Der Morgen startete früh. Um 05:30 Uhr verließen wir das Salzhotel in Colcha K, denn Oscar wollte zum Sonnenaufgang am Salar de Uyuni sein. Endlich war es soweit; ein Ziel auf meiner Bucketlist würde heute ein Häkchen bekommen. Die Salar de Uyuni ist mit mehr als 10.000 Quadratkilometern (entspricht einem Drittel der Fläche von NRW) die größte Salzpfanne der Erde und ein beliebtes Ausflugsziel. Sie liegt auf auf einer Höhe von 3.653 Metern.
Wir fuhren etwa 45 Minuten, bis Oscar mitten in der Salar de Uyuni anhielt und uns in die Einsamkeit entließ.
Trotz der zahlreichen Touranbieter, die wir am Morgen schon unterwegs gesehen hatten, waren wir hier komplett alleine. Top organisiert von den Fahrern, dass sich nicht alle an einem Punkt knubbeln.
Die mystische Atmosphäre und die Stille waren wieder einmal beeindruckend. Allerdings war es auch mit -4 Grad recht kalt.
Die ersten Pastelltöne kündigten den herannahenden Morgen an und wir wollten ein paar Fotos schießen, die die optische Täuschung in der Salzwüste zeigten.
Es war gar nicht so einfach, sich und die Kamera richtig zu positionieren. Immer wieder gab es die Anweisungen „mehr nach rechts, ein kleines Stück nach links, etwas nach vorne“. Das Endergebnis würden wir erst am heimischen PC betrachten können aber an sich sah die Größenillusion erstmal gut aus.
Nur ein paar Kilometer links von uns befand sich die Isla Incahuasi, die wir nach dem Sonnenaufgang ansteuern wollten.
Wir warteten daher auf das Auftauchen der Sonne am Horizont und überlegten uns noch ein paar Spaßfotos.
Endlich ging die Sonne auf und tauchte die Salar de Uyuni in ein zauberhaftes Licht.
Nach etwa 30 Minuten waren unsere Hände jedoch so dermaßen gefroren, dass wir noch ein paar lustige Fotos im Hellen schossen und dann aber auch wirklich froh waren, ins Warme Auto steigen zu können.
Von unserem Spot fuhren wir nur ein paar Minuten bis zur Isla Incahuasi, wo bereits zahlreiche Jeeps anderer Touranbieter standen.
Während Oscar im Auto wartete und später für uns das Frühstück vorbereiten wollte, ging unsere Gruppe zum Kassenhäuschen und bezahlte die 30 BOB/Person (ca. 4 Euro) Eintritt. Der Rundweg über die Isla Incahuasi dauerte ungefähr 40 Minuten.
Die Isla Incahuasi (Quechua für Haus des Inka) ist für ihre vielen meterhohen und teilweise mehr als 1.200 Jahre alten Säulenkakteen bekannt.
Entlang eines Steinpfads stiegen wir aufwärts und genossen die unglaubliche Szenerie. Eine grüne Insel inmitten in der Salzwüste. Total surreal.
Wir schossen zahlreiche Fotos und konnten uns gar nicht satt sehen. Gut, dass wir eine Sonnenbrille dabei hatten, denn das Weiß des Salzes wurde durch die aufgehende Sonne immer greller.
Die uralten Kakteen in unterschiedlichen Formen boten uns tolle Fotomotive. Was für eine Landschaft.
Über Stufen stiegen wir hinauf zum höchsten Punkt der Erhebung, wo sich bereits zahlreiche weitere Touristen ein ruhiges Fleckchen zum Staunen gesucht hatten. Diese Weite war einfach unglaublich. Bis auf ein paar Berge am fernen Horizont war nichts zu sehen. Keine Häuser, keine Bäume, rein gar nichts.
Wir setzten uns ein paar Minuten auf einen Felsen und ließen die Kulisse auf uns wirken.
