Ein herrlicher Wandermorgen erwartete uns auf der Fiescheralp. Spontan hatten wir gestern vom UNESCO-Höhenweg – eine alpine Tour vom Bettmerhorn über den Bettmergrat bis zur Bergstation Eggishorn gelesen und wollten diese Tour heute angehen. Trittsicherheit und Schwindelfreiheit sind unabdingbar. Ausgesetzte Stellen sind mit Drahtseilen versichert, ein Klettersteigset ist jedoch nicht notwendig. Der Höhenweg ist mit T4 auf der alpinen Wanderskala bewertet.
Der Himmel war blau und der Blick um 6 Uhr aus dem Fenster gab die Sicht bis aufs Matterhorn frei.
Wir frühstückten um kurz nach 8, packten den Rucksack und marschierten um 9 Uhr los. Während Marcel den Anstieg von der Fiescheralp bis zum Bettmerhorn zu Fuß zurücklegen wollte, nahm ich lieber die Seilbahn. 800 Höhenmeter waren mir doch ein wenig zu viel, wenn gleich noch der Grat folgen sollte.
Unsere Wege trennten sich daher an der Wegkreuzung. Marcel lief stramm bergauf zum Bettmerhorn und ich 4 Kilometer hinab bis zur Bettmeralp, von wo aus die Seilbahn hinauf zum Bettmerhorn fuhr.
Die Aussicht war fantastisch. Ein paar Wolken zogen jedoch bereits auf.
Nach einer knappen Stunde erreichte ich die Seilbahnstation Bettmeralp, kaufte das Ticket für 17,40 CHF (Rabatt durch die Touristenkarte) und fuhr mit der Seilbahn in knapp 10 Minuten zur Station Bettmerhorn. Marcel wartete bereits oben auf mich… Und da soll man motiviert sein, zu Fuß zu gehen 🤯.
Gemeinsam liefen wir zu einem Aussichtspunkt auf den grandiosen Aletschgletscher – immerhin mit 22,75 Kilometern Länge der längste Gletscher der Alpen.
Nach ein paar Fotos machten wir uns auf den Weg zum Einstieg der Grattour. Die weiß-blau-weiß markierte Route folgt zuerst dem Aufstieg zum Bettmerhorn auf 2.872 Metern Höhe. Für den Gipfelsturm sollten ca. 30 Minuten eingeplant werden.
Drahtseile und Metallgeländer helfen beim Aufstieg zum Gipfel.
Da vor uns bereits einige Leute unterwegs waren, mussten wir häufiger warten bzw. von vorne kommende Gipfelstürmer vorbeilassen.
Die Aussicht auf den Aletschgletscher und die Bergwelt war jedoch fantastiscch und so störte uns der Stau nicht allzu sehr.
Nach weitere drahtseilversicherten steilen Felspassagen erreichten wir nach einer guten halben Stunde das Gipfelkreuz des Bettmerhorns.
Für ein Foto und den Gipfelschnaps war es uns jedoch zu voll und so folgten wir der weiß-blau-weißen Markierung nach links und liefen relativ eben auf großen Felsblöcken entlang des UNESCO-Höhenweges. Das Abenteuer hatte begonnen.
Alsbald ließen wir die Menschenmassen hinter uns. Die meisten gingen zum Glück nur zum Gipfel und folgten nicht dem Höhenweg Richtung Eggishorn.
Immer wieder hüllten uns dicke Wolken in weißen Nebel. Das war allerdings immer nur sehr kurzweilig. Ein paar Minuten später war der Blick schon wieder frei.
Vor uns befanden sich einige Gratbegeher und auch hinter uns schlossen nun mehr Leute auf. Wir ließen uns davon nicht stressen und suchten zwischendurch ein paar Geocaches, die sich direkt auf dem Höhenweg befanden.
Das weglose Gelände auf dem Blockgestein brachte uns schnell vorwärts. Allerdings mussten wir auch häufig Leute überholen. Ich bin ja schon ein Schisser auf Grattouren aber manche Wanderer krochen bald auf allen Vieren über die Steine. Auf ein Pärchen hatten wir trotz Geocaches und Fotopausen dreimal aufgeschlossen.
Die Länge des Höhenweges beträgt ca. 3 Kilometer und man sollte für die Tour ca. 3 Stunden Zeit einplanen.
Enge oder ausgesetzte Passagen waren immer wieder mit Drahtseilen gesichert, so das man hier ohne Probleme aufsteigen konnte. Ab und an ist ein wenig Handeinsatz gefragt.
