Ein herrlicher Spätsommertag erwartete uns heute. Perfekt für unseren letzten Klettersteig in der Schweiz. Das fast 3.000 Meter hohe Schwarzhorn bietet fantastische Ausblicke auf den Eiger, das Schreckhorn und die umwerfende Bergkulisse des Berner Oberlandes. Der Klettersteig (B/C bzw. K2-K3) entlang des Südwestgrats des Schwarzhorns sollte ein paar luftige Passagen enthalten. Highlight ist die Leiternserie über den Steilaufschwung des Bergs. Der Abstieg führt über den Normalweg ins Tal. Zeitlich sollten für die knapp 10 Kilometer lange Tour (inkl. Hin- und Rückweg von der Bergstation First und der entsprechenden Höhenmeter) ca. 5-6 Stunden eingeplant werden. Der Klettersteig selbst dauert ca. 1,5 Stunden.
Da wir heute nicht so recht in die Puschen kamen und uns erst gegen 10 Uhr auf den Weg zur Seilbahnstation der Firstbahn in Grindelwald machten, waren schon zahlreiche Urlauber in den Straßen der kleinen Ortschaft unterwegs. An der Talstation der Firstbahn standen wir 15 Minuten an der Kasse, bis wir unser Ticket hatten und schoben uns mit zahlreichen Leuten bis zum Einstieg in die Gondeln. Da diese jedoch im Sekundentakt fahren, hatten wir eine Gondel für uns. So konnten wir immerhin die Maske abnehmen.
Die Fahrtzeit bis First betrug ca. 25 Minuten. Unterwegs wurden in Bort und Schreckfeld Zwischenstopps eingelegt, da für Adrenalinjunkies einige Aktivitäten wie First Glider und First Flieger gebaut wurden und so ein Zustieg an den unterschiedlichen Stationen möglich war. Man kann auch mit Trottbikes oder Mountain Carts von der einen Seilbahnstation bis zur nächsten fahren. Wir wollten jedoch nur Wandern/Klettern.
Von der Bergstation der First-Bahn auf 2.167 Metern begaben wir uns auf einem Pfad nach rechts bergab. Ein erster fantastischer Blick auf den Eiger erwartete uns.
An einer Weggabelung folgten wir einem breiten Fahrweg in Richtung Schwarzhorn.
Nach ca. 30 Minuten zweigte der Pfad zum Schwarzhorn nach links in den Distelboden ab.
Den Klettersteig bereits im Blick, wanderten wir auf dem Pfad tiefer ins Tal. Hier lassen sich mit Glück auch Murmeltiere beobachten. Bis auf die holzgeschnitzten Murmeltiere sahen wir jedoch leider keine.
Auch ein Blick zurück auf Eiger und Schreckhorn ist immer wieder lohnend.
Ein weiterer Wegweiser auf 2.241 Meter wies uns nach links (Chrinnenboden, ca. 45 Minuten von der Firstbahn).
Der Pfad wurde schmaler und große Felsbrocken säumten den Wegesrand.
Wir gelangten zu einem großen Fels, an dem der sich der Weg gabelte. Rechts führt der Normalweg weiter auf den Gipfel (unser Abstieg) und links ist der Klettersteig beschildert.
Dem immer alpiner werdenden schottrigen Pfad folgten wir entlang der blau-weißen Markierungen bis an die Felswand links unter dem Felsenberg der Grossi Chrinne. Ein sehr anstrengender und serpentinenlastiger Aufstieg erwartete uns. Gut 100 Höhenmeter müssen auf dem ca. 200 Meter langen Anstieg überwunden werden.
Wir erreichten die Felswand. Ein durchgehendes Seil und einige Tritthilfen erleichterten den Weg über die Platten. Wer mag, kann sich auch hier schon einklinken. Wir ließen das Klettersteigset jedoch noch im Rucksack, da wir hier keine Notwendigkeit sahen, uns schon einzubinden (kein finales Absturzgelände).
Vom Sattel der Grossi Chrinne blicken wir auf das Geröllfeld auf der anderen Seite und folgen einem breiten Grad über Blockgelände bis zum Einstieg des Klettersteigs.
Auf einer ebenen Fläche legen wir unser Klettersteigset und die Helme an.
Die ersten Meter entlang der Grossi Chrinne sind ungesichert zurückzulegen (einfach und ungefährlich).
Dann geht´s los mit den ersten Seilsicherungen. An der Wand entlang geht es hinauf auf den Grat.
Die ersten Meter sind für mich, der nicht gerne entlang eines Grates geht, noch recht unkritisch und ich kann sogar gerade stehen 🤣🤪.
Nach der kurzen Gratpassage folgte direkt die Schlüsselstelle (B/C) – eine Steilstufe unterhalb der ersten Leiternreihe. Das recht brüchige Gestein bot ausreichend Trittmöglichkeiten. Nur festhalten kann man sich hier besser am Stahlseil als an den Felsen.
Die direkt folgenden Leitern sind luftig aber nicht schwer oder überhängend (B). Da die Leitern allerdings versetzt angebracht sind, bot sich mir beim Übergang teilweise das Problem, dass ich mit meinen Armen nicht an das Stahlseil der nächsten Leiter dran kam. Ich musste mich daher sehr weit rüber beugen, um mich in das nächste Stahlseil einklinken zu können. Das war mir nicht so ganz geheuer. Zumal man da zwangsläufig auch die Tiefblicke direkt „genießen“ konnte.
Nachdem wir die ersten zwei Leitern gut gemeistert hatten, ging es über eine kurze gesicherte und teilweise etwas ausgesetzte Passage zu der Drei-Leitern-Reihe (B).