Dann machten wir uns an den Abstieg, denn wir wollten noch gerne einen Geocache finden, der sich an der Isla Incahuasi befinden sollte.
Der angelegte Weg brachte uns durch einen Torbogen „Arco de Coral“ über Felsen abwärts zu einer kleinen Höhle. Alternativ kann auch dem leichteren Weg bergab gefolgt werden.
Wir genossen noch einmal die Aussicht von der Insel auf das weiße „Meer“.
Zwischen den hohen und verwachsenen Kakteen gelangten wir tiefer und die Jeeps der Touranbieter in Sichtweite.
Nach etwa einer Stunde hatten wir den Ausgangspunkt erreicht. Wir schlenderten durch ein kleines Museum und liefen zurück zu unserem Auto, wo Oscar bereits das Frühstück aufgebaut hatte.
Neben den typischen platten Weizenbrötchen gab es Joghurt, Obst und Tee zum Aufwärmen. Ich freute mich besonders über die Dulce de Leche. Diese Karamellcreme ist echt der Hammer.
Marcel und ich beeilten uns mit dem Frühstück, um noch Zeit für den Geocache zu haben, der nur 250 Luftlinie entfernt lag.
Allerdings verlief die Insel rund und nicht linear, so dass wir einmal außen herum laufen mussten, um uns überhaupt zu nähern.
Die Zeit saß uns im Nacken und wir wollten die anderen Mitstreiter nicht noch länger warten lassen. Während Marcel daher in Richtung Cache joggte, schlenderte ich langsam zurück. Wir waren bereits seit gut 20 Minuten unterwegs.
Ich hatte das Auto schon fast erreicht als Marcel mich endlich einholte – ohne Cache. Schade. Die anderen packten gerade die restlichen Sachen zusammen und verstauten alles im Jeep.
Als wir alle im Auto saßen und Oscar den Jeep starten wollte, tat sich nichts. Der Motor streikte und wir hofften, dass der Toyota nicht hinüber war. Platz in den anderen Autos sahen wir nämlich nicht. Oscar versuchte mit Hilfe eines anderen Fahrers den Motor zum Laufen zu bekommen. Die beiden unterhielten sich auf Quechua aber das Wort „mecanico“ war unmissverständlich zu hören. Das wäre ja jetzt schön blöd, wenn das Auto ausgerechnet mitten in der Uyuni den Geist aufgibt.
Da vorne am Motorraum scheinbar nichts zu machen war, kamen Oscar und die anderen beiden Guides auf die Idee, das Auto einfach mal anzuschieben. Ja und siehe da, nach ein paar Metern lief die Karre wieder. Puh, weiter geht’s.
Oscar hielt irgendwann mitten in der Uyuni an und teilte uns mit, dass wir hier nun eine Stunde Zeit für ein paar „fun-photos“ hätten. Der weite Horizont und die fehlende Tiefe lassen nämlich Objekte oder Menschen wie Spielzeuge oder optische Täuschungen aussehen. Er hatte ein paar Ideen gebracht, die wir nun als Gruppe umsetzen sollten.
Die beiden Niederländerinnen meldeten sich als Freiwillige und positionierten sich vor der Kamera. Wir anderen blieben hinten und folgten den Anweisungen, die Oscar uns gab.
Nach etwa 15 Minuten waren alle Fotos im Kasten und Oscar überließ uns das Spielfeld. Jetzt brauchten wir nur noch ein paar Ideen, denn leider hatte sich keiner aus der Gruppe vorher mal ein paar Fotos im Internet angesehen.
Wir testeten daher mit unseren vorhandenen „Spielzeugen“ wie Kameraobjektiv, Stativ und Wasserflasche, wie die Illusion wirkte. Sind doch echt lustig geworden oder? Meine Mutter dachte, dass wir die Täuschung mit Hilfe einer App erstellt hätten.
