Der Morgen startete früh. Die Wanderung auf den 1.398 Meter hohen Bakkanosi oberhalb des Nærøyfjord dauert etwa 7 Stunden. Dabei müssen gut 800 Höhenmeter und ca. 18 Kilometer zurückgelegt werden. Der Rückweg erfolgt über den Hinweg. Dafür wird man am Gipfel mit einer herrlichen Aussicht auf den Nærøyfjord belohnt, der auf der Liste des UNESCO-Weltnaturerbes steht.
Wir warteten auf das Frühstück, dass uns um 07:30 Uhr von einem Mitarbeiter der Unterkunft des Flåm Marina vorbeigebracht werden sollte. Wir schossen derweil noch ein paar Fotos vom Aurlandsfjord im Morgenlicht. Der Regen hatte nachgelassen und ein perfekter Wandertag erwartete uns.
Mit etwas Verspätung erhielten wir unser Frühstück in einer Tüte zum Mitnehmen. Warmes Brot, Orangensaft, Käse, Schinken, Bananen und Tomaten warteten darauf, verzehrt zu werden.
Während ich unterwegs im Auto das knusprige Baguette verputzte, wartete Marcel bis zum Erreichen des Parkplatzes in Jordalen mit dem Frühstück.
Wir waren etwa eine halbe Stunde unterwegs. Kurz vorm Zielparkplatz sollte man übrigens nicht nach dem Navi fahren, sondern den Schildern nach „Jordalen“ folgen. Die alte Straße, über die das Navi fahren möchte (und auch Google Maps ist hier nicht up-to-date), ist im oberen Teil gesperrt und außerdem nicht sonderlich gut zu befahren.
Das Auto stellten wir in Jordalen an der Schule ab (GPS: Jordalen Skule). Die Parkgebühr beträgt 70 NOK, kann allerdings nur per Vipps oder Banküberweisung gezahlt werden.
Für die Wanderung sind eine gewisse Erfahrung im offenen Gelände, festes und wasserdichtes Schuhwerk und evtl. Wanderstöcke notwendig. Ein GPS kann helfen, denn der Weg ist nicht markiert und insbesondere im oberen Teil Richtung Gipfel ist die Orientierung ohne GPS sehr schwierig. Für Anfänger ist die Tour daher nur bedingt geeignet.
Wir folgten der Straße für ein kurzes Stück bis zum Einstieg des Wanderwegs, der nach rechts abzweigte.
Nach Durchqueren eines Gatters führte uns ein breiter Wirtschaftsweg in steilen, langgezogenen Kehren durch die herbstliche Landschaft aufwärts.
Wir genossen den Start des Tages und zückten unsere Kameras, um das bunte Laub der Bäume auf die Speicherkarte zu bannen.
Nach ca. 2 Kilometern und etwa 200 Höhenmetern, die man bis hier hin schon hinter sich gebracht hat, wird der schottrige Weg flacher und wir erreichten die Bauernhöfe im Slettedalen-Tal.
Absolut begeistert von der Aussicht, wanderten wir an den kleinen Häuschen vorbei.
Am letzten Haus folgten wir einem schmalen Pfad nach rechts und liefen auf der linken Seite des Flusses leicht bergauf.
Mit kaum merkbarer Steigung marschierten wir durch das wunderschöne Slettedalen-Tal.
Während rechts von uns der Fluss rauschend ins Tal floss, konnten wir die Aussicht auf die umliegende Landschaft und die kargen Berge bewundern.
Die Blaubeeren entlang des Pfads waren zuckersüß und Marcel ließ es sich natürlich nicht nehmen, die Sträucher, die noch massig Früchte trugen, zu ernten. Wäre doch schade, wenn die alle vergammeln würden 😉
Der matschige Pfad führte uns durch sumpfige Wiesen mit zahlreichen kleinen und größeren Wasserquerungen bis zum Ende des Tals.
Der Weg schien kein Ende zu nehmen. Höhenmeter gewannen wir kaum, dafür kamen wir Kilometer um Kilometer dem Gipfelaufstieg näher.
Am Talabschluss des Slettedalen, dass wir nach etwa weiteren 3 Kilometern vom Bauernhof erreichten, folgten wir der Spur weiterhin links vom Fluss steil aufwärts.
Kleine Wasserfälle und herbstliche Farben säumten den Weg.