Eine schöne Gratwanderung, die jedoch an einigen Stellen Schwindelfreiheit erfordert. Der Grat wird allerdings nur sehr selten ganz schmal. Meist kann man über die Felsblöcke gut herwandern, ohne sich direkt im finalen Absturzgelände zu befinden.
Über Felsblöcke stiegen wir leicht bergan und genossen die Aussicht auf den Aletschgletscher, der sich heute von seiner besten Seite zeigte. Im Hintergrund gut zu erkennen sind Eiger und Mönch (am Ende des Gletschers links) sowie links im Bild das Aletschhorn (hoher, dreieckiger Gipfel). Steil abwärts gelangten wir in Serpentinen und mit großen Schritten zu einem Sattel. Auch hier ist immer ein Drahtseil zur Absicherung vorhanden.
Der finale Anstieg zum letzten Teil des Grates hatte es in sich. Zumindest was den Aufwärtsteil anging. Mit Händen an den Felsen gelangten wir durch schmale Felspassagen nach oben.
Hier endete der Weg und die dicken Felsbrocken luden zum Verweilen und Bestaunen des Aletschgletschers ein. Auch wir nahmen uns die Zeit für eine ausgiebige Rast.
Der Abstieg zur Elselicka erfolgte zuerst auf einem schottrigem Pfad, der kurze Zeit in steiles Blockgelände über ging.
An heiklen Stellen befindet sich auch hier wieder ein Drahtseil.
Mit meiner Sitzmethode kam ich an tiefen Passagen gut hinab. Der Weg vom Grat hinab führte uns zu einem weiteren Sattel.
Geradeaus wartete der finale Anstieg zur Bergstation des Eggishorn auf uns. Hier allerdings auf einem gut ausgebauten Wanderweg ohne Felsblöcke.
Wir nahmen uns noch einmal die Zeit und wanderten über eine Wiese zum Rand des Sattels und blickten auf den wunderschönen Gletscher.
In Kehren folgten wir dem steilen Pfad aufwärts.
Wir passierten eine breite Skipiste und erreichten nach ca. 5 Stunden die Bergstation und das Ausflugslokal Eggishorn. Wer will und die Fähigkeit hat, kann auch noch den Klettersteig ums Eggishorn inkludieren.
Wir wollten jedoch nach dem erfolgreichen Beenden der Gratwanderung hinab zum Märjelensee wandern.
Ein letztes Mal genossen wir den Blick auf den Aletschgletscher.
Den Weg zum Gipfel des Eggishorns sparten wir uns, da eine Massenwanderung und zahlreiche Menschen auf dem Gipfel nicht in unserem Interesse waren. Gerade im Zeitalter von Corona wollten wir Menschenmengen lieber vermeiden. Der Aufstieg ist jedoch sehr empfehlenswert, wie wir später erfahren haben, da man den gesamten Konkordiaplatz und auch die Jungfrau vom Gipfel des Eggishorns sehen kann.
Wir genehmigten uns noch ein kühles Getränk in der Horli Hitta und stiegen danach ab Richtung Märjela Gletscherstube.
Ein schmaler Fels-Geröll-Pfad, der kurz darauf in Blockgestein über ging, ließ uns schnell an Höhe verlieren. Der Blick auf das Oberaarhorn (3.641 m.ü.M.) und den Fieschergletscher – dem kleinen Bruder des großen Aletsch – fesselte uns abermals. Der Fieschergletscher ist der zweitlängste der Alpen aber sein Gletscherende liegt in einem schwer zugänglichen, tief eingeschnittenen Hochtal und ist nur über lange Wandertouren aus dem Tal zu erreichen.
An einem Abzweig auf ca. 2.600 Metern nahmen wir den linken Weg Richtung Tälligrat.
Eigentlich war der Weg wegen Steinschlaggefahr gesperrt aber die Umgehung hätte 45 Minuten länger gedauert und man hätte noch einmal 200 extra Höhenmeter gehen müssen. Da uns zahlreiche Leute entgegenkamen, bzw. in dieselbe Richtung wanderten, beschlossen auch wir es zu riskieren und das gefährdete Gebiet zügig zu durchqueren.
Der weglose Steinpfad brachte uns auf gleicher Höhe schnell aus dem blockhaltigen Gelände.
Wir erreichten einen Pfad zwischen Wiesen auf dem Schafe gemütlich grasten.
