Der Himmel über Sarajevo war am Morgen zwar immer noch bedeckt aber immerhin regnete es nicht mehr. Wir begaben uns daher nach dem guten Frühstück im Hotel Aziza auf Sightseeingtour durch Sarajevo.
Ich hatte bereits zu Hause einen Track für das GPS erstellt, der die wichtigsten Punkte auf ca. 5 Kilometern einband.
Wir starteten am Hotel und liefen zuerst hinab zum großen Friedhof.
Anstatt geradeaus in Richtung Altstadt zu gehen, folgten wir dem Weg nach links bergauf. Erster Anlaufpunkt war die Gelbe Festung am Eingang der „Stadtmauer von Vratnik“.
Das ehemalige Fort diente als Verteidigungspunkt gegen die österreichisch-ungarischen Truppen im Jahr 1878. Das Innere konnten wir zwar nicht betreten, dafür genossen wir die tolle aber etwas bedeckte Aussicht auf Sarajevo.
Steil bergab ging es nun auf der anderen Seite des großen Friedhofs in Richtung Altstadt.
Über eine alte Straße aus dem 15. Jahrhundert gelangten wir zum beeindruckenden ehemaligen Rathaus (Vijećnica). Es ist eines der bekanntesten Gebäude der Stadt und von 1892–1894 erbaut. Während der Belagerung von Sarajevo im Bosnienkrieg (1992–1995) wurde die Bibliothek in der Nacht vom 25. zum 26. August 1992 durch Beschuss serbischer Belagerer schwer beschädigt. Mehr als 2 Millionen Bücher und Dokumente verbrannten.
Wir überquerten den Fluss Miljacka über die Šeherćehaja Brücke (osmanische Laternenbrücke) und blickten auf das Gebäude mit seinen bunten Kacheln.
Da wir auf der anderen Seite eine riesige Baustelle vorfanden, die unseren weiteren Weg versperrte, kehrten wir wieder um und liefen über die Brücke zurück zum ehemaligen Rathaus. An einem Gebäude entdeckten wir Einschusslöcher aus der Kriegszeit.
Wir folgten dem GPS an einem Geoacache vorbei in die Altstadt. Der Baščaršija – der historische Basar – prägt seit der osmanischen Herrschaft die Altstadt Sarajevos. Überall fanden wir Handwerkskunst und Souvenirs vor und in den Läden. Wir schlenderten durch die schmalen Gassen und kauften den obligatorischen Magnet.
Vorbei an der Baščaršija Moschee gelangten wir zum Sebilj. Der öffentliche Brunnen in Form eines Kiosks ist bekannt für die ständige Umlagerung von Tauben. Alte Männer verkaufen hier Taubenfutter. Ein Sprichwort sagt, dass jeder Reisende, der aus diesem Brunnen trinkt, irgendwann Sarajevo wieder bereisen wird.
Auch wir beobachteten die Taubenschwärme und eine alte Dame, die die zutraulichen Vögel fütterte.
Das Herz von Baščaršija formt die Gazi-Husrev-Beg-Moschee, deren Namensgeber in einem kleinen Mausoleum nebenan seine letzte Ruhe gefunden hat (Sarači).
In der Mitte des Moscheehofes erhebt sich ein graziöser Šadrvan (Moscheebrunnen), dessen Überdachung auf acht geschmeidigen durch Bogen verbundenen Säulen steht. Husref Beg hat das Wasser durch Holzröhren von der 6 km von Sarajevo entfernten Quelle zum Springbrunnen geführt und im damaligen Sarajevo verteilt. Bei großer Winterkälte wird die Gebetwaschung in einem besonderen Raum verrichtet.
Vorbei an einem Museum und dem Sarajevo Clock Tower – mit 30 m der höchste von 21 Uhrtürmen des Landes – gelangten wir zur Ferhadija-Moschee.
Die Moschee wurde 1579 im klassisch osmanischen-Stil von einem Schüler Sinans erbaut. Sie wurde wie die Arnaudija-Moschee am 7. Mai 1993 durch Sprengstoff teilweise zerstört und anschließend niedergerissen.
