Eigentlich hatten wir für heute geplant, zur Martin-Busch-Hütte aufzusteigen. Da uns aber in Zeiten von Corona eine Übernachtung in ausgebuchter Hütte (90 Schlafplätze) nicht wirklich geheuer war, ließen wir von dem Plan ab und wollten uns stattdessen heute dem Klettersteig Stuibenfall (B/C) widmen. Am gestrigen Tag hatte es im Ötztal stark geregnet, weshalb wir den Klettersteig erst am Mittag angehen wollten.
Nach dem Frühstück beschlossen wir daher vor dem Klettersteig, die Ötztal Inside Summer Card zu nutzen und mit dem öffentlichen Bus, deren Nutzung auch in der Touristenkarte inkludiert waren, zur Seilbahnstation Rettenbachgletscher zu fahren.
Von Zwieselstein mussten wir einmal umsteigen, um die 15-minütige Fahrt auf der mautpflichtigen Gletscherstraße (private PKWs zahlen für die Nutzung der Straße 21 Euro hin und zurück, der Bus ist mit der Ötztal Inside Summer Card gratis) in einigen Kehren zu überwinden.
Am Parkplatz der Seilbahn Schwarze Schneid war nicht viel los und wir fuhren mit der Gondel zur Mittelstation auf 2.990 Metern Höhe. Umsteigen brauchte man nicht und so blieben wir in der Gondel sitzen und fuhren direkt weiter zur Bergstation auf 3.250 Metern Höhe.
Bei der Auffahrt wurden wir mit einem traurigen aber auch atemberaubenden Blick belohnt. Die Gletscherschmelze war hier noch stärker zu erkennen als in der Schweiz. Große Spalten durchzogen den Rettenbachgletscher, der an einigen Stellen mit weißen Tüchern abgedeckt war.
Der Rettenbachgletscher zählt zusammen mit dem Tiefenbachgletscher zu den größten erschlossenen Gletscherflächen Österreichs und ist insbesondere im Winter zur Skisaison ein beliebtes Ausflugsziel.
Die Bergstation der Schwarze Schneidbahn ist der höchste Punkt im Ötztal, der mit einer Seilbahn erreicht werden kann.
Ein Anstieg von rund 90 Metern führte uns in ca. 15 Gehminuten über Steine zur Aussichtsplattform „Naturplattform Schwarze Schneid“.
Von hier genossen wir – zusammen mit vielen anderen Menschen – einen fantastischen Ausblick auf die umliegenden Dreitausender der Alpen, von denen sich einige Gipfel schon in dichten Wolken befanden.
Die 3.774 Meter hohe Wildspitze thronte wie eine Königin hoch über den Ötztaler Alpen.
Wir schossen einige Fotos und wanderten noch ein wenig auf dem Plateau umher.
Danach stiegen wir mit zahlreichen anderen Touristen wieder hinab zur Bergstation, von wo wir via Mittelstation zurück zur Talstation auf 2.600 Metern Höhe fuhren.
Die Seilbahnfahrt zum Tiefenbachgletscher ließen wir außen vor, da sich der Blickwinkel nicht gewaltig verändert hätte und die Wolken immer dichter wurden.
An der Bushaltestelle warteten schon etliche Menschen auf die Linie 8404, die mit dieser wieder hinab ins Tal fahren wollten. Wir hofften, dass wir überhaupt noch in den Bus hinein kamen.
Einen Sitzplatz ergatterten wir leider nicht, so dass wir 15 Minuten stehend die Kehren hinab fahren mussten.
Wir stiegen an der Station Zwieselstein Neue Post aus und liefen zurück zur Ferienwohnung.
Während Renate und Günter sich eine Pause und einen Kaffee gönnten, packten Marcel und ich schnell unsere Klettersteigsausrüstung zusammen und fuhren zum Parkplatz des Stuibenfalls.
Nach einer halben Stunde Fahrt trafen wir am gut gefüllten Parkplatz ein, bezahlten die Parkgebühr von 5 Euro und liefen durch einen kühlenden Wald hinauf zum Einstieg des Klettersteigs (ca. 20-30 Minuten).
Der breite Wirtschaftsweg führte immer am Wasser entlang und wir genossen trotz der Menschenmassen die Atmosphäre. Hoffentlich war es am Klettersteig nicht so voll.
Rund 100 Höhenmeter mussten wir zurück legen, bis wir den Einstieg an einem Picknickplatz erreichten. Eine Anfängergruppe mit Bergführer startete gerade über die Seilbrücke des reißenden Horlachbachs. Wir hofften, dass wir die 9 Personen irgendwo überholen konnten.
Nach der Seilbrücke ging es über einen schmalen Pfad im Wald steil aufwärts.
Einige Kehren später wanderten wir über Blöcke bis zu den ersten Seilversicherungen, wo uns die Gruppe passieren ließ.
Wir stiegen in die Felswand im Wald ein (A/B) und genossen die ersten Meter am Stuibenfall Klettersteig.
