Die zwei Flachlandtiroler wollten sich heute dem Hausberg von Saas Almagell widmen. Der Aufstieg auf das 3.326 Meter hohe Almagellerhorn verläuft über einen kleinen, leichten Klettersteig und später über Geröll- und Blockgelände mit zum Teil Kletterstellen im 1. und 2. Schwierigkeitsgrad (Bewertung auf SAC-Skala: T4). Die Tour ist von der Bergstation Heidbodme nicht direkt ausgeschildert. Am Berg selbst, dienen die weiß-blau-weißen Markierungen als Orientierungshilfe. Aber Vorsicht beim Abstieg: Hier sind die Markierungen nicht immer direkt zu erkennen.
Wer nicht aus dem Tal aufsteigen möchte, kann von Saas Almagell mit dem Sessellift nach Furggstalden fahren und nach einem kurzen Fußmarsch bergab (ca. 70 Höhenmeter) zu einem weiteren Sessellift hinabwandern, der zur Station Heidbodme fährt – dem Startpunkt der Tour.
Da der Sessellift von Saas Almagell seinen Betrieb erst um 09:00 Uhr aufnahm, konnten wir ausschlafen und in Ruhe frühstücken. Wir nahmen den Start in den Tag allerdings etwas zu ruhig und kamen erst um 10:00 Uhr von unserer Ferienwohnung los. Die Station des Sessellifts nach Furggstalden war nur wenige Gehminuten entfernt und so saßen wir wenig später schon im Lift nach oben.
In der Hauptsaison (03.07.-29.08.) fährt der Sessellift von 09:00-12:15 Uhr und von 13:30-16:30 Uhr. Mit der Saastal-Card ist die Fahrt im Sommer kostenlos.
Ca. 5 Minuten später hatten wir Furggstalden (1.901 Meter über N.N.) erreicht und folgten den Schildern zum Sessellift nach Heidbodme. Das freundliche Personal half uns übrigens bei jedem Ein- und Ausstieg.
Die Fahrt nach Heidbodme dauerte ca. 20 Minuten. Die Fahrtzeit sollte man bereits für den Rückweg einplanen, wenn man nicht zu Fuß nach Saas Almagell absteigen möchte.
Die Station Heidbodme befindet sich auf ca. 2.320 m.ü.M. Die Tour aufs Almagellerhorn startet von hier.
Auf den Wanderschildern wird man allerdings keinen Hinweis auf das Almagellerhorn finden, sondern nur die weiß-rot-weiße Tour zum Panoramablick (ca. 55 Minuten von Heidbodme) und das Hinweisschild eines Alpinwanderwegs.
Vorbei am herrlich gelegenen Bergrestaurant, dass schon zur Einkehr einlud, folgten wir dem einzig erkennbaren Weg.
Der schöne Wanderpfad schlängelte sich am Berg in weiten Serpentinen aufwärts.
Wir konnten bereits von hier schon grandiose Blicke auf die Walliser Alpen (Rimpfischhorn, Adlerhorn, Allalinhorn, Alphubel, Täschhorn, Dom, Nadelhorn etc.) sowie auf das Sonnighorn und die Bergwelt der Penniner Alpen an der schweizerisch-italienischen Grenze genießen.
Über einige Treppenstufen führte der Weg weiter aufwärts. Wir überholten eine weitere Wandergruppe aus dem Schwarzwald, die auch auf das Almagellerhorn wollten.
Das herrliche Wanderwetter versüßte uns den Tag und ließ den Aufstieg etwas leichter fallen. Man kann ja quasi zum Luft holen immer anhalten und die Aussicht genießen 😁.
An einem Abzweig auf ca. 2.600 Metern folgten wir dem Wanderweg nach links zum Panoramaplatz und stiegen über Stufen bergauf. Nach rechts kann man dem Höhenweg zum Antronapass über die Jazzilücke und mit Abstieg zum Mattmarksee folgen.
Auf schmalen Pfaden wanderten wir weiter aufwärts.
Nach ca. einer Stunde erreichten wir gegen 11:30 Uhr den Panoramaplatz (ca. 2.700 Meter über N.N.), auf dem die rot-weiße Walliser Flagge im leichten Wind wehte.
Hier begann nun auch der alpine Wanderweg inkl. kleinem Klettersteig auf das Almagellerhorn.
