Neuer Tag, neues Wanderglück. Nach einer erholsamen Nacht, saßen wir bereits um 07:30 Uhr am Frühstückstisch. Gestern hatten wir beschlossen, bei gutem Wetter eine Tour zum Torre del Filosofo zu unternehmen. Bei dem Torre del Filosofo handelt es sich um eine ehemalige Berghütte an der oberen Südflanke des Ätna auf 2.929 m Höhe.
Mit Seilbahn und Geländebussen wird man auf ca. 2.900 Meter Höhe gebracht. Kostenpunkt hierfür: 54 Euro / Person. Für 9 Euro / Person kann man mit einem Bergführer entlang des Kraterrandes des Crateri Barbagallo wandern und auf die Gipfelkrater des Ätna blicken. Sofern es das Wetter denn zulässt. Marcel und ich hatten bei unserem Ausflug zum Torre del Filosofo vor zwei Jahren leider wenig Glück gehabt. Als wir endlich oben angekommen waren, waren die Gipfelkrater komplett in Wolken verhüllt.
Heute sah es jedoch gar nicht so schlecht aus. Die erste Seilbahn fährt allerdings erst um 09:00 Uhr. Da die Tagestouristen aus Catania erst ab ca. 10 Uhr mit den Reisebussen eintreffen, können wir auf jeden Fall empfehlen, die erste Seilbahnfahrt nach oben zu nehmen. Die Berg- und Talfahrt kostet 30 Euro.
Alternativ kann man auch laufen. Aber der Anstieg ist sehr steil und verläuft neben der Seilbahn. Das Naturerlebnis lässt hier eher zu wünschen übrig. Von der Seilbahnstation auf 1.900 Metern sind 600 Höhenmeter bis zur ersten Zwischenstation „La Montagnola“ zu überwinden.
Durch unsere Übernachtung im Rifugio Sapienza hatten wir einen Rabattgutschein für die Seilbahn in Höhe von 30% erhalten. Wir lösten diesen ein und kauften die Tickets für die Seilbahn, den Geländebus und den Bergführer. Insgesamt bezahlten wir 63 Euro / Person.
Mit ein paar weiteren Touristen warteten wir auf die Inbetriebnahme der Seilbahn und stiegen in eine der kleinen Gondeln ein.
Knapp 10 Minuten dauerte die Fahrt bis zur Zwischenstation, von wo aus die Geländebusse abfahren. Wer möchte kann auch hier den Fußweg nehmen. Es gibt ein paar ausgeschilderte Wanderrouten zum Torre del Filosofo.
Da wir keine Zeit verlieren wollten und natürlich hofften, Ätnas Gipfelkrater wolkenfrei sehen zu können, stiegen wir direkt in den Bus.
Ganz voll wurde dieser noch nicht und daher fuhren wir nach einer 15-minütigen Wartezeit die Aschepiste in steilen Serpentinen hinauf auf 2.900 Meter zum Torre del Filosofo.
Aus dem Fenster sahen wir die eine Ascheemission des Ätna, die seit dem 14. Mai im Gipfelbereich des Neuen Südostkraters immer wieder stattfand.
Ich hoffte, dass das Wetter halten würde, denn die ersten Wolken zogen bereits auf.
Ohne Bergführer darf man nur bis zum Torre del Filosofo laufen. Ab hier geht es mit einem Bergführer weiter. Es gibt auch Wandertouren, die zu den Gipfelkratern des Vulkans führen. Uns reichte die einfache Variante.
Am Parkplatz vor der kleinen Bergführerhütte genoss ich den Ausblick auf Ätna. Es qualmte ordentlich. Vielleicht bekamen wir ja heute sogar noch eine weitere Aschemissionen zu sehen.
Wir folgten unserem Bergführer über alte Schneefelder bergaufwärts bis zum Rand des Crateri Barbagallo. Hier bekamen wir auf Französisch und Englisch Informationen über den Vulkan und die letzten Ausbrüche mitgeteilt.
Der Wind wehte uns ordentlich um die Nase und ich setzte besser meine Mütze auf.
Die Gipfelkrater im Nacken liefen wir weiter aufwärts. Rechts von uns gaben die Wolken immer wieder einen Blick ins Tal frei.
Während wir den Erklärungen des Guides lauschten, beschloss Ätna, mit einem lauten Puff etwas Asche auszustoßen. Beeindruckend. Ich freute mich, dass ich die Emission nicht nur hören, sondern diesmal auch sehen konnte.
Vorbei an den alten Eruptionskratern aus dem Jahr 2003 liefen wir bis zu einer Stelle, an der der Boden noch eine Temperatur von 24° C hatte. Unser Guide buddelte ein Loch und ließ uns die Hände hineinhalten.
Da ich kalte Füße hatte, genoss ich die Bodenheizung und wärmte mich etwas auf. Mein Blick fiel auf einen kleinen Schlackenkegel an der südöstlichen Basis des Neuen Südostkraterkegels, der anhaltend Dampf freisetzte. Der Kegel ist der oberste Schlot dieser eruptiven Spalte.