Der ausgetretene Pfad ließ uns schnell an Höhe gewinnen, bis wir eine weite Hochebene erreichten.
Nach ca. 100 Höhenmetern wurde der Anstieg flacher und führte uns in felsiges Terrain.
Über Steine, die teilweise von Moosen überwuchert sind, folgten wir dem GPS-Track leicht nach rechts. Ein Pfad ist nicht mehr zu erkennen. Markierungen oder Steinmännchen, die die Richtung weisen, sind nicht vorhanden.
Wir erreichten den See Slettedalstjørni und folgten dem GPS-Track durch wegloses Gelände nach rechts herum. Am besten sucht man sich bereits vorher einen günstigen Wegverlauf, um nicht zu viele Höhenmeter zu verlieren.
Leicht oberhalb des Sees ging es über Blockgelände weiter aufwärts.
Ab und an war ein schmaler Pfad zu erkennen, der uns die Richtung wies. Dank des GPS-Tracks wussten wir jedoch, dass wir uns rechts zum Kamm hin orientieren mussten.
Wir passierten einen weiteren See, an dem sich noch Schneefelder befanden. Auf knapp 1.200 Metern Höhe war es nun spürbar kälter und der Wind blies uns auf der offenen Fläche stark ins Gesicht.
Immer wieder genossen wir die Fernsicht und konnten einen ersten zaghaften Blick auf den Nærøyfjord werfen.
Allzu lange hielten wir uns jedoch nicht auf, da sich das Wetter verschlechterte und in der Ferne Regen zu sehen war.
Wir suchten uns einen günstigen Abstiegsweg in eine Senke (Lyngsskardet), bei dem wir nicht allzu viele der gewonnen Höhenmeter verloren.
Über kleine Blöcke und Schotter ging es von der tiefsten Stelle des Sattels aus wieder bergan.
Im Hang des Geröllberges entdeckten wir einige Steinmännchen, die uns die Orientierung erleichterten. Man kann jedoch einfach so laufen, wie man es für angenehm hält.
Das geröllige Gelände, dass teilweise vereist war, erschwerte uns ein wenig das Vorwärtskommen. Vorsichtig traten wir von Stein zu Stein und achteten darauf, nicht auszurutschen. Finales Absturzgelände herrschte hier zwar nicht aber ein paar Meter in die Tiefe zu rutschen wollten wir in der verlassenen Umgebung unbedingt vermeiden. Weitere Wanderer hatten wir bis jetzt nicht getroffen.
Die Steigung wurde sanfter und wir erreichten eine ausgesetzte Hochebene, auf der wir dem Wind vollkommen ausgesetzt waren.
Nun konnten wir zum ersten Mal einen Rundumblick auch auf die anderen Berge werfen. Der Gipfel des Bakkanosi ist allerdings nur zu erahnen, da er nicht aus der Landschaft heraussticht. Man kann sich grob daran orientieren, dass man bis zum Ende höchsten Punkt in der Ferne mit großem Steinmännchen wandern muss.
Schnellen Schrittes suchten wir uns einen Weg durch das unwegsame Gelände.
Bevor wir den Gipfel erreichten, mussten wir noch einmal ein paar Höhenmeter absteigen.
Wir orientierten uns am GPS-Track und liefen über das Blockgestein vorbei an kleinen Bergseen in Richtung Bakkanosi.
Eine Spur und Steinmännchen führten uns die letzten Meter zum Gipfel des 1.398 hohen Berges, den wir nach 3,5 Stunden erreichten.
Vom Gipfel selbst hat man noch keinen schönen Blick auf den Nærøyfjord. Dafür musste man ein paar Höhenmeter absteigen und zum Rand der Klippen gehen.
Wir fackelten daher nicht lange und liefen auf großen Felsblöcken steil hinabfallenden Abgrund des Berges.
Mit großen Augen und staunenden Blicken genossen wir die herrliche Aussicht. Aber Achtung, nicht zu weit an den Rand gehen, der Fels geht direkt steil senkrecht hinab.
Eine Wanderin hatte uns mittlerweile Gesellschaft geleistet und begb sich schnurstracks zu einem Aussichtspunkt, den wir auch in Angriff nahmen.
Die atemberaubende und luftige Aussicht auf den Nærøyfjord ist unglaublich.
