Nach der gestrigen Anreise und dem Ansteuern erster Sightseeing-Stopps in unserem Oman-Urlaub, starteten wir den heutigen Tag entspannt. Geplant war eine Fahrt mit dem Jeep in den Grand Canyon des Omans – dem Wadi Nakhar (oder auch Wadi Ghul), das mit imposanten, 1.000 Meter hohen Steilwänden auf den Besucher wartet.
Wir frühstückten in Ruhe in unserem Apartment in Al-Hamra und peilten danach den Parkplatz für die Wanderung in die Schlucht an. Vom Parkplatz kann man auch ohne 4×4 in das Tal wandern. Wir wollten jedoch eigentlich gerne fahren. Eigentlich… Denn wir sind uns sicher, dass man auch mit Super Jeeps oder anderem schweren Gefährt die Strecke nicht mehr fahren kann.
Nach etwa 20 Minuten erreichten wir den Parkplatz und blickten auf die Ortschaft Ghul und die verlassenen Häuser, die wir erst beim zweiten Blick direkt im Hang entdeckten.
Vom Parkplatz fuhren wir die Schotterpiste hinab bis zu einer Gabelung. Geradeaus ging es nach Ghul und nach links ins Wadi Nakhar.
Wir nahmen daher den linken Abzweig und fuhren auf der Piste durch das trockene Flussbett. Ziegen querten die Offroad-Straße und wir nahmen uns Zeit für ein paar Fotos. Die mächtigen Felswände vor uns, sollten im Verlauf noch der Tour noch viel imposanter werden.
Doch zunächst galt es eine Furt zu queren, für die ein hoher Radstand des Jeeps erforderlich war. Gut, dass wir mit unserem Nissan Patrol Super Safari genügend Platz hatten.
Ich stieg daher aus und filmte das Spektakel. Marcel freute sich wie ein kleines Kind und ich wartete geduldig, dass er mich auf der andere Seite des reißenden Flusses wieder abholte. Durchwaten wollte ich nämlich nicht.
Das Wasser strömte über die Piste und wir waren auf den weiteren Fahrtverlauf gespannt. Noch kamen wir mit dem Jeep problemlos voran.
Auf einem trockenen Abschnitt trafen wir einen Omani, der uns das Ende der Fahrt in ein paar hundert Metern zeigte. Dort war Schluss, da der Wasserstand zu hoch war. In den letzten Tagen hatte es soviel geregnet, wie schon lange nicht mehr und das machte sich auch bemerkbar.
Wir fuhren daher durch knöchelhohes Wasser noch ein paar Meter weiter und parkten auf einer Geröllinsel mitten im Fluss. Hoffentlich wurde diese nicht geflutet.
Erst auf dem Rückweg sahen wir, dass wir auch noch durch ein kleines Dorf hätten fahren können. Das hätte uns ca. einen Kilometer Fußweg erspart.
Die gesamte Wanderlänge (Hin- und Rückweg) war mit 15 Kilometern angegeben. Wir hatten erst zwei davon mit dem Auto geschafft und überlegten, ob wir den Rest zu Fuß weitergehen sollten, denn wir mussten quer durch das Flussbett laufen.
Während ich meine Wanderschuhe erstmal anließ, zog Marcel die Schuhe aus. Wir wateten durch das Wasser und schauten, wie weit weiter kamen. Mit dem Auto selbst war hier kein Durchkommen mehr. Dicke Steine versperrten die Straße.
Am steinigen Ufer des teilweise reißenden Flusses konnten wir trockenen Fußes weiterlaufen.
Der Blick war einmalig und die Landschaftskulisse um uns herum beeindruckte uns mächtig.
Auch ich zog meine Schuhe aus und wir liefen barfuß durch das kristallklare, warme Wasser.