Langsam begaben wir uns zurück zum Startpunkt. Aus dem Tal zogen weitere Wolken auf und ich sah meinem Plan von einer weiteren Wandertour im Gebiet des Ätna mit ein wenig Skepsis entgegen. Immerhin hatte ich nicht nur die Gipfelkrater gesehen, sondern sogar eine kleine Ascheemissionen mitbekommen. Die Investition in den Ausflug hatte sich schon jetzt gelohnt.
Bergabwärts gingen wir zum Geländebus. Wir genossen noch einmal den Ausblick auf den Vulkan und die Umgebung. Eine weitere Ascheemission konnten wir allerdings nicht beobachten.
Mit dem Bus fuhren wir zurück zur Seilbahnstation auf 2.500 Metern. Von hier hatte ich eine 7 Kilometer lange Rundwandertour aus dem Rother Wanderführer geplant, die uns das Vulkangebiet näher bringen sollte. Hätte ich allerdings gesehen, dass die Tour bis zum Torre del Filosofo führt, wären wir gar nicht erst hinunter gefahren.
Die ersten Meter liefen wir entlang der Straße, die auch der Bus nutzte, dann bogen wir nach rechts in den Aschehang ab. Im Winter ist das Gebiet für Skifahrer präpariert. Ein Skilift fährt direkt von der Seilbahnstation La Montagnola hinauf.
Ein richtiger Weg war zwar nicht zu erkennen aber ich hatte ja einen GPS-Track.
Dieser führte uns nun zuerst moderat, dann jedoch steil bergaufwärts entlang der Flanke des 2.648 Meter hohen Montagnola, von dem aus man eigentlich einen guten Blick auf die Gipfelkrater des Ätna hätte; wenn denn die Wolken nicht wären.
Wir setzten uns an die Messstationen und genossen trotzdem die Aussicht. Die Montagnola ist die höchste Erhebung entlang des Valle del Bove.
Wir konnten die alten Lavaströme im Valle del Bove erblicken. Noch wussten wir nicht, dass ein paar Tage später am Neuen Südostkrater eine kurze eruptive Phase stattfinden sollte, dessen Lavastrom sich erneut ins Valle del Bove ergießen würde.
Da die Sicht zunehmen schlechter wurde und wir am Montagnola nicht in Wolken festhängen wollten, stiegen wir auf demselben Weg wieder ab. Die ersten Meter konnte man in der tiefgründigen Asche gut abfahren.
Anstatt bis zur Straße zurück zu laufen, folgten wir dem GPS Track geradeaus bis zu einer Stelle, aus der heißer Wasserdampf ausströmte. Gut zum Hände wärmen. Aber Vorsicht, nicht zu nah herangehen.
Entlang eines schmalen Schneepfads wanderten wir nach rechts um den alten Cratere Piano del Lago herum.
Zwischendurch hatten sich die Wolken so zugezogen, dass wir von der Landschaft um uns herum leider nichts mehr erkennen konnten.
Der Weg war mit Holzpflöcken markiert und führte über Schnee und Asche zu einem weiteren beeindruckenden Krater. Die Öffnung war riesig und wir blickten von oben tief hinab.
Als die Wolken die Sicht versperrten, wanderten wir weiter.
Leicht bergauf stapften wir durch den Schnee. Da der Sauerstoffgehalt auf 2.600 Metern geringer war als im Tal, mussten meine Schwester und meine Mutter zwischendurch immer wieder ein paar Pausen einlegen. Ich kam mit der Höhe erstaunlich gut zurecht.
Wir erreichten die Aschestraße, auf der die Allradbusse fuhren und überquerten diese.
Mittlerweile waren wir auf 2.700 Metern angekommen. Da der Himmel heute aber nicht mehr aufreißen würde, ließen wir von dem Aufstieg zum Torre del Filosofo ab und folgten dem Weg stattdessen bergabwärts.
Immer wieder gaben die Wolken ein paar Blicke frei und wir genossen die kurze Aussicht auf den Crateri Barbagallo und den markanten Cratere Piano del Lago direkt vor uns.
Meine Schwester war froh, dass es nun nicht mehr bergaufwärts ging.
Die letzten zwei Kilometer konnten wir nur noch entlang der Straße laufen. Die Lautstärke der Busse trübte ein wenig das Wandererlebnis.
Vor der Rückfahrt blickten wir noch einmal hinab ins Tal und setzten uns in die die Seilbahn zurück zum Rifugio Sapienza.
Ich freute mich, dass der heutige Ausflug positiv verlaufen war. Ich hätte mich doch sehr geärgert, wenn es für 64 Euro wieder nur Wolken zu sehen gegeben hätte.
Glücklich liefen wir von der Seilbahnstation zurück zum Rifugio und entspannten uns ein wenig.
Am Nachmittag brachen wir noch einmal auf und fuhren zu einen alten Haus, dass durch einen Lavastrom des Ätna verschüttet wurde.
Da wir nach der heutigen Wanderung Hunger mitgebracht hatten, konnten wir es gar nicht erwarten, bis das Restaurant im Rifugio Sapienza um 19:30 Uhr endlich seine Türen öffnete.
Wir bestellten erneut Pizza, die uns fast bis an den Rand des Platzens brachte.
Zum leckeren Tiramisu und den Canolli konnten wir allerdings trotzdem nicht „Nein“ sagen. Ich liebe Italien.
So vollgefressen wie heute hab ich mich noch nie gefühlt.