Nach den doch recht anstrengenden, vergangenen Tagen wollten wir es heute ein wenig entspannter angehen lassen. Daher hatte ich eine Höhenwanderung von der Bettmeralp zum Aletschwald und zurück über die Riederalp herausgesucht. Höhenmeter muss man allerdings in der Schweiz dennoch zurücklegen und so standen für die heutige Tour ca. 600 Höhenmeter auf dem Plan. Allerdings hatte ich auch geplant, von der Fiescheralp hinab nach Fiesch zu fahren, weiter nach Betten und von hier mit der Seilbahn hinauf zur Bettmeralp. Fiescheralp und Bettmeralp liegen jedoch nur 4 Kilometer auseinander und so verzichteten wir auf die umständliche Hinab- und Hinauffahrerei und starteten direkt am Hotel Jungfrau.
Der frühmorgendliche Blick aus dem Fenster war noch recht verheißungsvoll. In der Ferne waren die 4000er und sogar das Matterhorn zu erkennen. Da das Frühstück erst um 8 Uhr startete, machte es keinen Sinn schon so früh aufzustehen.
So legten wir uns noch bis 7:30 Uhr hin, standen auf und blickten erneut aus dem Fenster. Die Wolken aus dem Tal wurden leider dichter und die Sicht auf das Eggishorn und das Bettmerhorn waren jetzt schon nicht mehr gegeben. Wir hofften, dass es nicht noch zu regnen begann.
Da der Blick vom Frühstücksraum nur das Weiß und Grau der Wolken beinhaltete, ließen wir uns Zeit und warteten ab, ob sich das Wetter besserte. Marcel hatte den Tag schon abgeschrieben.
Gegen 10 Uhr klarte es zumindest zeitweise ein wenig auf und wir beschlossen die Regenjacke einzupacken und einfach mal loszuwandern.
Wir folgten dem breiten Schotterweg hinauf Richtung Bettmerhorn. Wir hatten zwar keinen GPS-Track, wussten aber dank vorherigem Blick auf die Karte, welche Punkte wir ansteuern mussten, um zum eigentlichen GPS-Track oberhalb des Bettmersees zu gelangen.
Statt geradeaus weiterzulaufen, bogen wir nach links ab und wanderten mit der Höhe Richtung Schönbiel/Blausee.
Ein schmaler, ausgetretener Pfad brachte uns hinab zum Schonbodensee.
Weiter bergab führte uns der Weg an der Bättmer-Hitta vorbei auf den Murmeltierpfad.
Wieder einmal konnten wir einen Transportflug eines Helikopters beobachten. Er flog irgendwelche Metallteile in die Nähe der Felsen zum Bettmerhorn. Immer wieder spannend anzusehen, wie zielgenau und schnurgerade die Helikopter in der Luft stehen. Im nächsten Leben werde ich auch Helikopterpilot in der Schweiz.
Wir verloren Höhenmeter an Höhenmeter und wussten, der nächste Anstieg kommt bestimmt.
Unterhalb unseres Wanderpfades entdeckten wir bereits den Bettmersee (2.006 m.ü.M.). Ganz bis zu diesem hinab sollte es allerdings nicht gehen.
Wir betraten eine Kuhweide und passierten ein paar faule Kühe am Wegesrand.
Auf dem Murmeltierpfad gelangten wir weiter hinab zu einem Wegschild auf 2.139m. Diesem folgten wir nach links Richtung Moosfluh. Ab hier verlief nun unser GPS-Track, den wir bei outdooractive heruntergeladen hatten.
Ab jetzt hieß es: Auf geht´s. Und zwar ordentlich. Der steile Pfad wand sich für ca. 600 Meter in Serpentinen hinauf bis zu einer Anhöhe auf 2.285 Metern Höhe.
Oben wartete ein grandioser Anblick auf den Großen Aletschgletscher auf uns. Wir hatten uns aufgrund der Wolken noch Sorgen gemacht, ob wir den längsten Gletscher der Alpen überhaupt zu Gesicht bekamen. Und da war er nun.
Wie eine Straße verlief der breite Gletscher mit seinen charakteristischen Mittelmoränen (die dunklen Streifen in der Mitte) zwischen den mächtigen Felswänden her. Die Mittelmoränen trennen das Eis der drei Hauptfirne voneinander. Die westliche Mittelmoräne wird auch Kranzbergmoräne genannt, die östliche trägt den Namen Trugbergmoräne.
Der Ursprung des Grossen Aletschgletschers liegt in der rund 3.800 m hoch gelegenen Jungfrau-Region. Am Konkordiaplatz, einer 6 km² grossen und nur wenig geneigten Eisfläche, fliessen drei mächtige Firnströme (Aletschfirn, Jungfraufirn und das Ewigschneefeld) zusammen.
Ein wahrhaft beeindruckender Anblick. Wir legten eine Pause mit Aussicht ein und hofften, dass es trocken blieb.
Wir folgten dem Panoramaweg, auf dem sich zahlreiche kleine Seen befinden.
Den Blick zurück nicht vergessen, denn der Aletschgletscher ist immer noch der Hauptakteur auf der Wanderung.
