So langsam wurde es Zeit, die Gegend rund um den Jotunheimen Park zu verlassen und in Richtung Bergen aufzubrechen. Die letzten Tage waren so abwechslungsreich gewesen, dass wir gespannt waren, was uns nun in der Umgebung um Odda erwarten würde. Für die nächsten zwei Tage hatte ich so viele Wanderungen in petto, dass wir uns entscheiden mussten, welche wir tatsächlich angehen wollten. Gesetzt war bis jetzt nur die Trolltunga. Einzig die Wetterprognose für die nächsten Tage konnte uns noch einen Strich durch die Rechnung machen, denn es war viel Regen prognostiziert.
Vom Vågåvatnet Feriesenter brachen wir gegen 09:00 Uhr auf und fuhren in Richtung Lom. Hier startete die Landschaftsroute Sognefjellet, die über den höchsten Gebirgspass in Norwegen bis zum Ende des Sognefjords führte.
Entlang der 55 fuhren wir durch das Tal Bøverdalen, dass von grünen Wiesen umgeben war. Die mächtigen, schneedeckten Gipfel der Berge beeindruckten uns. Leider zogen auch schon die ersten Wolken auf.
Im Kiefernwald von Leirdalen legten wir einen ersten Zwischenstopp ein. Der herrlich gelegene Rastplatz Rastplatz mitten im Wald lag direkt am rauschenden Fluss Leira. Vom Ufer genossen wir den Blick auf die Berge und setzten unsere Fahrt fort.
Langsam stieg die Straße aus dem Tal empor und führte uns weiter hinein in die Gebirgslandschaft.
Nur ein paar Kilometer weiter hielten wir auf einem Parkplatz direkt an der Straße und blickten in das gewaltige Leirdalen-Tal, dessen Ende sich nur erahnen ließ. Auch die Gipfel des Skagsnebb und Steinetind mit rund 2.000 Metern Höhe waren zu sehen.
Wir fuhren noch ein wenig tiefer in das Tal hinein, standen jedoch alsbald vor einer Schranke, die sich nur nach Bezahlung einer Straßengebühr (private Mautstraße) öffnen ließ. Die Straße Leirdalsvegen führt bis zur Wanderhütte Leirvassbu, die auf ca. 1.400 Metern Höhe direkt am See Leirvatnet liegt. Sie ist Ausgangspunkt für zahlreiche Outdooraktivitäten wie Wandern, Bergsteigen und Gletscherbegehungen. Da wir heute nicht allzu viel Zeit für Stopps oder gar Wanderungen hatten, drehten wir um und fuhren wieder zurück zur Hauptstraße.
Der 55 weiter folgend, gelangten wir zum Berghotel Jotunheimen Fjellstue, dass sich direkt am See Nedre Halsatjønnen befindet. Vom großen Parkplatz genossen wir einen herrlichen Blick auf den See und die umliegenden Berge.
Ein etwas höher gelegener Aussichtspunkt bot einen schönen Rundumblick, auch wenn die Gipfel der Berge in immer dichteren Wolken verschwunden waren.
Die Landschaftsroute brachte uns immer höher in die wilde Bergwelt Norwegens. Wo es sich anbot, hielten wir entlang des Weges und machten Fotos von der wunderbaren Naturkulisse. Norwegen ist ein absolutes Traumziel für Outdoorenthusiasten und Naturliebhaber.
An den Berghängen stürzten kleine Wasserfälle in die Tiefe und die Landschaft wurde immer karger, je höher wir kamen.
Eine weite Hochebene eröffnete sich uns und nach rund 1,5 Stunden Fahrt erreichten wir den höchsten Punkt auf 1.434 Metern ü.d.M.
Die Landschaftsroute Sognefjellet ist der höchste Gebirgspass Nordeuropas. Hier befand sich auch die Sognefjellshütte, die ein beliebter Trainingsort internationaler Skiverbände ist. Im Winter ist die Hütte allerdings geschlossen.
Mittlerweile war es jedoch empfindlich kalt (ca. 1 °C) geworden und es hatte leicht zu schneien begonnen. Wir folgten dennoch dem geteerten Weg und blickten auf den großen See Fantesteinsvatnet.
Die dahinterliegenden Gipfel der hohen 2.000er hingen leider in dicken Wolken und ließen nur einen Blick auf die niedrigeren Regionen zu.
Wir gingen über eine lange Hängebrücke und ließen den Blick in die Ferne schweifen.
Es wurde jedoch sehr frisch und daher machten wir auf der Hälfte der Brücke kehrt und liefen zurück zum Auto.
Nicht weit entfernt von der Sognefjellshütte lag der Rastplatz Mefjellet. Dieser liegt direkt auf dem Gipfel beim Storevasskrysset und bot uns eine der eindrucksvollsten Aussichten des Tages. Eine malerische Landschaft erwartete uns.