Im Jahr 2001 erhielt die Islamische Gemeinschaft Banja Luka die Bauerlaubnis für die Rekonstruktion der Moschee. Die Wiederaufbaubemühungen lösten am 7. Mai 2001 (genau acht Jahre nach der Zerstörung) Massenunruhen serbischer Nationalisten aus. Etwa 4000 serbische Aufrührer bewarfen eine Gruppe von 300 Bosniaken, die an der Grundsteinlegung zum Wiederaufbau teilnahmen, mit Steinen. Acht von ihnen wurden zur Behandlung in das Krankenhaus von Banja Luka gebracht, ein Mensch starb am 26. Mai 2001 an den Folgen einer Kopfverletzung. Die Grundsteinlegung wurde wenige Tage später heimlich und unter scharfen Sicherheitsvorkehrungen abgeschlossen. Obwohl schon einige Moscheen, die in Banja Luka in der Zeit des Bosnienkrieges zerstört worden waren, seit 2001 wieder aufgebaut wurden, war der Wiederaufbau der Ferhadija-Moschee aufgrund der Lage im Stadtzentrum besonders umstritten.
Am 7. Mai 2016 wurde die Ferhadija-Moschee wieder eröffnet.
Sarajevo ist ein wahrer Schmelztiegel der Kulturen, denn nur ein paar Meter von den beiden Moscheen entfernt befindet sich die römisch-katholische Herz-Jesu-Kathedrale.
Wir betraten das Innere der Kathedrale und sahen uns um.
Nicht weit von der Herz-Jesu-Kathedrale wartete die Mariä-Geburt-Kathedrale auf unseren Besuch. Sie ist eine der größten orthodoxen Kirchen auf der Balkanhalbinsel.
Erbaut wurde sie von 1859 bis 1874. Die Kathedrale ist der Geburt der Allerheiligsten Gottesmutter Maria, der Mutter Jesu geweiht.
Durch die Straßen Sarajevos liefen wir weiter bis zum Fluss Miljacka. In der Ferne erblickten wir die geschichtsträchtige Lateinerbrücke, zu der uns als nächstes begaben.
Die Lateinerbrücke ist eine osmanische Steinbogenbrücke über die Miljacka. Zu Zeiten Jugoslawiens war sie nach Gavrilo Princip, dem Attentäter auf Erzherzog Franz Ferdinand, benannt. Das Attentat vom 28. Juni 1914, das als Auslöser des Ersten Weltkrieges gilt, ereignete sich am Nordende der Brücke.
Der Name „Lateinerbrücke“ beruht auf der Tatsache, dass die Brücke die kürzeste Verbindung zwischen der römisch-katholischen Kathedrale in der Innenstadt und dem früher überwiegend katholisch bewohnten und daher als „Latinluk“ bezeichneten Viertel links des Flusses darstellt.
Wir liefen vorbei an der Šeherćehaja Brücke bergauf zurück zu unserem Hotel und ließen Sarajevo hinter uns.
Wir machten uns auf den Weg zum ältesten Nationalpark von Bosnien und Herzegowina – dem Sutjeska-Nationalpark. Gut 100 Kilomter Fahrt lagen vor uns. Da die bosnischen Straßen zwar gut ausgebaut aber sehr serpentinenlastig sind und durch viele kleine Ortschaften führen, dauerte die Fahrt fast 3 Stunden.
Die letzten 10 Kilometer kamen wir nur noch auf einer kaum erkennbaren Straße voran. Mehrmals baten Renate und ich Marcel, er möge doch umkehren. Aber er hatte sich zum Ziel gesetzt, den Weg bis zum anvisierten Parkplatz zu fahren.
So schaukelten wir von einem zum anderen Schlagloch immer weiter bergauf. Das arme Auto. Zeitweise verbesserte sich die Straße und es waren nur kleine Schlaglöcher zu überwinden.
Günters Navi schickte uns nun rechts hinauf in ein kleines Dorf. Die Straße war neu geteert und nicht ein Schlagloch wartete auf uns. Leider endete die Straße einfach nach knapp 2 Kilometern und Marcel musste mit mehrmaligen Hin- und Zurücksetzen wenden. Schade, die Straße wäre perfekt für unsere Weiterfahrt gewesen. Warum wurde denn der Rest der Straße nicht auch neu geteert?