Der Klettersteig ist mit A-B bewertet (K1-K2) und für geübte Geher auch ohne Klettersteigset zu begehen. Jedoch sollte man sich seinem Tun hier sehr sicher sein.
Gut 300 Höhenmeter von den verbleibenden knapp 1.000 hatten wir bereits zurückgelegt. Unwahrscheinlich, dass wir den Gipfel erreichen würden, ohne auf den Sessellift ins Tal verzichten zu wollen. Aber wir wollten mal schauen, wie weit wir kamen und wie die Wegbeschaffenheit war.
Der Aufstieg von Heidbodme bis zum Gipfel ist mit ca. 3 Stunden angegeben.
Wir legten unser Klettersteigset an, zogen den Helm an und klinkten uns ein. Für uns das bessere Gefühl und warum soll man sich nicht sichern, wenn es die Möglichkeit gibt?
Über Felsgelände folgten wir dem Stahlseil kurz aufwärts, bis wir erdiges Gehgelände erreichten (Schwierigkeit A/B). Das Stahlseil ist teilweise sehr locker und man kann besser den Fels als Halt wählen und das Seil nur als mentale Sicherheit.
An einigen Stellen war der Verlauf des Stahlseils nicht optimal, sondern verlief viel höher als die erkennbare Spur. Das Ausklinken der Karabiner war daher gerade für mich nicht einfach, da ich kaum noch an das Stahlseil drankam.
Über Stahlpinne und kleine Eisenbügel stiegen wir eine glatte Platte hinauf (Schwierigkeit B).
Wir erreichten erneut erdiges Gehgelände. Für diesen kurzen Teil klinkten wir uns allerdings nicht aus, sondern ließen das Klettersteigset einfach mitlaufen. Gerade bei den steileren und exponierten Fels-Wiesen-Passagen fühlten wir uns mit Selbstsicherung wohler (Schwierigkeit A).
Ein weiterer steiler Felsaufstieg über Eisenbügel erwartete uns, an dessen Ende ein schmaler Felsvorsprung die Rucksackträger etwas behindern kann (Schlüsselstelle B/C). Marcel quetschte sich seitlich an dem Vorsprung vorbei. Der Fels bot genügend Grifffestigkeit.
Über ein schmales Band gelangten wir stahlseilgesichert weiter aufwärts (Schwierigkeit B) und erreichten kurze Zeit später über grasiges Gelände bereits das Ende des Klettersteigs (Schwierigkeit A).
Insgesamt hatte der drahtseilversicherte Aufstieg über die felsige Rippe (ca. 120 Höhenmeter) ungefähr 30 Minuten gedauert.
Nach Überwinden des kleinen Steiges begann das eigentliche hochalpine Wandern. Blockkletterei wechselte mit grasig-erdigem Wandergelände ab.
Die weiß-blau-weißen Markierungen halfen uns bei der Orientierung, denn häufig mussten wir uns die richtige Spur durch das schrofig-felsige Gelände selbst suchen.
Das Felsgelände wurde steiler und die Blöcke größer. Das Almagellerhorn war doch anspruchsvoller als ich von der vorherigen Internetrecherche erwartet hatte.
Wir holten einen Mann ein, der sich in dem Gelände sehr unsicher vorwärts bewegte und wir beschlossen daher, nicht hinter ihm her zu gehen, sondern über Blockgestein außen herum. Der Weg über die Blöcke war auch viel besser zu gehen als die ausgetretene Spur aus Gras und Erde.
Mal links und mal rechtsherum gelangten wir weiter aufwärts. Aussicht genießen nicht vergessen 🙃.
Je näher wir der Südwestflanke kamen, umso mehr wurden das Geröll und das Blockgelände unangenehmer für mich und ich fühlte mich an dem zum Teil finalen Absturzgelände nicht sonderlich wohl. An einer geeigneten Stelle auf ca. 2.900 Metern beschloss ich daher, dass der Gipfel auf das Almagellerhorn für mich nicht erreichbar war. Einerseits warteten noch einige Kletterstellen (bis II) im Gipfelbereich auf uns und andererseits musste ich das auch alles wieder absteigen, denn die Aufstiegsroute ist gleich der Abstiegsroute. Da mir der Aufstieg schon nicht sehr geheuer erschien, wusste ich, wie der Abstieg werden würde. Außerdem wurde es jetzt schon zeitlich knapp mit der letzten Sesselbahnfahrt um 16:00 Uhr.