Vom Panoramaweg wanderten wir entlang eines kaum erkennbaren Pfades etwas tiefer auf den Oberen Aletschweg. Nichtwissend, dass dieses Gebiet aufgrund von Erdrutschgefahr gesperrt war!
Und so brachte uns der schmale Pfad auf gleicher Höhe immer weiter Richtung Aletschwald. Ich war zwar die ganze Zeit sehr verwundert, warum uns nicht ein Mensch entgegenkam aber bei dem Wetter waren vielleicht einfach nicht viele Leute unterwegs.
Wir genossen die Aussicht und die Abgeschiedenheit.
Der Grosse Aletschgletscher weist übrigens beachtliche Eisdicken auf. Am Konkordiaplatz hat der Gletscher eine Eisdicke von mehr als 900 Metern, gegen Süden nimmt die Mächtigkeit des Eises allmählich auf rund 150 m ab.
Die ersten Bäume des Aletschwaldes kamen in unser Sichtfeld. Hier stehen über 600 Jahre alte Arven und Lärchen.
An einer Wegkreuzung mit einem umgekippten Schild hätten wir uns schon Gedanken über den Weg machen müssen, spätestens aber als wir in eine Zone gelangten, in der tatsächlich ein Erdrutsch abgegangen und der Weg nicht mehr vorhanden war.
Da wir jedoch nicht den gesamten Weg wieder zurückgehen wollten, riskierten wir es und liefen schnellen Schrittes aus der Gefahrenzone. Ein mulmiges Gefühl blieb.
Zum Glück gelangten wir zurück auf einen erkennbaren Pfad und folgten dem GPS-Track weiter durch den Wald. Der Vorteil war, dass wir zahlreiche Vögel wie den auffälligen Tannenhäher entdeckten. Auch das Birkhuhn soll sich im Aletschwald wohl fühlen, blieb aber lieber im Verborgenen.
Der Obere Aletschweg brachte uns zum Glück irgendwann zurück auf den eigentlichen Hauptweg. Hier befand sich übrigens auch ein Warnschild, dass auf die Gefahr der erhöhten geologischen Tätigkeit seit 2016 in diesem Gebiet hinwies. Warum hatten wir das Schild am Anfang des Weges nicht gesehen? Also unbedingt bei der Wanderung auf dem Panoramaweg bleiben und nicht weiter hinab gehen!
Wir überlegten kurz, noch tiefer in den Aletschwald vorzudringen aber die Höhenmeter, die wir dann verloren hätten, hätten wir auch wieder hinauf gehen müssen und die heutige Weglänge war auch nicht zu verachten. So ließen wir davon ab und folgten der Wegbeschilderung Richtung Riederfurka/Riederalp.
Der Aletschgletscher verschwand so langsam aus unserem Blickfeld und der Wanderpfad wand sich weiter durch den schönen Wald.
Vorbei an idyllischen, alten Bäumen und den mächtigen Arven trat das Hotel Riederfurka auf der Riederfurka in unser Sichtfeld.
Das hier befindliche Pro Natura Zentrum Aletsch in der Villa Cassel informiert ausführlich über den Aletschwald. Das Haus verdankt seinem dem englischen Bankier Ernest Cassel, der das Fachwerkschlösschen Anfang des 20. Jahrhunderts als Sommerresidenz errichten ließ.
Von einem Besuch sahen wir jedoch aufgrund der mittlerweile erreichten Tageszeit ab. Wir befanden uns am weitesten Punkt unserer Wanderung. Ab jetzt ging es zurück zur Fiescheralp. Doch bis dahin lagen noch gute 10 Kilometer Fußmarsch vor uns.
Oberhalb der Riederalp folgten wir dem Höhenweg Richtung Bettmeralp.
Wir passierten einen kleinen See und marschierten auf dem schmalen Pfad leicht aufwärts.
Steil bergauf gelangten wir zur Gopplerlücke. Eine Bank am Kreuz markiert den höchsten Punkt. Von hier kann man weite Blicke nach rechts und links genießen. Den Cache konnten wir leider nicht suchen, da die Bank besetzt war.
Die Bettmeralp und das Bettmerhorn im Blickfeld wanderten wir weiter.
Nach einem langen Abstieg zum Bettmersee nutzten wir das schöne Wetter und legten auf einer Bank eine Rast ein. Ich war froh, endlich mal die schweren Wanderschuhe ausziehen zu können, denn meine Füße schmerzten ordentlich.
Der letzte und anstrengende Anstieg zur Fiescheralp lag nun vor uns. Auf dem Murmeltierpfad gelangten wir höher und höher.
Am Abzweig von heute Morgen folgten wir den Schildern Richtung Fiescheralp, denn unser GPS-Track endete dort, wo er begannen hatte und die Runde schloss sich. Nicht jedoch unser Rückweg von gut 4 Kilometern.
Wir gewannen schnell an Höhe und wanderten über eine Kuhwiese mit Eringerrindern weiter bergauf.
Ich war froh als der finale Anstieg bis zu Anhöhe oberhalb des Schonbodensees überwunden war und es ab jetzt nur noch bergab zum Hotel Jungfrau ging.
20 Kilometer und weit mehr als 600 Höhenmeter hatten wir an unserem sogenannten Entspannungstag erwandert und ich war froh, endlich die Schuhe ausziehen und im Bett liegen zu können.