Da wir aufgrund des steinigen Untergrunds ohne Schuhe jedoch nicht wirklich voran kamen, zogen wir diese an der nächsten trockenen Ecke wieder an und nahmen nun nasse Schuhe in Kauf. Die richtige Entscheidung, denn der Ausflug ins Wadi Nakhar ist spektakulär und sollte auf keiner Omanreise fehlen. Ein 4×4 ist allerdings notwendig, wenn man nicht die kompletten 15 Kilometer (hin und zurück) laufen möchte.
Palmen säumten den Weg und wir erreichten das kleine Dorf und den zweiten „Parkplatz“. Auch dieser war überflutet und bot hier und da ein paar wenigen Autos auf kleinen Geröllinseln Halt.
Die Überlegung, ob wir unseren Jeep hierhin fahren wollten, verwarfen wir und gingen zu Fuß weiter in die tiefe Schlucht hinein.
Eine Wasserleitung des Dorfes, die uns an eine Levada wie auf Madeira erinnerte, bot uns kurzfristig ein schnelleres Vorankommen.
Am Ende der Levada mussten wir uns den weiteren Weg wieder durch das Flussbett suchen.
Immer wieder mussten wir die Seite des Flusses wechseln, um mit den knöchelhohen Schuhen nicht komplett abzusaufen. Wobei die mittlerweile eigentlich sowieso total durchnässt waren.
In kleinen und großen Wasserfällen floss das Wasser von allen Seiten in in den Fluss. Kein Wunder, dass der Wasserstand höher als sonst war.
Die Schuhe waren mittlerweile komplett nass und wir waren erst einen guten Kilometer unserem Ziel näher gekommen. Es lagen noch etwa 3 Kilometer vor uns.
Der Weg durch das Flussbett war durch so viele dicke Felsbrocken versperrt, dass wir uns nicht vorstellen konnten, das noch irgendjemand mit dem Jeep zum Dorf im Wadi Nakhar kommt.
Immer wieder erreichten wir die ehemals gut ausgebaute Piste, auf der wir zu Fuß schneller voran kamen als durch das Flussbett.
Doch die Abschnitte der erkennbaren Schotterpiste hielten sich in Grenzen und im wilden Zick Zack querten wir immer wieder von der rechten auf die linke Flussseite und umgekehrt.
Dabei genossen wir die wahnsinnig grandiose Aussicht auf die meterhohen Felswände, die sich immer mächtiger auftürmten.
Das Tal wurde schmaler und der reißende Fluss bot kaum noch Gelegenheit, die Schuhe überhaupt mal trocken zu bekommen. Daher war es uns mittlerweile egal, ob wir knöchelhoch oder wadenhoch durch das Wasser stapfen mussten. Wir freuten uns eigentlich über ein bisschen Abkühlung, denn die Sonne schien gnadenlos auf uns hinab.
In der Ferne waren jedoch ein paar dunkle Wolken über den Bergen zu erkennen und wir fragten uns, ob es noch zu regnen beginnen würde. Regen in einem Wadi kann sehr gefährlich werden, da der Wassertand in minutenschnelle anschwellen kann.
Abschnitte mit erkennbarer Schotterpiste wechselten sich mit Wegfindung durch das unwegsame Flussbett ab. Einige Felspassagen waren zu Fuß schon schwierig zu überwinden; ein Auto hätte hier keine Chance mehr.
Etwa auf der Hälfte der Wegstrecke trafen wir ein weiteres Wanderpärchen, die wegen des Wetter kehrt machten. Auch wir waren unsicher, ob wir weitergehen wollten, denn der Canyon wurde schmaler.
Da über uns aber nur eine kleine, schwarze Wolke war, die ein paar Regentropfen nach unten schickte, beschlossen wir weiterzugehen. Die Gipfel der Berge lagen nicht in Wolken und der Himmel in der Ferne war noch blau. Auch der Blick zurück zeigte keine Anzeichen für längere oder stärker werdende Regenfälle. Würden die Regentropfen jedoch mehr würden, wollten auch wir umkehren.