Zurück auf unserer kaputten Straße standen wir nach knapp 5 Kilometern vor einem Schlagbaum. Damit hätten wir hier Irgendwo im Nirgendwo nun wirklich nicht gerechnet.
Der Schrankenwärter kam nach draußen und wir mussten den Eintritt von 5 KM / Person (ca. 2,50 Euro) und 5 KM fürs Auto zahlen. Man darf nicht vergessen; es handelt sich um einen Nationalpark.
Am Ostrand des Sutjeska Nationalparks befindet sich mit dem 2.386 m hohen Maglić der höchste Gipfel des Landes. Zum Park gehört zudem einer der letzten Urwälder der warmgemäßigten Zone Europas, der Perućica-Urwald. In der zerklüfteten Bergwelt finden sich über 50 m hohe Bäume, unter ihnen die Schwarzkiefer sowie die Buche. Weitere Sehenswürdigkeiten sind etwa der 98 Meter hohe Wasserfall Skakavac des Flüsschens Perućica und die Schlucht der Sutjeska, die hier die über 2000 m hohen Bergmassive Zelengora im Westen und Maglić sowie Volujak im Osten voneinander trennt. Etwas südlich des Parks entspringt die Neretva, der wichtigste Fluss der Herzegowina.
Unser Ziel war der Parkplatz am Skakavac Wasserfall. Immerhin wurde die Straße ein wenig besser. Statt der vielen kleinen und großen Schlaglöcher wartete jetzt eine Schotterpiste auf uns.
Gut durchgerüttelt und mit einem Aufsetzer kamen wir am Parkplatz an. Außer uns war niemand hier und wir hofften keinem Braunbär oder Wolf über den Weg zu laufen. Die Tiere verfügen hier über ein ausgedehntes Rückzugsgebiet.
Leider waren wir mittlerweile so hoch, dass wir mitten im Nebel steckten und die Sicht eher durchwachsen war.
Auch die markierten Wanderwege sind teilweise kaum noch zu erkennen. Entweder kommen nicht genügend Touristen in diese tolle Gegend oder die Eintrittsgelder werden für etwas anderes verwendet. Für die Infrastruktur jedenfalls nicht.
Marcel und ich begaben uns über einen kaum erkennbaren Wurzelpfad zum knapp 100 Metern entfernten Aussichtspunkt auf den Skakavac Wasserfall. Tatsächlich war er in der Ferne zu erblicken und wir genossen die Aussicht auf den Perućica-Urwald. Bis auf das entfernte Rauschen des Wassers war kein Geräusch zu vernehmen. Eine fast himmlische Ruhe.
Der Weg endete an einem Zaun. Wir kehrten um und wanderten wieder zurück zum Parkplatz.
Es war bereits kurz vor 15 Uhr und bis zu unserem Endpunkt – der Stadt Mostar – lagen noch gut 130 Kilometer Fahrt vor uns. Wir stiegen daher ins Auto und fuhren auf der Schotterpiste bergabwärts.
An einem Hinweisschild stellten wir das Auto erneut ab. Ein weiterer Aussichtspunkt der „Vidikovac Beškita“ sollte laut GPS hier auf uns warten.
Da jedoch der Weg eher ein schmaler und steiler Pfad war, liefen Renate und Günter lieber ein wenig die Schotterstraße hinab.
Marcel und ich eilten schnellen Schrittes durch den Wald hinauf zum Aussichtspunkt. Wäre ja eine Schande, wenn wir nach der langen Anreise nicht auch noch hier Halt gemacht hätten.
Trotz der Wolken erwartete uns ein traumhafter Ausblick über den Perućica-Urwald und auf den Skakavac-Wasserfall. Hier gefiel es uns besser als beim vorherigen Aussichtspunkt. Wir genossen die Ruhe und Abgeschiedenheit und liefen auf selben Pfad zurück zum Auto.
Wer etwas mehr Zeit hat, kann auch noch zum Aussichtspunkt auf den Maglić fahren. Bei uns war nicht nur die Straße in einem schlechten Zustand (wie uns deutsche Urlauber erzählten, hätte uns Schnee erwartet), sondern wir hatten auch leider keine Zeit mehr gehabt, noch tiefer in den Nationalpark vorzudringen.
