Für die nächsten beiden Tage leistete Marcel mir beim Wandern wieder Gesellschaft. Gemeinsam fuhren wir mit dem Zug nach Kandersteg und von hier zunächst mit dem Bus und dann mit der Seilbahn hinauf zur Bergstation Sunnbüel. Von hier wollten wir eine Rundwanderung über das Schwarzgrätli und den Üschenengrat zur Wyssi Flue und auf das Gällihorn angehen.
Während Marcel aus Zürich nach Bern reiste, verabschiedete ich mich von Bellach und fuhr ebenfalls via Solothurn nach Bern. Dort trafen wir uns am Gleis und rannten zum Gleis, auf das der Zug nach Kandersteg bereits zur Abfahrt bereitstand. Zwei Minuten Umsteigezeit sind nicht viel und in der Schweiz kann man sich darauf verlassen, dass der Zug fast immer pünktlich abfährt. Kaum saßen wir im Zug, fuhr dieser auch schon los. Glück gehabt, denn leider verkehrt der Zug von Bern nach Kandersteg nur stündlich.
Nach etwa einer Stunde Fahrt erreichten wir um 10.40 Uhr Kandersteg. Hier stiegen wir in den Bus zur Talstation Sunnbüel um und nahmen von hier die Seilbahn hinauf nach Sunnbüel. An der Bergstation gab es Schließfächer, in denen wir unser Gepäck für ein Pfand von 1 CHF (oder 1 EUR) verstauen konnten.
Auf der Bank vor der Seilbahnstation frühstückten wir erstmal und folgten dem Wanderweg in Richtung Spittelmatte.
Eigentlich hatten wir eine Rundwanderung über das Schwarzgrätli und den Üschenengrat zur Wyssi Flue und auf das Gällihorn geplant aber das Wetter gefiel uns nicht und wir wollten später am Abzweig hinter dem Hotel Schwarenbach entscheiden, ob wir die gesamte Tour angehen wollten oder lieber nicht. Für den Nachmittag waren Gewitter vorausgesagt und auf einem Grat bei Gewitter zu Wandern ist alles andere als empfehlenswert.
So spazierten wir auf dem breiten Schotterweg, vorbei am Gitterherz, mit den anderen Wanderern bergab.
Wir passierten die Altelshütte und liefen weiter abwärts in ein weites Tal in Richtung Spittelmatte.
Durch das idyllische Naturreservat Spittelmatte wanderten wir nur ganz leicht ansteigend weiter. Wieder einmal eine wunderschönes Fleckchen Erde. Wenn nur die bedrohlich aussehenden schwarzen Wolken nicht wären. Aber in der Ferne entdeckten wir blauen Himmel und waren positiv gestimmt.
Vorbei an der Alp Spittelmatte gelangten wir zu einem großen Findling, der die Richtung zum Hotel Schwarenbach wies. Auf dem alten Säumerweg, den bereits die Römer kannte, wechselten wir vom Kanton Bern zum Kanton Wallis.
Am Ende der Hochebene blickten wir noch einmal zurück und nahmen den Anstieg zum Hotel Schwarenbach in Angriff.
In Serpentinen wanderten wir auf dem breiten Schotterweg aufwärts. Die ersten Regentropfen fielen und wir entschieden uns gegen die Gratwanderung. Wo es alternativ hingehen sollte, wollten wir spontan beim nächsten Wanderwegweiser und beim Blick auf die Karte entscheiden. Zuerst musste jedoch der Anstieg überwunden werden.
Wir blickten zurück in das romantisch gelegene Tal, das von den Bergen eingerahmt war. Was für eine Aussicht.
Auf der Anhöhe angekommen, ließen wir die Spittelmatte hinter uns und gelangten nach wenigen Metern zum Hotel Schwarenbach auf 2.061 Metern über Meer. Das abseits gelegene Hotel erinnerte uns an eine typische Berghütte. Hier hätten wir heute auch gerne übernachtet. Diese Ruhe und die Umgebung waren traumhaft.
Das Schwarenbach ist eines der ältesten Gasthäuser des alpinen Wallis und diente einst als Zollhaus auf der Verbindung zwischen Bern und dem Wallis.