Mit gleißender Helligkeit am Tag und sehr kalten Nächten ähnelt der Salar de Uyuni äußerlich einem zugefrorenen See. Er ist so gut wie frei von jeglicher Art von Lebewesen, aber Brutplatz einiger nur in Südamerika vorkommender Flamingo-Arten.
Die Salzkruste des Salar de Uyuni wurde übrigens vor über 10.000 Jahren durch das Austrocknen des Paläosees Tauca gebildet. Die unter der Oberfläche liegende Sole reicht „bis zu 72 Meter“ oder sogar „mindestens 121 Meter“ in die Tiefe. Sie ist die größte Salzfläche der Welt.
Während der Regenzeit kann die Salzkruste lokal mit mehreren Dezimetern Wasser bedeckt sein; etwa von Ende Juni bis zum Beginn der Regenzeit Anfang Dezember ist der Salar trocken. Mit Ausnahme der schlammigen Uferzonen und einzelner Wasseraugen (ojos) kann dann die bis zu 30 Meter dicke Salzkruste selbst von Bussen und LKW befahren werden. Bei unserem Besuch war leider kein Wasser mehr auf der Oberfläche vorhanden.
Weiß und Blau waren die einzigen Farben in der scheinbar unendlichen Weite.
Die Stunde ging schnell vorbei und trotz der grellen Sonne, die auf uns hinab schien, war es nicht warm. Einen Sonnenbrand kann man sich aber trotzdem holen. Die UV-Strahlung ist auf knapp 4.000 Metern Höhe sehr viel stärker.
Am Salzhotel „Playa Blanca“ an dem 2014 und 2018 auch die Rallye Dakar Station gemacht hatte, konnten wir uns noch einmal umsehen. Der davorliegende Plaza de las Banderas mit seinen zahlreichen, im Wind wehenden Flaggen, wurde 2012 zum Nationaldenkmal erklärt.
Tische, Stühle und andere Dinge im Salzhotel bestehen natürlich aus Salz. Zur Zeit sind die Zimmer im Hotel für Touristen allerdings nicht buchbar.
In direkter Nähe zum Salzhotel wurde ein riesiges Monument zu Ehren der Dakar Rallye mitten in die Wüste gebaut.
Nach dem kurzen Zwischenstopp ging es weiter zur Stadt Colchani. Die Stadt mit rund 600 Einwohnern bot uns die Möglichkeit Souvenirs zu erwerben. An den zahlreichen Ständen findet sicherlich jeder das passende Mitbringsel. Ich hätte gerne eine Mütze oder eine Strickjacke gekauft, habe jedoch nichts passendes gefunden. Aber ein Magnet und ein Aufnäher kommen mit nach Hause.
Nun hieß es endgültig Abschied nehmen von der größten Salzwüste der Welt. Unglaublich, dass die Zeit in Bolivien sich schon wieder dem Ende näherte. Und ein komisches Gefühl, wenn man einen Punkt auf seiner internen Bucketlist nun wieder abgehakt hat. Irgendwie unwirklich.
Bevor unsere Tour nun endete und wir zurück nach Uyuni fuhren, hielten Oscar und die anderen Touranbieter noch am Eisenbahnfriedhof (Cementerio de Trenes), der sich am Rand der Salar de Uyuni befindet.
Im Jahr 1872 wurde mit dem Bau der Ferrocarril de Antofagasta a Bolivia, der ersten Eisenbahnstrecke Boliviens, begonnen. Sie diente dazu, Rohstoffe wie Natriumnitrat und andere Salze, aber auch Metalle wie Kupfer, Silber und Gold, aus den Minen im Landesinneren in die Hafenstädte am Pazifischen Ozean zu transportieren. Als die Bahnstrecke am Ende des 19. Jahrhunderts Uyuni erreichte, wurde in der Stadt ein Eisenbahnbetriebswerk errichtet. Uyuni entwickelte sich zu einem wichtigen Eisenbahnknoten. Etwa in den 1940er Jahren brach die örtliche Industrie zusammen, die meisten der Edelmetallminen wurden von den Betreibern aufgegeben. Dies führte dazu, dass auch die dafür angelegten Versorgungstrassen sowie die meisten der Lokomotiven und Wagen nicht mehr benötigt, stillgelegt und dem Verfall preisgegeben wurden.