Ich sagte Marcel daher, dass ich sehr gerne hier auf ihn warten würde. Ich hatte einen herrlich platten Sitzstein gefunden und mit Fleecepullover war es in der Sonne auf ca. 3.000 Meter Höhe auch angenehm warm.
Marcel wollte daher schauen, ob er die letzten ca. 300 Höhenmeter zum Gipfel noch schaffen würde. Er war eh viel flotter unterwegs als ich und ich war gespannt, ob er das Gipfelkreuz erreichen würde.
Während ich den wunderschönen Ausblick auf die Berge genoss, kam Marcel nach ca. einer Stunde zurück. Ohne Gipfelerfolg. Er erzählte mir, dass man über zahlreiche Stufen und Bänder immer näher an den Grat herankam. Irgendwann stand er vor einem ca. 3 Meter hohen Felsturm, den es zu überwinden galt (Kletterstelle II). Dies war ihm alleine auf nicht geheuer und daher hatte er an dem Geröllturm kehrt gemacht.
Die Orientierung anhand der weiß-blau-weißen Markierungen war beim Abstieg jedoch schwierig, da man die Markierungen von oben teilweise gar nicht sehen konnte. Es war also eher ein glücklicher Zufall, dass er knapp unterhalb der Stelle auskam, an der ich rastete.
Dann hieß es „ab nach unten“. Über das Blockgelände hangelte ich mich langsam abwärts. Schön war der Weg jetzt für mich nicht.
Alle Sinne waren geschärft und für mich hieß es „bloß nicht abrutschen“.
Wir stiegen die steilen Platten und die unangenehmen Geröllfelder nach unten und ich war unendlich froh als ich den Einstieg des Klettersteigs erreicht hatte.
Am Anfang hatte ich mir eher Gedanken um das Absteigen des Klettersteigs gemacht (auch nicht gerade meine Lieblingsdisziplin) aber jetzt war ich froh, dass ich mich einklinken und gesichert absteigen konnte. Das war schon viel besser für die Psyche. Verdammte Angst.
In aller Ruhe stiegen wir den Klettersteig abwärts bis zum Einstieg. Andere Wanderer waren kaum noch unterwegs. Die meisten, die wir gesehen hatten, hatten den Gipfel ebenfalls nicht erreicht. Das Dreiergespann aus dem Schwarzwald, dass wir anfangs überholt hatten, versuchte sich ebenfalls noch am Gipfelaufstieg.
Während ich die Rückwärts-Taktik beim Absteigen anwendete, versuchte es Marcel mit Vorwärts-Abgehen. Jeder, wie er mag aber professioneller sah er auch nicht aus 🤣. Der Klettersteig war zum Glück nicht so steil, so dass man alle Tritte vorher gut sehen konnte.
Am Panoramaplatz angelangt, rasteten wir noch ein wenig und zogen die Klettersteigkluft aus. Wir waren zwar etwas enttäuscht, dass wir den Gipfel nicht erreicht hatten aber wussten, dass es die richtige Entscheidung gewesen war. Gerade am Berg sollte man seine Grenzen kennen, um sich nicht unnötig in Gefahr zu bringen. Meine persönliche Grenze war heute auf 2.900 Metern Höhe erreicht 🤣.
Danach wanderten wir auf dem leicht bergab verlaufenden Pfad wieder abwärts in Richtung Sessellift.
Wir erreichten diesen am Bergrestaurant Heitbodme gegen 15:30 Uhr und fuhren hinab nach Furggstalden.
Auf selben Pfad wie heute morgen wanderten wir wieder hinauf zur Sesselliftstation Furggstalden und fuhren mit dieser hinab ins Tal nach Saas Almagell.
Gemütlich schlenderten wir zurück und waren mittlerweile nicht mehr allzu enttäuscht über den verpassten Gipfel. Das Almagellerhorn war für uns ein doch recht anspruchsvoller Berg, auch wenn der Weg hinauf nur mit T4 bewertet ist. Sofern man die Sessellifte für die Rückfahrt nutzen möchte, hat man auch nicht allzu viel Zeit, den Gipfel zu erreichen. 6 Stunden sollte man mindestens einplanen.
Wir hätten ja gerne gewusst, ob die Schwarzwäldergruppe den Aufstieg noch geschafft hatte aber leider haben wir die drei nicht mehr gesehen.