Außer uns stand nur ein Wohnwagen auf dem großen Parkplatz. Keine Menschenseele war heute unterwegs. Wir stiegen aus und folgten einem kleinen schmalen Pfad vorbei an der Steinskulptur von Knut Wold hinab in die zauberhafte Natur.
Wir wussten gar nicht, wo wir zuerst hinschauen sollten. Kleine Bergseen und der Blick auf den Fanaråken sowie die umliegenden Berge ließen uns trotz der Kälte die kleine Wanderung genießen.
Zwischendurch gaben die Wolken auch einen Blick frei auf die Gipfel der Berge Store Smørstabbstinden (2.208 m.ü.M.), Kniven (2.133 m.ü.M.), Sokse (2.189 m.ü.M.), Veslebjørn Nord (2.150 m.ü.M), Skeie (2.118 m.ü.M.) und Storebjørn (2.222 m.ü.M.).
Wir schossen zahlreiche Fotos und kamen aus dem Staunen gar nicht raus. Was für ein unglaublich toller Zwischenstopp auf der Landschaftsroute Sognefjellet.
Irgendwann mussten wir uns jedoch losreißen und zurück zum Auto gehen. Wir waren schon gut zwei Stunden unterwegs und hatten noch nicht einmal die Hälfte der Kilometer bis nach Odda hinter uns gebracht.
Allerdings waren wir so angetan von dieser wilden Gebirgslandschaft, dass wir immer wieder an den Rastplätzen am Straßenrand anhielten und Fotos machten.
Die Straße schlängelte sich durch die einsame Landschaft. Wir trafen kaum auf andere Autos und waren gespannt, was uns auf der verbleibenden Strecke noch erwartete.
Am Rastplatz Øvre Oscarshaug legten wir noch einmal eine Pause ein.
Ein kleiner Aussichtshügel bot uns abermals eine grandiose Aussicht auf die Bergwelt mit Gjertvasstinden, Store Styggedalstinden Vesttoppen, Nordre Skagastølstinden, Store Skagastølstinden, Store Midtmaradalstinden, Nestnørdre Midtmaradalstinden und Store Dyrhaugstind.
Nur ein paar Meter weiter abwärts befand sich der Rastplatz Nedre Oscarshaug, an dem wir natürlich auch noch mal einen obligatorischen Stopp einlegen mussten. Einfach nur weil uns der Blick so gut gefiel, dass wir ihn noch einmal genießen wollten. Auch wenn die Rundumsicht sich kaum verändert hatte.
Nun hieß es jedoch mal ein paar Kilometer abspulen. Abwärts brachte uns die Landschaftsroute nach Turtagro. Ab hier war die Weiterfahrt auf der 55 leider gesperrt. Die verbleibenden Kilometer bis nach Sogndalsfjøra mussten wir daher entlang der Straße Tindevegen zurücklegen. So verpassten wir leider die Fahrt entlang des Sognefjord, waren aber alternativenlos.
Wir bogen von der Landschaftsroute auf die wenig befahrene Hochgebirgsstraße ab, die später als Mautstraße weiterverläuft (Nur Kreditkartenzahlung).
Die Straße schlängelte sich immer höher aufwärts und erneut genossen wir eine herrliche Fernsicht.
Auf einem großen Rastplatz hielten wir erneut, suchten zur Abwechslung mal einen Geocache und blickten auf die Berglandschaft um uns herum.
Danach ging es zügig weiter bis zur Mautstation, die wir nach etwa 30 Minuten erreichten. Die Bezahlung per Kreditkarte funktionierte problemlos und kurz darauf öffnete sich die Schranke und wir konnten die Tindevegen abwärts ins Tal fahren.
Auf der teilweise nur einspurigen Straße kam uns zum Glück kein Auto entgegen und nach einer weiteren halben Stunde hatten wir Øvre Årdal am langen See Årdalsvatnet erreicht.
Wir folgten der 53 nach rechts und fuhren immer am beeindruckenden Sognefjord entlang in Richtung Årdal.
Auf einem Parkplatz direkt am Ufer des Fjords legten wir einen kleinen Zwischenstopp ein und ließen den Blick über die herrliche Naturkulisse schweifen. Im Sommer laden Picknickplätze zum längeren Verweilen ein.
Heute war es jedoch recht ungemütlich und kühl und so fuhren wir nach wenigen Minuten. Rund 3 Stunden Fahrt lagen noch vor uns.
Wir gelangten auf die E16, auf der wir auch mal mit 90 km/h fahren durften und fuhren durch den beeindruckenden etwa 25 Kilometer langen Lærdalstunnel. Tunnelbauen können die Norweger.