Insgesamt befinden sich rund 100 Lokomotiven und Wagen auf dem Eisenbahnfriedhof, die ältesten stammen aus dem ausgehenden 19. Jahrhundert. Neben der Korrosion (die jedoch dank des örtlichen Klimas nur langsam voranschreitet) sowie dem Salz aus dem Salar de Uyuni schädigen auch die Anwohner die Fahrzeuge, indem sie diese zur Beschaffung vom Altmetall gebrauchen. Viele der Lokomotiven und Waggons wurden zudem mit Graffiti versehen.
Für uns Touristen ist der Eisenbahnfriedhof jedoch ein Abenteuerspielplatz, denn die Loks und Waggons können alle bestiegen werden. Aber Vorsicht: Durch den Rost haben sich schon einige Löcher in das Metall gefressen.
Nachdem ich Lokführer gespielt hatte, nahm ich auf der Schaukel platz. Einmal wieder Kind sein dürfen 😁.
Wir liefen zu einer kleinen Plattform, die den Schriftsatz „Uyuni“ prägte, genossen noch einmal den Blick auf die Umgebung und gingen danach zurück zum Auto. Insgesamt hatten wir 20 Minuten Zeit zum „Spielen“ gehabt.
Gegen 13 Uhr erreichten wir Uyuni, die 1889 als Militärstandort gegründet wurde und auf einer Höhe von 3.675 Metern liegt. Touristisch hat die Stadt nicht allzu viel zu Bieten. Wir schlenderten etwas durch die staubigen Straßen und begaben uns danach zum letzten gemeinsamen Mittagessen.
Danach liefen wir zum Touranbieter World White Travel, wo wir noch ein paar Formalitäten erledigen mussten. Während alle Mitglieder unserer Gruppe die Tour in Uyuni beendeten, mussten Marcel und ich nach einer Wartezeit von einer Stunde den Rückweg in Richtung San Pedro de Atacama antreten. Wir verabschiedeten uns von unseren Reisekumpanen und warteten auf den Fahrer, der uns zurück bringen sollte.
Die Strecke nach San Pedro de Atacama war jedoch für einen Nachmittag zu weit und die Grenzen schlossen früh ihre Pforten, so dass wir noch einmal einen Übernachtungsstopp in Villa Mar einlegten.
Das Hostal Tierra Oculta aus der ersten Nacht wartete mit einem freien Zweibettzimmer auf uns. Allerdings war es heute extrem kalt, so dass wir uns bis zum Abendessen in die Betten legten und uns bis unter die Nase zudeckten.
Um 19:30 Uhr bekamen wir ein letztes Abendessen serviert. Ein wahres Festessen für mich – nicht. Da ich bei Buchung der Tour angegeben hatte, dass ich Vegetarisches Essen wünsche, bekamen wir heute eine Spaghetti-Bolognese nur aus Zwiebeln. Und ich hasse Zwiebeln. Die gehen halt gar nicht. Also aß ich lediglich trockene Spaghetti und freute mich aufs Essen am nächsten Tag.
Wir trafen noch auf ein paar Teilnehmer der zweiten Gruppe von World White Travel und nach einem kurzen Plausch verabschiedeten wir uns und versuchten bei rund 10° im Zimmer irgendwie zu schlafen.
Die Tour hatte sich wirklich gelohnt, denn die Salar de Uyuni und auch die Laguna Colorado waren für uns absolute Highlights. Wir würden allerdings empfehlen, nicht wieder zurück nach San Pedro de Atacama zu fahren, sondern die Tour in Uyuni enden zu lassen und von hier Bolivien zu erkunden. Warum? Das lest ihr Morgen.