Zahlreiche Metallgriffe und enge Abstände an den Seilversicherungen führten uns über festes Gestein aufwärts (B). Felskontakt hatten wir nur selten.
An einigen leichteren Stellen im A-Bereich klinkten wir uns nicht in die Metallseile ein, da wir uns nicht im Absturzgelände aufhielten und das Gelände für erfahrene Klettersteiggeher auch so sicher zu bewältigen war. Vermutlich waren die Seilversicherungen hier angebracht, um Einsteigern das Gehen entlang eines Klettersteigs zu erleichtern bzw. das Klippen zu üben, denn eigentlich war es nur ein steiler Steig über steinige Stufen durch den Wald.
Wir erreichten das Ende der Seilversicherungen, wo uns der Pfad zunächst durch den Wald und ein paar Meter weiter über ein Geröllfeld zum zweiten Abschnitt des Klettersteigs führte.
Am Einstieg zu den nächsten Metallseilen erreichten wir die nächste Anfänger-Gruppe, die sich allerdings leider schon eingeklinkt hatte und uns ein Überholen unmöglich machte. Wir warteten daher, bis der Großteil in der Wand hing und klinkten das Klettersteigset ein.
Über zahlreiche Metalltritte querten wir an einer Felswand (A bzw. A/B) entlang und bis zu einer ca. 4 Meter hohen, fast senkrechten Steilstufe (B/C).
Hier stauten sich nun die Klettersteiggeher vor uns und wir mussten einige Zeit in der Sonne warten, bis wir weiter gehen konnten. Zum Glück ist der Klettersteig nicht sehr ausgesetzt, so dass man in der Wand gut pausieren und die Aussicht genießen konnte.
Nach der Steilstufe gelangten wir zu einem kleinen Überhang (B/C), den wir mit Abstand zu der Gruppe in Angriff nahmen.
Auf gleicher Höhe querten wir über Metalltritte ein Felsband (B) und erreichten eine Felsnase (C), die mit etwas Muskelkraft überstiegen werden musste. Zeit für Selfies.
Eine Querung (B) führte uns zu einer Bank, an der uns die Gruppe vorbei ließ.
Wir folgten den Stahlseilen weiter an der Wand entlang, bis wir an den Rand zu den herabstürzenden Fluten des Stuibenfalls gelangten (B). Nass wurden wir nicht; auch der Fels war trocken.
Ein letzter Steilsaufschwung (B/C) bis zum Highlight des Klettersteigs wartete auf uns – die Drahtseilbrücke über den Stuibenfall.
Wer sich den kurzen Spaß über die wackelige Seilbrücke nicht zutraut, kann links dem Aufstieg (A) zum Wanderweg folgen.
Wir klinkten uns natürlich in die Drahtseile über den Stuibenfall ein und balancierten über die kurze Drahtseilbrücke. Über den reißenden Wassermassen posierten wir noch einmal, bevor wir schon das Ende der Seilbrücke erreicht hatten.
Die Schuhe und der untere Teil der Hose waren ein wenig nass geworden aber was machte das schon bei dem heutigen Sommerwetter?
Eine letzte Querung (B/C) brachte uns zu einem leichten Gras-Fels-Hang (A/B), den wir über Stufen aufwärts stiegen und das Ende des Klettersteigs erreichten.
Wir suchten uns ein ruhiges Fleckchen etwas abseits des Wanderweges und verstauten das Klettersteigset im Rucksack.
Nachdem wir ein wenig am Wasser gerastet hatten, machten wir uns an den Abstieg über die neue Treppe.
Die aufwändige Stahlkonstruktion führte uns mit zahlreichen Aussichtsplattformen, von denen man den Blick auf den rund 160 Meter hohen Stuibenfall genießen konnte, schnell abwärts.
Nach einer erfrischenden Dusche in der Gischt des Wassers, gingen wir die verbleibenden Stufen hinab bis zu einer Art Hängebrücke.
Von hier gelangten wir zurück auf den Wanderweg und marschierten zurück zum Parkplatz.
Nach rund 2,5 Stunden erreichten wir das Auto und fuhren zurück zur Unterkunft nach Zwieselstein. Sofern man sicher im Klettersteig gehen ist, ist der gesamte Klettersteig (inkl. Zustieg und Abstieg) sicherlich auch in 2 Stunden zu schaffen. Die angegebenen 3 Stunden sind vermutlich eher für Anfänger gedacht.
Fakten zum Klettersteig:
- Schwierigkeit: Klettersteig B/C
- Höhenmeter: 380hm im Auf- und Abstieg
- Gehzeit: Aufstieg ca. 2h, Abstieg ca. 1h (bei guter Kondition und Erfahrung aber durchaus weniger)
- Kondition: mittlere Anforderungen
- Technik: Mittelschwerer Klettersteig – sehr viele Tritte und Griffe in steilem Gelände. Selten Felskontakt. Teilweise jedoch Armkraft notwendig
- Im unteren Bereich Gehgelände mit Schwierigkeit A
- Trittsicherheit und Schwindelfreiheit unbedingt erforderlich!