Von einem Platz, der wie ein Wendehammer aussah, hatten wir einen tollen Blick auf den Märjelensee. Auch ein Stück des Aletschgletschers lugte hervor.
Eine herrliche Aussicht auf die umliegende Bergwelt eröffnete sich uns und spiegelte sich in der großen Pfütze auf dem Platz.
Wir hielten kurz inne und folgten dann dem langen, steilen Abstieg zum Märjelensee.
Schnell verloren wir an Höhe und erreichten den schön gelegenen See inmitten der Bergwelt.
Der Märjelensee bzw. eigentlich die Märjelenseen sind ein Seensystem ab einer Höhe von 2302 Meter über dem Meeresspiegel.
Die verschiedenen kleinen Seen liegen in einer Senke zwischen dem Eggishorn (2927 m ü. M.) und dem Strahlhorn (3026,5 m ü. M.).
Wir wollten eigentlich gerne noch zum Gletscherand des Aletsch wandern und nahmen abzweigenden kleinen Pfad nach links an der Märjela Gletscherstube vorbei.
Leicht bergab liefen wir an den kleineren Seen vorbei und kamen dem Aletschgletscher immer näher.
Leider jedoch trübte das Bild; zum Rand des Gletschers hätten wir durch ein steiles Geröllfeld, auf dem ebenfalls vor Steinschlag gewarnt wurde, hinabgehen müssen. Zeitlich wurde uns das zu knapp, denn vom Märjelensee lagen noch gut 2 Stunden Wanderweg zur Fiescheralp vor uns und die Seilbahnfahrt ins Tal. Marcel war sich zwar fast sicher, dass die Seilbahn bis 21:30 Uhr fuhr aber wir wollten auch nichts risikieren. Und ins Tal nach Fiesch hinabzusteigen hatte ich bei den ganzen Höhenmetern heute keine Lust mehr.
So genossen wir ein letztes Mal den Blick auf das Gletschereis und schritten nun leicht bergauf auf demselben Weg zurück zur Gletscherstube Märjelen. Übrigens kann man hier auch übernachten.
Anstatt außen rum um den See zur Fiescheralp zu wandern (ca. 2,5 Std) nahmen wir, wie zahlreiche Wanderer auch, den Tällitunnel. Dieser wurde beim Bau des Märjelen-Stausees angelegt und ist heute als Wanderweg nutzbar. Ca. 25. Minuten dauert der Fußweg durch den breiten, aber recht dünn beleuchtetem Tunnel.
Wer den Weg durch den Tunnel wählt, verkürzt die Wanderzeit zur Fiescheralp um ca. eine Stunde.
Wir erreichten das Tällital und genossen die Fernsicht.
Ein breiter Schotterweg brachte uns sanft hinab zur Fiescheralp. Da man kaum an Höhenmetern verliert, muss man einige Kilometer an Strecke zurücklegen. Uns kam der Weg elends lange vor.
An der Fiescheralp angekommen, holte Marcel unser Gepäck beim Hotel ab und wir fuhren mit der Seilbahn hinab nach Fiesch.
Unsere Unterkunft für die kommende Nacht war die Ferienwohnung „Haus Wiedersehn“ in Blitzingen. Nur knapp 10 Minuten Fahrt trennten uns von der Unterkunft.
Wir wurden freundlich empfangen und die Dame des Hauses zeigte uns die großzügige Ferienwohnung. Unsere anfänglichen Bedenken, dass man eventuell die Hauptstraße zum Grimselpass stark hören könnte, wurden direkt verstreut. Die Wohnung lag an der von der Straße abgewandten Seite. Sogar eine Terrasse konnten wir nutzen.
Immer wieder positiv beeindruckt waren wir von den herzlichen Empfängen in Hotels oder Ferienwohnungen. Die Schweizer sind ein unheimlich freundliches Volk. Nie haben wir Grisgrame oder Leute getroffen, die uns ihre Unlust zu spüren ließen. Ja selbst die Busfahrer sind hier super nett und sympathisch. Das ist in Deutschland definitiv häufig anders.
Marcel bereitete das Abendessen zu und wir nahmen die Mahlzeit auf der Terrasse zu uns. Beim Blumen gießen kamen wir mit der Vermieterin ins Quatschen, die sich noch ein wenig zu uns gesellte. Ein aufregender Tag mit vielen Eindrücken neigte sich dem Ende.