Unser erster Klettersteig im Schweiz-Urlaub führte uns heute bei bestem Sommerwetter auf das 3.142 Meter hohe Mittaghorn. Der Klettersteig ist mit K2-K3 (B-C) bewertet und gilt als mittelschwer. Der bestens gesicherte Steig ist ideal für Einsteiger, die über Trittsicherheit und etwas Bergerfahrung verfügen. Insgesamt verlangen vier Passagen entlang der Gratroute kräftigeren Einsatz der Arme. Der Abstieg erfolgt über die schrofige Ostflanke auf einem sehr gut markierten Weg (Normalroute, weiß-blau-weiß markiert).
Die Gesamtzeit des Klettersteigs ist mit 4¼ Stunden angegeben (Seilbahnstation bis Einstieg ca. 1 Stunde, Klettersteig 1¾ Stunden, Mittaghorn bis Plattjen 1,5 Stunden). Im Sommer ist die Gondelbahn von Plattjen nicht in Betrieb, so dass sich durch den Abstieg nach Saas-Fee oder Saas-Almagell die Gesamtzeit um ca. 1,5 bis 2 Stunden verlängert.
Da wir uns am Klettersteig Zeit lassen wollten und die Tour ohne Pausen rund 6 Stunden dauert, fuhren wir mit dem Postbus bereits um 06:30 Uhr von Saas-Almagell nach Saas-Fee. In Saas-Grund mussten wir einmal umsteigen. Die Fahrpläne sind jedoch so getaktet, dass man maximal fünf Minuten auf den anderen Bus warten muss. Die Fahrkarten für die Nutzung der Postbusse im Saastal sind in der Saastal-Card bereits inkludiert.
Marcel hatte sich für Klettersteige und Bergtouren extra einen Clip für die Spiegelreflex besorgt, die er damit einfach vorne am Rucksack anbringen konnte. Ich hingegen hatte mir dieses Jahr eine GoPro gekauft, die heute auf dem Klettersteig mal so richtig ihre Handhabe zeigen konnte. Allerdings sei soviel vorab verraten; die Videos sind top aber die Fotos kommen nicht annähernd an die einer DSLR ran, da sich mit der GoPro nur mit Blende 2,8 fotografieren lässt und Landschaftsaufnahmen dadurch nicht wirklich schön aussehen.
Zu Fuß liefen wir am frühen Morgen durch die leeren Straßen von Saas-Fee und genossen den wolkenfreien Blick auf die hohen 4000er.
Mit dem Alpin Express fuhren wir mit zig Skifahrern und Bergsteigern zur Seilbahnstation Morenia (2.575 m.ü.M.).
Wir verließen als einzige die Seilbahnstation und begaben uns am Ausgang links herum zum Einstieg des Klettersteigs (ca. 1 Stunde).
Der blauen Beschilderung „Klettersteig“ folgend, stiegen wir über die Endmoräne des Feegletschers aufwärts.
Über Blockgelände ging es in stetigen Auf und Ab unter dem Egginer weiter.
Zum Eingewöhnen kraxelten wir entlang eines Drahtseils die ersten paar Meter auf einem schmalen Graspfad aufwärts (Schwierigkeit A). Da wir nicht wussten, wie schwer oder lang das Teilstück werden würde, zogen wir bereits hier die Klettersteigmontur an und setzten unseren Helm auf. Warum soll man die Ausrüstung nicht nutzen, wenn man sie schon mitschleppt. Unbedingt notwendig ist die Sicherung hier noch nicht. Für uns hatte sie eher psychologischen Charakter. Aber Achtung: Links geht´s steil bergab. Trittsicher sollte man daher hier schon sein.
Oberhalb der kurzen aber steilen Passage gelangten wir wieder auf einen normalen Pfad und folgten den Wandermarkierungen in Richtung des eigentlichen Einstiegs zum Klettersteig.
Blockgelände und Graspfade wechselten sich ab und nach ca. einer Stunde gelangten wir zur nächsten Drahtseilversicherung (Schwierigkeit A). Wir klinkten uns ein und stiegen über eine feuchte Mischung aus Gestein und Erde aufwärts. Links ging es steil hinab. Wer also auch hier nicht absolut sicher im Gelände ist, sollte das Klettersteigset nutzen.
Die kurze gesicherte Passage (A) führte uns steil hinauf zum Gemsrigg mit der Walliser Flagge (ca. 2.680m). Ab hier beginnt die Gratroute entlang des Nordwestgrat des Mittaghorns.
Bevor Eisen und Drahtseil den Weiterweg ebneten, mussten wir jedoch einen strengen Aufstieg ohne Seilsicherung auf dem Kamm nach Südosten auf uns nehmen. Eine Spur zeigte uns den Weg nach oben.