Wir setzten uns auf einen Felsen und ließen die Atmosphäre auf uns wirken. Weit unten entdeckten wir die Kirche der kleinen Ansiedlung Bakka am Ufer des Meeresarms.
Unbeschreiblich, wie schön es hier war und wie weit wir sowohl nach unten als auch in die Ferne blicken konnten.
Als leichter Graupel einsetzte, machten wir uns auf den langen und steinigen Rückweg. Mittlerweile war noch ein weiteres Wanderpärchen eingetroffen, die auch so begeistert waren wie wir. Aber wer hier oben nicht sprachlos ist, der hat sich ein falsches Hobby gesucht.
Wir orientierten uns erneut am GPS-Track und an den Steinmännchen, um nicht zu weit ab des Weges zu gelangen. Eine Orientierung hier oben ohne GPS-Track fanden wir extrem schwierig, denn gerade auf dem Abstieg konnte man nicht genau sehen, wo die optimale Spur verlief.
Über das immer noch zum Teil vereiste Gestein, stiegen wir hinab in die Senke, die sich am See befand.
Am Seeufer entlang wanderten wir durch unwegsames und wegloses Gelände abwärts.
Auf dem Hinweg waren wir rechts an dem See Slettedalstjørni vorbeigewandert, nun entschieden und für die andere Seite.
Dafür mussten wir jedoch durch sumpfiges Gelände und über Flechten hinab zum Ufer des Sees steigen.
Über Blockgelände liefen wir am See vorbei und gelangten steil abwärts in das Slettedalen-Tal.
Die Aussicht war trotz desselben Weges nicht minder spektakulär und die bunte Herbstfärbung zog uns immer noch in ihren Bann.
Im Tal angekommen folgten wir dem schmalen Pfad zurück zu dem Bauernhof. Unterwegs griff Marcel noch fleißig bei den Blaubeersträuchern am Wegesrand zu.
Nach ca. 2 Stunden erreichten wir den Bauernhof und liefen über den Wirtschaftsweg hinab nach Jordalen.
Kurz vor Ende der Tour erwischte uns noch ein Regenschauer, der uns aber den heutigen Tag nicht mehr verderben konnte.
Eine wunderschöne und sehr einsame Tour fand ihren Abschluss. Das weglose Terrain und der lange Anstieg sind nicht jedermanns Sache und so sollten sich nur geübte Wanderer an den Aufstieg zum Bakkanosi wagen.
Gegen 15:30 Uhr erreichten wir das Auto und hatten nun noch eine ca. 4-stündige Autofahrt bis Vågåmo vor uns.
Da wir gerne eine der 18 Landschaftsrouten fahren wollten, verlängerten wir die Tour ein wenig. Unsere Unterkunft – das Vågåvatnet Feriesenter in Vågåmo – konnten wir per Self-Checkin beziehen und waren so unabhängig von unserer Ankunftszeit.
Von Jordalen ging es zurück zur E16. Um die Landschaftsroute Aurlandsfjellet nicht zu verpassen, peilten wir Aurlandsvangen an. Bei einem kurzen Zwischenstopp am Hafen genossen wir die Aussicht auf den Fjord.
Von Aurlandsvangen fuhren wir von der E16 auf die 243 ab. Die norwegischen Landschaftsrouten sind mit einem Symbol für Sehenswürdigkeiten (weißes Symbol auf hellbraunen Untergrund) gekennzeichnet.
Die ca. 47 Kilometer lange Gebirgsstraße startet in Aurlandsvangen am Aurlandsfjord und bot herrliche Aussichten auf den Fjord.
Die Straße ist im unteren Teil nicht immer zweispurig befahrbar. Ausweichbuchten sind jedoch zahlreich vorhanden. Der entgegenkommende Verkehr war für uns zu keiner Zeit ein Hindernis. Man arrangierte sich immer an einer Stelle.
In zahlreichen Serpentinen schraubten wir uns immer höher und kamen am Aussichtspunkt Stegastein an. Vom großen Parkplatz liefen wir zu einer Aussichtsplattform, die 650 Meter über dem Aurlandsfjord thront. Hier eröffnete sich uns ein traumhafter Panoramablick.
Eine letzte Kehre brachte uns auf eine zweispurige Straße, die uns tolle Ausblicke auf die bunten Bäume um uns herum eröffnete.
Über eine Hochgebirgsstraße mit atemberaubenden Fernsichten führte die Straße zwischen kleinen und größeren Seen hinab nach Lærdalsøyri am Sognefjord (oder vice versa).
