Anstatt Birdwatching wollten wir vor unserer heutigen Heimreise noch einen kleinen Streifzug durch den Nebelwald der San Jorge Eco-lodge Milpe unternehmen. Auf ausgebauten Wanderwegen kann das 300 Hektar große Areal erkundet werden. In der Lodge liegt auch eine Karte, auf der die Wanderungen und Abzweige eingezeichnet sind. Auf die Karte sollte man unbedingt zurückgreifen, wie wir im Nachhinein feststellten…
Doch bevor wir auf den Pfaden die unglaubliche Natur erkundeten, begaben wir uns zum Frühstück und beobachteten noch ein wenig die Vogelwelt.
Das Wetter war herrlich und es zog uns auf die oberste Aussichtsplattform.
Ein männlicher Kappennaschvogel (Green Honeycreeper, Chlorophanes spiza) zog wieder einmal die Aufmerksamkeit auf sich. Der türkisfarbene Vogel fällt auch direkt auf.
Auch der Küstentukan (Choco Toucan, Ramphastos brevis) saß im Baum und beäugte die Szenerie.
Die Mitarbeiter der Lodge hatten am Morgen Bananen ausgelegt und das Interesse der Vögel war natürlich groß.
Nach etwa einer Stunde und einem leckeren Frühstück begaben wir uns zurück zu unserem Zimmer und packten die Fotoausrüstung zusammen. Heute hätte ich auch gut einen ruhigen Tag in der Hängematte mit Blick auf den Nebelwald verbringen können.
Auch das Mückenspray nahmen wir mit, denn vom gestrigen Ausflug in den Nebelwald hatte ich zahlreiche Mückenstiche davongetragen. Zum Glück waren diese bis jetzt noch nicht so dick geworden wie normalerweise.
Da wir die Karte im Haupthaus vergessen hatten, nahmen wir das GPS mit und beschlossen einfach so drauf los zu laufen. Taktisch unklug, denn das verzweigte Wegnetz ist nicht gut beschildert.
Auf einem ausgewaschenen Pfad folgten wir dem Cascade Trail abwärts. Der Besitzer der Lodge hatte uns gestern ein Foto von einem Wasserfall auf dem Gelände gezeigt, den wir gerne aufsuchen wollten.
In den meterhohen Bäumen entdeckten wir zahlreiche Vögel. Zum Fotografieren waren diese aber zu weit weg, so dass wir uns auf die Naturkulisse beschränkten.
Und diese war gewaltig. Das verzweigte Wegsystem führte uns abwärts bis zu einem kleinen Flusslauf.
Über ein paar Steine querten wir trockenen Fußes das Wasser und stiegen auf der gegenüber liegenden Seite wieder aufwärts.
Dabei kamen wir ganz schön ins Schwitzen, denn Milpe liegt viel niedriger als Tandayapa und damit war auch die Temperatur höher als gestern.
Doch das war uns jetzt egal, denn die Landschaft war so eindrücklich, dass wir die Anstrengung beiseite schoben.
Der Weg führte uns immer weiter aufwärts und verlief in einigen Kurven tiefer in den Nebelwald hinein. Leider war auf dem GPS keine Karte vom Wegnetz eingezeichnet, so dass wir lediglich den bisherigen Verlauf sehen konnten aber nicht, wo der Weg noch hinführte. Wir beschlossen daher, die Zeit ein wenig im Auge zu behalten, denn um 12 Uhr sollten wir von einem Fahrer abgeholt und zum Flughafen in Quito gebracht werden.
An einem Abzweig entschieden wir geradeaus anstatt nach rechts bergab zu laufen. Scheinbar lief keiner so weit wie wir, denn auf den nächsten Metern mussten wir immer wieder über umgefallene Bäume und Büsche steigen, die mitten im Weg lagen. Da sich direkt neben uns ein steiler Abhang befand, war das gar nicht so einfach. Zumal der Untergrund sehr rutschig war. Aber wir meisterten das kleine Abenteuer und liefen abwärts zu einer weiteren Flussquerung, an der sich auch ein kleiner, idyllischer Wasserfall befand.
Licht war hier unten kaum noch vorhanden und so stellten wir das Stativ auf, um ein paar Langzeitaufnahmen zu schießen.
Ein wirklich wunderschöner Ort. Wir waren jetzt schon traurig, dass es heute bereits wieder nach Hause ging. Gerne hätten wir unseren Erkundungstrip auf einen ganzen Tag ausgeweitet.
Nach der kleinen Fotosession stiegen wir im Hang in Kehren steil aufwärts. Eine schweißtreibende Angelegenheit, denn die Luftfeuchtigkeit war sehr hoch.
Wir gelangten zu einer Anhöhe, der wir nun ohne An- oder Abstiege geradeaus folgten.
Die Vegetation war einfach unglaublich. So anders als bei uns.
Erneut sahen wir zahlreiche Vögel und hörten im Tal das Wasser rauschen.
Eine Graurücken-Musendrossel (Slaty-backed nightingale-thrush, Catharus fuscater) ließ mich bis auf ein paar Meter an sich heran.
An einem Abzweig wählten wir den Weg bergab und gelangten zu einem unglaublichen Platz.
Aus allen Richtungen lief das Wasser den Berg hinunter und vereinte sich im Tal zu einem großen Flusslauf.