Der Ausblick auf die Bergwelt war umwerfend. Alphubel, Täschhorn, Dom, Lenzspitze und Nadelhorn gaben sich die Ehre.
In der Ferne konnten wir den markanten Gipfel des Bietschhorns (3.934 m ü. M.) erkennen. Mit seiner symmetrischen Form ist das Bietschhorn für mich ein Berg, wie er im Buche steht.
Auch das Allalinhorn und der Feechopf gelangten in unser Blickfeld. Mit ein wenig Wetterglück würden wir in den nächsten Tagen den Aufstieg zum 4.027 m ü. M. hohen Gipfel des Allalinhorns wagen.
Der längere Zustieg über den breiten Grat und die Höhe schlauchten uns und wir waren froh als hinter einem dicken Steinmann der nun abschnittweise gesicherte Weg zum richtigen Klettersteig begann.
Auf griffigem Fels ging es aufwärts zur ersten Seilsicherung.
Der gut gesicherte aber nicht überversicherte Klettersteig führte uns in der steinigen Wand nach oben (Schwierigkeit meist A, an einigen Stellen B). Da wir uns recht lang für Fotos, Videos und Zwischendurch-die-Aussicht-genießen genommen hatten, folgten uns schon die ersten weiteren Klettersteiggeher.
An einer geeigneten Stelle ließen wir die beiden passieren und nutzten die Stelle für eine kleine Rast und den Blick auf die weitere Route. Die Aussicht war einfach traumhaft.
Wir kraxelten am Grat und teilweise über große Blöcke weiter aufwärts (Schwierigkeit A/B).
An einigen Stellen war das Metallseil etwas hinderlich, da es sehr locker war und hatte daher eher psychologischen Charakter. Aber mir hilft es tatsächlich kopfmäßig zu wissen, dass ich nicht abstürzen kann, auch wenn ich manchmal meine Arme soweit strecken musste, um das Klettersteigset in den nächsten Metallseilabschnitt einklinken zu können.
An einer nach rechts abfallenden Passage führte uns der Klettersteig um den Grat herum. Die Wegfindung war für mich hier persönlich besonders am Ende sehr herausfordernd, da die Wand an einigen Stellen recht glatt war und ich viel zu nah am Seil war, um mich noch anständig daran festhalten zu können. Aber zum Glück ist der Fels sehr griffig und man konnte diesen häufig besser nutzen als das Seil. Ich war aber froh, als ich am Ende der Platten auf normales Blockgelände traf (Schwierigkeit B).
Mit den Händen am Fels kletterten wir weiter aufwärts (Schwierigkeit A).
Eine kurze senkrechte Passage erwies sich als erste kleine Eignungsprüfung. Die Tritte und Griffe für die Hände sind direkt im Fels zu suchen, da das Metallseil sehr locker ist. Die Tritte für die Füße sind jedoch sehr komfortabel (Schwierigkeit B).
Entlang eines leichten, gerade verlaufenden Teilstücks (Schwierigkeit A), gelangten wir zu einer weiteren Schlüsselstelle, auf der nun die Schwindelfreiheit getestet wurde.
Die sehr exponierte Passage verläuft hoch über dem Karboden über Metallstifte und Eisenbügel an der glatten Wand entlang (Schwierigkeit B/C).
Etwa auf der Hälfte der Strecke muss man den Metallstiften um die Ecke folgen. Hier ist Armkraft gefragt.
Am Ende folgt ein kurzer Aufschwung über den Fels auf das Gamsplateau, bei dem nochmal die Muckis herhalten müssen. Dafür sind die Tief- und Weitblicke aber grandios. Auch wenn das für mich immer eine echte mentale Herausforderung ist.
Über griffiges Blockgelände stiegen wir entlang des Grats weiter aufwärts (Schwierigkeit A/B).
Metallstifte halfen über kurze, glatte Felsblöcke hinweg (Schwierigkeit A/B).
Wir gelangten zu einer steilen Platte, die wir entlang einer schmalen Felsschuppe bestiegen (Schwierigkeit B). Marcels Fuß verklemmte sich in der engen Rinne und er musste ein paar Schritte zurück steigen, um seinen Schuh befreien zu können. Ist für mich als Nachsteigender immer ein zusätlicher Adrenalinschub, da ich am Anfang gar nicht genau weiß, was er da für ein Problem hatte. Ich balancierte auf der schmalen Rippe, um der Gefahr des Festklemmens aus dem Weg zu gehen.
Den Ausblick genießend, gelangten wir nun zum steilen Finale des Klettersteig.
Entlang der wirklich glatten und imposanten Gipfelwand ging es über 21 Eisenklammern und ein gutes Dutzend Metallstifte luftig in die Höhe (Schwierigkeit B/C) .