Leicht abwärts folgten wir dem Flusslauf durch den Canyon weiter. Die mächtigen Felswände beeindruckten uns. Noch etwa 2,5 Kilometer lagen bis zum Ende des GPS-Tracks vor uns.
Die Schlucht wurde wieder breiter und die Offroad-Piste führte uns aufwärts. Der Fluss lag unter uns und wir genossen die für ein paar Meter anhaltende trockene Wanderung auf der Schotterstraße.
Abwärts gelangten wir zum Fluss hinab, den es nun wieder galant zu queren galt. Nasse Schuhe ließen sich nicht vermeiden aber zumindest wollten wir nicht kniehoch durch das reißende Wasser laufen.
Der aufgeweichte Schotter ließ uns beim Queren immer wieder einsinken, so dass Wasser in die Schuhe floss. Zum Glück war es warm und das Wasser eine willkommene Abkühlung.
Erneut setzte etwas Regen ein. Der Himmel vor Kopf war nun nicht mehr blau und erneut überlegten wir umzukehren. Da aber nur noch 1,5 Kilometer vor uns lagen, gingen wir weiter. Die Wolken wirkten auch nicht bedrohlich. Aber gut, wir sind natürlich auch keine Meteorologen.
Wir umgingen große Steine, die im Flussbett lagen so gut wie es ging und entdeckten nach etwa 2 Stunden die ersten Palmen des Wadi Nakhar.
Auf einer Mauer oberhalb des Flusses gönnten wir uns eine Pause und eine warme Cola. Für die heutige Wanderung hatten wir viel zu wenig Getränke dabei und mussten daher ein wenig haushalten. Zum Glück schien die Sonne nicht mehr.
Wind kam auf und ein paar weitere Regentropfen fielen ins Tal. So wirklich geheuer war mir die Wanderung durch die enge Schlucht nicht mehr. Da wir aber gerne wissen wollten, was sich am Ende des Tracks befand, nahmen wir die letzten 700 Meter in Angriff.
Der Flusslauf führte uns zu einer verlassenen Siedlung, in der sich mal eine Unterkunft befunden hatte. Ein paar Meter weiter entdeckten wir ein paar Säulen, die wie ein überdachter Picknickplatz aussahen. Bis dorthin wollten wir noch laufen und dann umkehren.
Und tatsächlich befand sich direkt gegenüber des überdachten Platzes eine Unterkunft mit ein paar Zimmern. Der Besitzer der Unterkunft lud uns zu einem Kaffee ein aber da erneut recht starker Regen eingesetzt hatte, machten wir nach einer kurzen Stippvisite durch das Dorf kehrt und liefen nun strammen Schrittes auf gleichem Weg zurück zum Auto. Hoffentlich wurde der Regen nicht noch fester.
Zum Glück hörte dieser nach ein paar Minuten wieder auf und den restlichen Rückweg blieben wir von weiteren Regenschauern verschont.
Durch die grauen Wolken, wirkten die hohen Wände des Canyons viel bedrohlicher und zugleich auch beeindruckender.
Immer wieder warfen wir einen Blick nach oben und zurück auf die felsige Landschaft.
Im Zick Zack hieß es nun wieder den Fluss zu queren. Beeindruckend fanden wir, dass wir einige Passagen auf dem Hinweg gar nicht so anspruchsvoll wahrgenommen hatten.
Ab und an mussten wir unseren auserkorenen Weg wieder zurückgehen und uns eine passierbare Stelle suchen.
Am Wegesrand entdeckten wir den Oscher, auch Fettblattbaum genannt und wilden Oleander.
Der Wasserstand kam uns an manchen Stellen nun auch etwas höher vor als auf dem Hinweg. Doch zu Beginn taten wir das noch als Spinnerei ab.