Auf der Hochebene mit 1.306 m ü.d.M. als höchstem Punkt, konnten wir uns an der weiten Landschaft nicht satt sehen. Die Straße ist im Winter gesperrt, wobei sich der Schnee auch noch bis in den Sommer hinein in den Bergen hält. Den Namen „Schneestraße“ trägt sie deshalb zu Recht.
Immer wieder stoppten wir an den kleinen Parkbuchten und genossen die herrliche Weitsicht. Da es jedoch mittlerweile empfindlich kalt im Hochgebirge war, hielten wir es draußen auch aufgrund des starken Winds nicht lange aus.
Am Aussichtspunkt Vedahaugane erwartete uns ein Laufsteg, der uns durch die Landschaft zu einem Kunstwerk führte.
Wir genossen abermals die traumhafte, herbstliche Aussicht auf die umliegenden Berge, das Tal und die Gipfel in Jotunheimen. Norwegen in bunten Herbstfarben ist wahrhaft atemberaubend.
In Kehren fuhren wir abwärts nach Lærdalsøyri. Kurz vor Erreichen der Ortschaft gelangten wir vollkommen unverhofft an einem Wasserfall vorbei, der sich direkt neben der Straße befand.
An einer Parkbucht stoppten wir kurz und blickten auf die beeindruckenden Wasserfälle.
Ein kleiner Parkplatz direkt an der Straße lud uns zu einem kurzen Spaziergang hinab zum Fluss Vardahaugselvi und einem der Wasserfälle ein.
Außer uns war nur noch eine Familie vor Ort, die den Wasserfall und die Umgebung erkundeten.
Auf einem schmalen Pfad liefen wir zum Wasserfall und begaben uns vor Einbruch der Dunkelheit zurück zum Auto.
Wirklich weit waren wir aufgrund der zahlreichen Stopps entlang der Landschaftsroute noch nicht gekommen und es war jetzt bereits 18 Uhr.
Wir peilten unsere Unterkunft an und wurden vom Autonavi leider direkt zu eine der Fährverbindungen geschickt, die in Norwegen anstelle von Tunneln oder Brücken vorhanden sind. Allerdings war die Fähre nicht in unseren Plan eingeflossen, da die Frequenz, in der die Fähren verkehren, nicht allzu ausgeprägt ist. Manchmal fahren diese nur stündlich. Wir hofften daher, dass uns nicht das Schicksal ereilen würde, die Fähre gerade verpasst zu haben und eine Stunde warten zu müssen.
Von der Straße 5 erreichten wir den Abfahrtspunkt der Fähre Mannheller-Fodnes. Wir hatten Glück und konnten direkt auf das Boot drauffahren, dass kurze Zeit auch schon ablegte. Die Zahlung erfolgt übrigens nicht vor Ort, sondern beim Mietwagen über AutoPASS (norwegische System der Mauterhebung).
Wir genossen die Aussicht auf den Sognefjord im letzten Sonnenlicht des Tages.
Nach der 10-minütigen Überfahrt fuhren wir auf der 5 bis Sogndalsfjøra, dass meist einfach nur Sogndal genannt wird und bogen auf die Landschaftsroute 55 ab, die uns direkt am Ufer des Lustrafjorden weiter Richtung Norden führte. Schade, dass wir im Dunkeln nichts mehr von der umliegenden Landschaft sehen konnten. Wir fanden die Fährfahrt übrigens ziemlich cool, so dass wir auf unseren späteren Routen schauten, wo wir zwischendurch auch noch die Fähre anstatt eines Tunnels oder Brücke nehmen konnten.
Der einzige Nachteil der Landschaftsrouten ist, dass man auf diesen in nicht allzu großer Geschwindigkeit vorankommt. Fürs Genießen ein großer Vorteil, fürs Kilometer machen eher hinderlich.
Um 22:15 Uhr erreichten wir endlich das Vågåvatnet Feriesenter in Vågåmo und bezogen unsere gemütliche Holzhütte. Da es morgen sowieso den ganzen Tag regnen sollte, war es nicht allzu tragisch, dass wir erst so spät ankamen. Den Tag hatten wir so zumindest von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang komplett genutzt. Anstrengend war die lange Anreise dennoch gewesen und so fielen wir einfach nur noch todmüde ins Bett.