Auf dem Plateau angekommen lagen nur noch ein paar Klettermeter bis zum Gipfel vor uns (Schwierigkeit A/B).
In Stufen kraxelten wir über die letzten Felsblöcke, die an einigen Stellen mit Klammern und Stiften entschärft waren, aufwärts zum Gipfelkreuz des Mittaghorn (3.143 m.ü.M.), den wir nach insgesamt ca. 3 Stunden erreichten.
Oben angekommen erwartete uns ein wirklich grandioser Ausblick auf die Berge und Gletscher des Saastals. Nicht nur die 4000er Allalinhorn, Alphubel, Dom & Co. waren zu sehen, sondern auch Weissmies und Lagginhorn.
Ebenso bewunderten wir die formschöne Felspyramide des Bietschhorns.
Blickfang im Süden war der türkisschimmernde Mattmark-Stausee.
Wir legten eine ausgiebige Rast ein und genossen bei herrlichstem Wetter den 360-Grad-Panoramablick. Das Mittaghorn ist ein bemerkenswerter Aussichtsgipfel auf über 3000 Meter Höhe.
Irgendwann wurde es trotz Sonne auf 3.000 Metern Höhe kühl und wir beschlossen, Abschied von der Aussicht zu nehmen und nach Plattjen abzusteigen (ca. 1,5 Stunden, T4).
Das gut begehbare aber steile Weglein schlängelte sich in Serpentinen in die Tiefe.
Geröll und Erde wechselten sich ab und wir verloren schnell an Höhe. Wanderstöcke können hier für den Abstieg sehr hilfreich sein, da es zu Beginn noch recht steil bergab geht.
Mit Blick auf den Mattmarkstausee stiegen wir weiter ab.
Am Wegesrand entdeckten wir unser erstes Edelweiß in diesem Jahr.
Der schmale Pfad brachte uns zu einer Wegkreuzung, an der es nach rechts zur Britanniahütte ging und nach links zur Bergstation Plattjen.
Wir folgten dem Weg links herum und wanderten auf einem weiß-rot-weißen Wanderweg nur ganz leicht ansteigend zur Seilbahnstation.
Über gut begehbares Blockgelände liefen wir fast ebenmäßig weiter, bis wir die weite Hochebene und Plattjen auf 2.571 m.ü.M. erreichten.
Da der Sessellift im Sommer leider nicht fährt, mussten wir weitere 900 Höhenmeter bis nach Saas-Almagell absteigen. Doch vorher legten wir eine ausgiebige Mittagspause ein. Die Füße wollten endlich raus aus den Schuhen.
Nach ca. einer Stunde wurde es Zeit und wir liefen auf einem ausgewaschenen, breiten Weg abwärts zum Berghaus Plattjen. Bis Saas-Almagell lagen ca. 1,5 Stunden vor uns.
Mittlerweile waren einige Wolken aufgezogen, die die Gipfel der 4000er bereits eingehüllt hatten. Die Aussicht ins Tal war jedoch nicht minder beeindruckend.
An einer Weggabelung folgten wir den Schildern nach rechts und liefen mit der Höhe auf einem breiten Weg weiter.
Der schöne Wanderweg brachte uns mit Fernblicken abwärts zur Baumgrenze.
Auf ca. 2.260 Metern Höhe erreichten wir einen Abzweig, dem wir weiter nach Saas Almagell folgten.
Blockgelände und Wanderpfad wechselten sich ab und je tiefer wir kamen, desto mehr Heidelbeeren entdeckten wir am Wegesrand.
Da wir zur perfekten Erntezeit hier waren, ließen wir es uns nicht nehmen, ein paar der süßen, kleinen Früchte auf dem Abstieg zu essen.
Das Bietschhorn im Blick folgten wir dem Pfad zwischen den Heidelbeersträuchern weiter leicht abwärts. Viele Höhenmeter hatten wir noch nicht verloren und so waren wir gespannt, wann es etwas steiler abwärts ging.
Der abwechslungsreiche Abstieg führte uns mal durch lichten Wald und mal durch eine offene Landschaft immer weiter in Richtung Saas Almagell.
Durch eine ausladende Linkskurve verloren wir nie richtig steil an Höhe, sondern konnten gemütlich ins Tal absteigen.
Meter um Meter gelangten wir tiefer und konnten vom Hang des Berges einen ersten Blick auf Saas-Almagell werfen.
Über eine Kuhweide und vorbei an drei neugierigen Eseln erreichten wir das Ende des Wanderwegs und liefen durch die Ortschaft zu unserer Ferienwohnung, die wir gegen 16:30 Uhr erreichten.
Zum Abschluss habe ich noch ein komplettes Video mit Einstieg zum Klettersteig, dem Klettersteig selbst und dem Abstieg nach Saas Almagell via Plattjen erstellt. Viel Spaß 😊.