Also Motor an und Schotterpiste wieder abwärts fahren. Unterwegs sammelten wir Renate und Günter ein und passierten die Schranke.
Die 5 Kilometer Ruckelpiste nach der Schranke mussten nun leider auch wieder abwärts gefahren werden. Wir genossen unterwegs dennoch die tollen Ausblicke auf die wunderschöne Landschaft.
Kurz vor dem Abzweig zum Dorf kamen uns wider erwarten zahlreiche Autos entgegen. Ein Unterfangen, dass auf der engen, eigentlich nur einspurigen Straße, nicht allzu leicht zu bewältigen war.
Zu den entgegenkommenden Autos, kamen auch noch Kühe, die gemütlich die Straße hochtrotteten. Wir waren froh als wir endlich die normale Straße erreichten. Dennoch denken wir, dass der Sutjeska-Nationalpark ein echtes Juwel und ein Geheimtipp für jeden Wanderer ist. Und bei gutem Wetter mag die Aussicht beeindruckender sein als bei unserem Aufenthalt.
Wir bogen nach links auf die M20 ab und fuhren Richtung Mostar. Steile Straßen, zahlreiche Kehren und fantastische Ausblicke erwarteten uns auf dieser knapp 3-stündigen Fahrt. Immerhin hatten wir die dicken Wolken bald hinter uns gelassen und die Sonne tauchte die Landschaft in ein malerisches Licht.
Autofahren in Bosnien und Herzegowina ist übrigens entspannter als wir anfangs erwartet hätten. Auf den Straßen außerhalb der Städte ist kaum etwas los. Häufig wird man fast ganz alleine. Die Einheimischen fahren auch nicht sehr aggressiv, sondern überholen ohne zu Drängeln oder zu Hupen.
Am Klinje-See (Jezero Wrba) legten wir eine kurze Rast ein. Wir genossen die wärmenden Sonnenstrahlen, hätten aber nicht erwartet, dass es am See ohne Jacke doch recht frisch (ca. 7° C) war. Also stiegen wir schnell wieder ins Auto und fuhren weiter.
Ein paar Stopps mit zauberhaften Ausblicken später erreichten wir gegen 18 Uhr die sechstgrößte Stadt Bosnien und Herzegowinas.
Das Wahrzeichen Mostars ist die Stari most (deutsch Alte Brücke) über die Neretva, die von 1556 bis 1566 vom osmanischen Architekten Mimar Hajrudin erbaut wurde.
Unser Apartment die „Villa Hum“ lag ca. 400 Meter von der Brücke entfernt. Dafür konnten wir hier kostenlos und sicher parken, denn eine geeignete Parklücke für das Auto zu finden, ist nicht allzu leicht.
Wir wurden freundlich empfangen. Der Hausherr sprach sogar Deutsch! Er zeigte uns die Attraktionen Mostars auf einer Karte und empfahl uns zwei bosnische Restaurants.
Nach dem Beziehen der Zimmer zogen wir daher los in Richtung Altstadt und suchten die empfohlenen Lokalitäten auf. Einen Platz zu finden war leider sehr schwierig. Das erste Restaurant hatte nur noch draußen freie Plätze (zu kalt) und das zweite hatte gar keine freie Sitzmöglichkeit mehr.
Etwas gefrustet suchten wir uns daher einfach eines der zahlreichen Lokale in der Altstadt heraus und hofften, dass das Essen gut war.
Vom Restaurant Hindin Han wurden wir nicht enttäuscht. Die Kellner waren nett und das Essen sehr gut. Ich hatte mich für Putenmedaillons entschieden, Renate für ein Schnitzel und Günter und Marcel für die Grillplatte. Für mich war die Portion ausreichend. Für die anderen wieder mal viel zu viel. Statt einem Schnitzel gab es zwei und dazu noch einen riesigen Berg Pommes. Das konnte doch kein Mensch schaffen.
Vollgefressen liefen wir daher noch ein wenig durch die Altstadt und besuchten die Stari most. Den Blick konnten wir im Dunkeln zwar nicht mehr Schweifen lassen, dafür gefiel uns die abendliche Atmosphäre in den schmalen Gassen Mostars.
Gut gesättigt und voller neuer Eindrücke schlenderten wir gemütlich zurück zur Villa Hum.