Ein Weg war nicht erkennbar, so dass Marcel durch das Wasser vorauslief und nach einem Hinweisstein oder einem Wegverlauf suchte.
Er fand diesen auf der gegenüberliegenden Seite und ich folgte ihm durch die beeindruckende Naturkulisse. Wir kamen aus dem Staunen gar nicht mehr heraus.
Auf moosbewachsenen Steinen liefen wir weglos am Ufer des Flusses bis zum Wanderweg.
Wir nahmen uns ausgiebig Zeit für Fotos und wären gerne noch länger geblieben. Doch wenn wir vor der Rückfahrt noch duschen wollten, mussten wir weiter.
Bergauf verließen wir das Tal und gelangten in weiten Kehren immer höher.
Während ich weiterhin nach Vögeln Ausschau hielt, widmete sich Marcel der Flora und den kleinen Tieren.
Abwärts wanderten wir über eine Steinbrücke und auf der anderen Seite im Hang wieder hinauf.
Auf dem GPS-Verlauf erkannte ich, dass wir uns unserem Ausgangspunkt wieder näherten und hofften darauf, dass uns der nächste Abzweig zurück zur Lodge führen würde.
Wir erreichten eine große Wiese, auf der wir gestern schon mit unserem Guide hergewandert waren und wussten, dass wir uns nun in der Nähe der Lodge befanden.
Daher beschlossen wir auf einer Bank noch eine Pause einzulegen und in Ruhe Fotos zu machen. Marcels Augenmerk lag wieder auf der Pflanzenwelt, während ich nun endlich mal einen Kolibri im Flug fotografieren wollte.
Ich hatte festgestellt, dass es leichter ist, Kolibris an den Blumen zu fotografieren, da sie dort weniger nervös sind als an den Trinkstellen.
Ohne Stativ und manuellem Fokus war das allerdings echt schwierig. Die flinken Vögel gaben dem Autofokus kaum Spielraum oder waren einfach zu weit weg. Von 100 Schüssen sind das die einzig brauchbaren geworden. Naja, kann man noch dran arbeiten 🤔.
Wir liefen zurück zur Lodge und entdeckten am Eingang eine große Karte, die wir heute gut hätten gebrauchen können. Ohne Wegplan loszuziehen war echt dumm gewesen. Im Worst Case hätten wir den ganzen Weg wieder zurücklaufen müssen.
Zurück auf dem Zimmer duschten wir schnell und packten die restlichen Sachen zusammen. Es war bereits 11:30 Uhr und die Mitarbeiter der Lodge holten gegen 11:45 Uhr bereits das Gepäck ab. Auch wir beschlossen zum Haupteingang der Lodge zu gehen und dort auf unseren Fahrer zu warten.
Da dieser sich aufgrund des Verkehrs verspätete, hatte ich Zeit die unterschiedlichen Kolibris aus der Nähe zu fotografieren. Schon toll, wie viele unterschiedliche Arten es gibt. Und wie verschieden Männchen und Weibchen derselben Art aussehen.
Weißnackenkolibri (White-necked jacobin, Florisuga mellivora), Rotstern-Brillantkolibri (Empress brilliant, Heliodoxa imperatrix), Violettkronennymphe (Green-crowned Woodnymph, Thalurania colombica), Grünstirn-Brillantkolibri (Green-crowned brilliant, Heliodoxa jacula), Brustband-Brillantkolibri (Black-throated brilliant, Heliodoxa schreibersii) und Andenamazilie (Andean emerald, Uranomitra franciae) gaben sich ein letztes Mal die Ehre.
Unsere Zeit im Nebelwald von Ecuador neigte sich dem Ende und mit einer halben Stunde Verspätung holte uns unser Fahrer um 12:30 Uhr von der Lodge ab. Bis zum Abflug um 18:00 Uhr hatten wir ausreichend Puffer.
In Richtung Quito war der Verkehr zum Glück nicht so dicht. Wir legten eine kurze Pinkelpause auf der Hälfte der Strecke ein und beinahe hätten wir Marcel dort vergessen. Der Fahrer kam früher zurück als Marcel, der in einem kleinen Shop etwas zu Trinken und Eis holte. Zuerst dachte ich, der Fahrer wollte nur das Auto umsetzen als er aber auf die Straße abbog, wies ihn kurz drauf hin, dass noch einer fehlte 😂. Marcel hatte schon Ausschau nach uns gehalten als wir ihn lachend einsammelten und zu dritt zurück nach Quito fuhren.
Wir erreichten den Flughafen bereits um 14:30 Uhr und hatten nach der Abgabe des Gepäcks noch Zeit für einen Snack im gegenüberliegenden Einkaufszentrum.
Gemütlich schlenderten wir zurück zum Flughafen, wo das Boarding pünktlich startete und wir mit dem letzten Licht des Tages im A350 von Iberia gen Heimat abhoben.
Rund 10 Stunden später erreichten wir nach einem sehr ruhigen Flug den internationalen Flughafen von Madrid. Nach einem Umstieg vom internationalen zum EU-Terminal ging es in 1,5 Stunden zurück nach Düsseldorf. Mit Schienenersatzverkehr und Taxi kamen wir müde und kaputt um 18 Uhr zu Hause an. Den Jetlag brauchten wir jetzt nur noch zwei Stunden aushalten und konnten uns dann in einen tiefen Schlaf fallen lassen. Ecuador haben wir nicht zum letzten Mal besucht.