An einem Wanderwegweiser entdeckten wir, dass der Daubensee vom Hotel Schwarenbach nur etwa 40 Minuten entfernt lag. Aufgrund des wechselhaften Wetters beschlossen wir daher, nur bis zum See zu wandern und von dort wieder zurück nach Sunnbüel zu gehen. Wer Lust und Zeit hat, kann von hier übrigens auch über den Gemmipass nach Leukerbad laufen.
Ein breiter Schotterpfad führte hinter dem Hotel leicht aufwärts.
Vorbei an gewaltigen Steinwänden wurde der Weg allmählich steiler. Das Wetter besserte sich und die Wolkendecke gab den Blick auf den blauen Himmel frei.
Der Wanderweg zog sich weiter hinauf und jedes Mal wenn wir hinter einer Anhöhe den See vermuteten, wurden wir eines besseren belehrt. Der Daubensee machte es spannend.
Mit einigen anderen Besuchern nahmen wir den letzten Anstieg in Angriff und blickten von der Anhöhe endlich auf den idyllisch gelegenen See.
Bergab liefen wir zum Ufer des Sees und setzten uns auf einen Stein. Der Daubensee ist einer der wenigen größeren Naturseen des Kanton Wallis. Ein Bad im See nahm jedoch keiner der anwesenden Leute.
Die Wolken wurden dichter und erneut fielen ein paar Regentropfen.
Zum Glück wurde aus den paar Tröpfchen kein richtiger Regenschauer. Wir genossen die herrliche Atmosphäre an dem Bergsee.
Nach einer halben Stunde begaben wir uns an den Rückweg zur Bergstation Sunnbüel. Sonne und Wolken wechselten sich ab.
Vorbei am Hotel Schwarenbach wanderten wir die Serpentinen zur Spittelmatte abwärts. Der Ausblick war immer noch gewaltig.
Wir durchquerten erneut die breite Hochebene und stiegen die letzten Meter hinauf zur Seilbahnstation Sunnbüel, die wir gegen 15:00 Uhr erreichten.
Da die Pendelbahn nur halbstündlich fuhr, hatten wir noch etwa 30 Minuten Zeit und kehrten im Bergrestaurant Schönbühl ein. Die Getränkepreise erstaunten uns. Dank Inflation in Deutschland sind Softdrinks oder Wasser in der Schweiz kaum noch viel teurer als in Deutschland. Eine Apfelschorle kostete 4 CHF und ein alkoholfreies Bier 4,50 CHF. Schon verrückt.
Dann hieß es Abschied nehmen von den angenehmen Temperaturen auf 1.900 Metern Höhe. Die Pendelbahn brachte uns in wenigen Minuten hinab zur Talstation, wo wir auf den Bus warteten, der uns zum Bahnhof in Kandersteg bringen sollte.
Das Wetter verschlechterte sich zusehends und dunkle Wolken zogen auf. Das erste Grummeln des herannahenden Gewitters ließ nicht lange auf sich warten und wir hofften, dass wir trockenen Fußes den Bahnhof erreichen würden.
Der Bus kam genau richtig, denn gerade als wir drin saßen, öffneten sich die Wolken und ein heftiger Schauer mit Blitz und Donner ging nieder.
Leider hatte dieser am Bahnhof in Kandersteg noch nicht nachgelassen und auf den rund 5 Metern von der Bushaltestelle bis zum Bahnhofseingang wurden wir platschnass. Dank Funktionskleidung blieben wir jedoch nicht lange nass und konnten schon wieder fast trocken in den Zug von Kandersteg nach Bern-Belp einsteigen. Unser Hotel lag nicht in Bern direkt, sondern am Flughafen in Bern-Belp. Daher stiegen wir in Thun um und erreichten gegen 17 Uhr das All-Suite Hotel Hine Adon Bern Airport. Der Check-In verlief komplett automatisiert und wir freuten uns nach dem langen Tag erstmal auf eine erfrischende Dusche.
Den Abend ließen wir bei einer ausgezeichneten Pizza im Restaurant Puccini in Belp ausklingen und waren auch hier irritiert, dass eine Pizza in der Schweiz kaum noch viel teurer war als in Deutschland.