Auch hier hatte ich dasselbe Problem wie bei den beiden Leitern zuvor, nur dass der Abstand der Stahlseile von der ersten zur zweiten Leiter noch größer war. Also wer kurze Arme hat, muss sich hier tatsächlich ziemlich strecken. Dadurch dauerte das Ein- und Ausklippen bei mir ewig, da ich auch noch irgendwie beim Rüberbeugen die Balance halten musste. Mir war für diese Passage etwas zu viel Luft unterm Hintern und ich war froh, als ich endlich die letzte Sprosse erreicht hatte.
Auf dem Grat angekommen, genossen wir die Aussicht und folgten dem Grat.
An einer steilen Passage (B) kraxelten wir gesichert aufwärts.
Entlang des Grates gelangten wir mal mehr und mal weniger steil immer weiter Richtung Gipfel. Marcels Hinweis, ich solle mal am Grat senkrecht stehen, ignorierte ich an den steileren Stellen. Da fehlt mir das Vertrauen in mein Gleichgewicht. Ich komm auch so klar 😛.
Je höher wir kamen, desto ebener wurde das Gelände. An einigen gesicherten Stellen, benötigten wir das Klettersteigset nicht mehr, da der Weg breit genug war.
Eine letzte Steilpassage (B) wartete noch auf uns bis wir das Ende des Klettersteigs erreichten. Der Gipfel des Schwarzhorns war übrigens nicht zu erkennen, da sich dieser hinter einem Vorgipfel befand.
Der Ausblick war schon jetzt einfach traumhaft und wir legten die letzten Höhenmeter in steilen Serpentinen über den breiter werdenden Rücken und Geröll auf dem kaum erkennbaren alpinen Weg zurück. Das Klettersteigset ist hier nicht mehr notwendig, da es keine weiteren Drahtseile auf dem Weg zum Gipfel gibt. Da der Weg kein Risiko birgt, sind die Stahlseile auch nicht mehr notwendig.
Achtung, der Weg zum Hauptgipfel ist an einigen Stellen etwas schmaler. Eine Sicherung gibt es hier nicht.
Wer am Schwarzhorn eine Einkehrmöglichkeit nach dem langen Aufstieg sucht wird allerdings enttäuscht. Der Selbstversorgergipfel kann damit nicht dienen, dafür allerdings mit einer atemberaubenden Aussicht auf Eiger, Schreckhorn und das Berner Oberland. Zudem ist der Gipfel auch im Sommer nicht überlaufen. Wir konnten sogar den Blick über den Sarner See bis zum Vierwaldstättersee schweifen lassen. Auf dem Foto ist dieser im Dunst jedoch kaum erkennbar (Es sind nicht die beiden Seen im Vordergrund).
Auf dem Gipfel waren wir ganz alleine und genossen die warmen Sonnenstrahlen auf knapp 3.000 Meter Höhe. Nur die täglich hörenden Kampfjets zogen mal wieder ihre Bahnen. Das ist das einzige, dass mich in der Schweiz wirklich genervt hat. Man genießt die Ruhe und die Aussicht und wird von einer lärmenden Flugmaschine gestört.
Da es sich so langsam zuzog, liefen wir zurück zum Vorgipfel und nahmen den weiß-blau-weiß markierten Weg nach links ins Tal.
Der breite Abstiegsweg führte über den Normalweg in Richtung Süden. Ich war froh, dass ich bei dem ganzen Geröll meine Wanderstöcke dabei hatte und die steilen Passagen ohen Rutschpartie meistern konnte.
Mit Blick auf Eiger und Schreckhorn verloren wir schnell an Höhe und erreichten einen Felszacken, den es auf einem ausgesetzten Band zu umgehen galt.
Ein paar schmale Passagen testeten noch einmal unsere Schwindelfreiheit und Trittsicherheit. An sehr heiklen Stellen ist der Abstiegsweg mit Drahtseilen versichert. Die sind aber eher Mangelware. Hier bewegten wir uns durchaus im Absturzgelände, denn rechts von uns ging es steil bergab.
Den zweiten Felszacken mussten wir mit Hilfe eines Drahtseiles übersteigen. Danach gelangten wir in sicheres Gelände.
Wir warfen noch einmal einen Blick zurück auf die Geröllhalde des Schwarzhorns. Weit und breit nichts als lockeres Schuttgestein.
Im Zickzack gelangten wir auf einem steilen Pfad bergab bis zur Weggabelung. Wir nahmen nun nicht den Weg nach rechts zum Klettersteig, sondern den Pfad nach links, den wir auch beim Aufstieg schon begangen waren.
Der Schwarzhorn Klettersteig ist technisch nicht sehr anspruchsvoll, aber teils ausgesetzt. Im Gegensatz zum Tälli Klettersteig war hier das Klettersteigvergnügen leider recht kurz.
Wir erreichten wieder die saftigen, grünen Wiesen des Distelbodens; sahen aber immer noch keine Murmeltiere.
Auf selben Weg, wie wir gekommen waren, kehrten wir zur Seilbahnstation des First zurück und nahmen eine der Gondeln talwärts. Gerne wäre ich noch zum Bachalpsee gewandert aber das hätten wir zeitlich nicht mehr geschafft. Durch das späte Aufstehen fehlte uns hier heute leider die Zeit, denn die Seilbahn fuhr nur bis 17:30 Uhr.
So ging es mit der First-Bahn zurück nach Grindelwald und zu Fuß zu unserer Ferienwohnung in Grindelwald-Grund.
Ein toller Tag mit bestem Wetter für einen Klettersteig ging wieder zu Ende und so langsam neigte sich auch unser Urlaub dem Ende. Morgen hieß es bereits Abschied nehmen von den Bergen.
Gemütlich ließen wir den Abend auf dem Balkon ausklingen und genossen abermals den Sonnenuntergang, der die Bergspitzen in rotes Licht tauchte.