Wir ließen Vossevangen hinter uns und bogen von der E16 auf die 13 ab. Kurz vor dem Tunsbergtunnelen folgten wir einem Abzweig nach links und hielten spontan noch am Skjervefossen.
Bereits von der Straße konnten wir einen herrlichen Blick auf den Wasserfall werfen.
Während die Wassermassen ins Tal strömten, fuhren wir immer höher und stellten das Auto auf einem kleinen Stellplatz direkt am Wasserfall ab. Von oben konnte man den Wasserfall jedoch nur erahnen, da man quasi auf den Flusslauf blickte.
Begeistert war ich jedoch von der Toilette, die sich direkt auf dem Parkplatz befand. Sauber, groß und ein toller Naturblick auf den Fluss waren inklusive. Da lässt sich man sich ein paar Minuten mehr Zeit.
Leichter Regen setzte ein und wir fuhren weiter. So langsam wurde es auch zeitlich interessant, denn eigentlich wollten wir nicht wieder im Stockdunkeln ankommen.
Vorbei am Granvinsvatnet, an dem wir auch noch einmal kurz stoppen mussten gelangten wir wohl zum beeindruckendsten Tunnel, den ich in Norwegen gesehen hatte – den Vallaviktunnel.
Der einröhrige Straßentunnel liegt zwischen Vallavik und Kjerland auf der Nordseite des Hardangerfjords. Der Tunnel im Verlauf des Riksvei 7 und Riksvei 13 ist 7510 Meter lang.
2011 wurde im Zuge des Baus der Hardangerbrücke ein Kreisverkehr etwa 500 Meter von der Tunnelöffnung in Vallavik gebaut. Hier zweigt ein 750 Meter langer Seitentunnel ab, dessen Ausfahrt die Zufahrt zur Brücke bildet. Das Portal zur Brücke hin ist mit 23 Metern das höchste Tunnelportal der Welt und soll einen fließenden Übergang schaffen. Ein Kreisverkehr in einem Tunnel! Unglaublich, sowas hab ich noch nie gesehen.
Wir nahmen die erste Ausfahrt und gelangten zur imposanten Hardangerbrücke, die uns auf der anderen Seite in einen weiteren Tunnel , den Butunnelen, hineinführte.
Die Mautstraße war mit Abstand unser teuerstes Teilstück aber man spart nicht nur viel Zeit, sondern die Fahrt durch die Tunnel ist auch wirklich einmalig.
Nach der Ausfahrt aus dem Tunnel waren wir etwas verwundert über die noch verbleibende Fahrzeit von rund 2 Stunden für gerade einmal 70 Kilometer. Die Straße dürfte ja spannend werden.
Und ja, die Fahrt auf der 13 in Richtung Odda ist nicht nur sehr kurvenreich, sondern an einigen Stellen so schmal, dass man dem Gegenverkehr kaum ausweichen kann. Leider kam uns hier auch öfter ein Auto entgegen und immer wieder mussten wir oder der Gegenverkehr eine geeignete Bucht zum Passieren suchen. Die maximale Geschwindigkeit von 80 km/h konnten wir nur selten fahren.
In Sekse hängten wir uns an einem LKW, der quasi immer Vorfahrt hat und konnten so problemlos der Straße direkt oberhalb des Hardangerfjords folgen.
Leider bot die Straße selten Platz für Fotostopps und so beschlossen wir, Meter zu machen. Im Dunkeln eine kurvenreiche, enge Straße zu fahren, ist nicht allzu empfehlenswert. Zumal man als Tourist die Straßenverhältnisse in Norwegen nicht kennt.
Gegen 18 Uhr erreichten wir Odda und hatten von hier noch einmal rund 20 Minuten bis Skare zurückzulegen, wo unser Airbnb für die nächsten zwei Tage auf uns wartete.
Auch die Straße von Odda und Skare ist sehr kurvenreich aber zum Glück ein wenig breiter. Allerdings waren wir nun direkt im Feierabendverkehr und hielten die Norweger, die nach Hause wollten, etwas auf.
Gegen 18:30 Uhr kamen wir endlich in Skare an und waren froh, dass wir die Autofahrerei für heute beenden konnten. Rund 10 Stunden waren wir mit zahlreichen Zwischenstopps unterwegs gewesen und die letzten Kilometer von Kinsarvik nach Skare hatten uns noch einmal alles abverlangt.
Mittlerweile hatte es sich eingeregnet und wir huschten mit unserem Zeugs schnell in die warme Unterkunft.
Wir packten in Ruhe aus und aßen etwas. Gegen 20 Uhr klopfte unser Host an die Tür und begrüßte uns freundlich. Nachdem wir ein wenig gequatscht hatten und er uns auch noch ein paar Tipps zum Wandern gegeben hatte, gingen wir zeitig zu Bett. Die Wetterprognose für den morgigen Tag sagte leider nur Regen voraus…