Wir stiegen über Steine, stapften durch das Wasser und erreichten nach etwa 1,5 Stunden wieder die kleine Ortschaft. Autos standen hier mittlerweile keine mehr. Das Wetter lud jedoch im Moment auch nicht zum Baden ein.
Nachdem wir durch das nun fast kniehohe Wasser waten mussten, waren wir uns sicher, dass der Wasserstand in den letzten Stunden angestiegen war. So tief mussten wir auf dem Hinweg nicht mit den Schuhen eintauchen.
Wir waren froh als wir wieder die Levada erreichten und entlang dieser bis zum Ende des Dorfes liefen.
Dann mussten wir allerdings wieder zurück ins Flussbett. Das Wasser reichte uns bis zu den Waden und trockenen Fußes kamen wir nun fast gar nicht mehr voran.
Ein Motorradfahrer versuchte sein Glück und wollte die dicken Felsen im Flussbett umfahren. Das gelang ihm nicht wirklich und nachdem er festgestellt hatte, dass auch er hier nicht weiterkam, kehrte er um und fuhr zurück.
Unser Auto stand glücklicherweise immer noch im trockenen auf der kleinen Geröllinsel und wir stapften die letzten Meter durch das Wasser, dass nun deutlich erkennbar angestiegen war.
Wir zogen die klatschnassen Schuhe aus und fuhren die zwei Kilometer zurück zur Hauptstraße. Zwischendurch stieg ich noch einmal aus und filmte Marcels Fahrt durch den Fluss. Von einer Furt konnte hier jetzt nicht mehr die Rede sein. Die komplette Piste stand mittlerweile unter Wasser.
Auch wo zu Beginn heute noch kein Wasser gestanden hatte, fanden wir dieses nun vor.
Problemlos erreichten wir den Abzweig und fuhren hinauf zum Parkplatz, an dem unsere Tour nach etwa 6 Stunden endete.
Gegen 16:45 Uhr waren wir im Al-Hambra Horizons. Der Fahrer, der Marcels Koffer vom Flughafen brachte, war sekundengleich mit uns auf dem Parkplatz eingetroffen und wir konnten diesen nun in Empfang nehmen. Zum Glück hatte das noch geklappt. Es gab zwar genug Einkaufsmöglichkeiten aber so war es schon um einiges besser.
Bevor wir nun unser Abendessen zubereiten, zogen wir uns trockene Sachen an und liefen zur alten Stadt von Al-Hamra.
Die verlassenen Gebäude lagen ca. 1,6 Kilometer von unserer Unterkunft entfernt und boten ein gespenstisches Ambiente.
Wir liefen durch die verlassenen Gassen und erkundeten die Geisterstadt.
Die Ruinen von Al Hamra sind etwa 700-1.000 Jahre alt und wurden weder abgerissen noch renoviert. Vermutlich wollten die Menschen damals einfach modernere Häuser mit Zugang zu Elektrizität und Wasser haben und nicht in Lehmbauten wohnen, so dass die neue Stadt mit moderneren Häusern quasi um die alte Stadt herum neu gebaut wurde. Es gibt also keine desaströse Vorgeschichte, warum die Stadt verlassen wurde, sondern einfach nur die Veränderung der Lebensweise.
Am Museum „Bait al Safah“ bogen wir nach rechts ab und besichtigten einige der Lehmbauten, die sich teilweise noch in einem echt guten Zustand befanden.
Hinauf zur Hauptstraße kamen wir nicht und daher machten wir an einer Ruine wieder kehrt und liefen durch die Straßen von Al-Hamra zurück zu unserem Apartment.
Wir kochten uns noch ein paar Nudeln und waren erstaunt über den einsetzenden Regen, der so gar nicht vorhergesagt war. Es regnete gut zwei Stunden und wir waren froh, dass wir heute die Wanderung durch das Wadi Nakhar angegangen waren. Morgen würde es vermutlich noch schwieriger sein, einen Weg durch die Wassermassen zu finden.