nach zehn Minuten erreichte ich den Abzweig Horetalp auf 1.710 Metern. Die Roteflue war von hier 25 Minuten entfernt. Weg mag, kann dem Weg nach rechts hinab nach Habkern folgen (ca. 1 Stunde und 30 Minuten).
Die letzten 4 Kilometer verliefen fast ausschließlich nur noch durch Wald. Der Schatten war angenehm bei den sommerlichen Temperaturen aber Ausblicke konnte ich nur noch selten genießen.
Über dicke Wurzeln und Steine wanderte ich dem Tagesziel entgegen.
Ich passierte die Roteflue und den Wannichhubel. Wer Lust hat, kann mit einem kleinen Abstecher (und ein paar Höhenmetern) dem Gipfel auch noch einen Besuch abstatten. Mir reichten sowohl die Kilometer als auch die Höhenmeter für heute und ich ließ den Wannichhubel rechts liegen. Durch das ständige Auf und Ab durch den Wald kam ich nicht sonderlich flott voran und es lagen noch etwa 2,5 Stunden Zugfahrt bis nach Bellach vor mir.
An einem Aussichtspunkt blickte ich auf Interlaken – meinem Wanderziel.
Je näher ich dem Harder Kulm kam, desto mehr Leute kamen mir entgegen. Im Wald war es mittlerweile schwül-warm und ich blickte meinem Ziel schweißtreibend entgegen. Das ständige bergauf und bergab über dicke Wurzeln und Gestein war anstrengender als erwartet.
Gegen 16:00 Uhr (nach ca. 5 Stunden seit Beginn der Wanderung an der Lombachalp) erreichte ich das Bergrestaurant Harder Kulm. Auf einer kleinen Aussichtsplattform hinter dem Restaurant genoss ich noch einmal den fantastischen Blick auf Brienzer- und Thunersee, sowie auf Interlaken und das Dreigestirn.
Da es auf der Plattform allerdings sehr voll war, suchte ich nach ein paar Fotos das Weite und fuhr mit der Standseilbahn (einfache Fahrt: 20 CHF / Person) vom Harder Kulm hinab nach Interlaken Ost.
Ein kurzer Fußmarsch von ungefähr 400 Metern trennte mich noch vom Bahnhof, dann konnte ich mich im Zug entspannt zurücklehnen und nach Bellach fahren, dass ich gegen 19 Uhr erreichte.
Am Ende noch eine kleine Zusammenfassung zur Wanderung von der Lombachalp zum Augstmatthorn und hinab zum Harder Kulm:
- Die Wanderung wird als mittelschwer (T3) eingestuft.
- Die Gratwanderung sollte nur von schwindelfreien und trittsicheren Wanderern angegangen werden. Insbesondere das Teilstück zwischen Augstmatthorn und Suggiture ist sehr schmal und man muss aufpassen, wo man hintritt.
- Für die Tour von etwa 11 Kilometern sollten rund 4-5 Stunden eingeplant werden.
- Es sind rund 725 Höhenmeter im Aufstieg und 980 Höhenmeter im Abstieg zu überwinden.
- Ausreichend Getränke und Verpflegung einpacken. Auch Sonnencreme und eine Mützen können nicht schaden, denn auf den ersten Kilometern von der Lombachalp zum Augstmatthorn und über den Hardergrat via Suggiture gibt es keinen Schatten.
- Für den Bus alpin von Habkern zur Lombachalp ist evtl. eine Reservierung erforderlich. Am besten vorab auf der Website des Anbieters checken. Alternativ kann man von Habkern auch zur Lombachalp hinauf wandern (ca. 2 Stunden, etwa 500 Höhenmeter).
- Eine Einkehrmöglichkeit gibt es nur im Restaurant am Harder Kulm.