Die Bergketten des Tien Shan (Himmelsgebirge) gehören wohl ohne Zweifel zu den spektakulärsten Landschaften Kirgistans. Deswegen blickten wir dem heutigen Starttag unserer 4-tägigen Wanderung durch die Bergwelt mit Freude entgegen. Auch wenn die Tour versprach anstrengend zu werden, waren wir auf die Querung des Teleti Passes und des Alakol-Passes zum See Alakol sowie dem Abstieg in das Araschantal, sehr gespannt.
Höhenmeter würden uns einige erwarten, denn der Teleti Pass befindet sich auf ca. 3700 Metern Höhe und der Ala-Kol-Pass auf sogar 3.900 Metern Höhe. Eigentlich hatte ich 6 Tage – mit einem Erholungstag in dem Arashantal – veranschlagt. Aber es kam doch ganz anders als erwartet. Doch von vorne.
Mit großem Respekt starteten wir am Morgen nach dem super Frühstück im Lighthouse unsere Fahrt nach Jeti-Öguz.
Bermet zeigte uns das „gebrochene Herz“ und die Seven Bulls – eine Bergformation aus 7 roten Gipfeln – die das Merkmal des Jeti-Öguz-Tals sind.
Unser Fahrer brachte uns nun bis ins Zentrum des Kurorts Jeti-Öguz. Hier wäre auch der eigentliche Startpunkt unserer Tour gewesen. Allerdings kamen wir mit dem Jeep über eine Schotter- und Steinpiste, entlang des Flusses Jeti-Öguz, viel höher als wir geplant hatten.
An einem Jurtencamp legten wir eine kurze Fotopause ein (außerdem musste die Temperatur des Jeeps heruntergekühlt werden). Das Teleti-Tal ist wirklich schön aber wir waren auch nicht allzu traurig, die gut 15 Kilometer des ersten Tages überspringen zu können. So ein Tal sieht ja doch fast immer gleich aus.
Sieben Brücken musste unser Fahrer überqueren, bis die Fahrt mit dem Jeep nicht mehr weiterging. Hier stiegen wir um 10:30 Uhr aus, schnürten die Bergstiefel, setzten die Rucksäcke auf und wanderten los.
Auf einem breiten Wirtschaftsweg ging es nun entlang des Flusses leicht bergauf. Da wir ausreichend Zeit bis zu unserem ersten Campingplatz hatten, legten wir direkt am Fluss eine kurze Pause ein.
Eine Gebirgsstelze (Grey Wagtail; Motacilla cinerea) zwitscherte sein Lied, während die Sonne auf uns hinabschien. Zum Glück war es hier oben auf knapp 2.200 Metern Höhe nicht mehr allzu heiß.
Nachdem wir eine Brücke überquert hatten, entfernten wir uns vom Wasser und die ersten steilen Meter entlang eines Graspfades warteten auf uns.
Ein paar Kinder wollten uns etwas zum Essen verkaufen, dass wir jedoch dankend ablehnten. Wenn wir uns jetzt schon den Magen vollschlugen, würden wir es heute bestimmt nicht mehr bis auf 3.200 Metern Höhe schaffen 😂.
So folgten wir weiter dem deutlich erkennbaren Weg bergauf. Ausgeschildert ist die Tour übrigens nicht. Karte, GPS oder Tourguide sind daher verpflichtend.
Nach einer Stunde (ca. 4 Kilometer) legten wir um 12 Uhr auf 2.600 Metern eine 15-minütige Pause ein, füllten unsere Getränkeflaschen auf und aßen einen Powerriegel. Das Wasser des Flusses ist zwar glasklar aber da wir auf Nummer sicher gehen wollten, filterten wir das Wasser lieber. Außerdem wollten wir unseren extra vorher erworbenen Grayl Geopress Filter natürlich testen. Es gab auf der gesamten, heutigen Tagestour übrigens genug Möglichkeiten, um seine Wasservorräte aufzufüllen.
Weiter bergauf folgten wir dem schmalen Pfad bis wir ein ausladendes Tal mit saftigen grünen Wiesen erreichten. Eine Wandergruppe machte gerade eine Pause.
Der Blick auf die Berge erfüllte uns mit Ehrfurcht. Allerdings fing es leider ein wenig an zu grummeln und dicke, schwarze Wolken hingen über der vor uns liegenden Bergkette. Wir konnten deutlich die Regenfäden erkennen, die sich in das dahinter liegende Tal ergossen.
Sanft verlief der Weg weiter bergauf. Nach weiteren 1,5 Kilometern legten wir noch einmal eine Pause auf 2.800 Metern Höhe ein und zogen den Rucksäcken vorsichtshalber die Regencapes auf. Auch unsere Regenjacken legten wir griffbereit.
Die Wandergruppe zog an uns vorbei und wenig später folgten wir ihnen weiter bergauf.
Der erwartete Regen blieb zum Glück aus, jedoch grummelte es immer noch hinter den Bergen. Gewitter mag ich nicht unbedingt und noch weniger, wenn ich draußen unterwegs bin.
Wir wanderten um eine Kurve und gelangten in ein weiteres Tal. Der Ausblick war gewaltig. Die hohen Berge und die satten, grünen Wiesen ließen uns die Wanderung trotz des etwas durchwachsenen Wetters genießen.
Langsam gewannen wir an Höhe und legten auf 2.900 Metern Höhe erneut eine Pause ein. Der schwere Rucksack und die dünner werdende Luft forderten nach knapp 10 Kilometern ihren Tribut.
Wir befanden uns ca. 1 Kilometer vom Eco Track Camp entfernt – dem ersten Campingplatz vor dem Aufstieg zum Teleti Pass. 11 Kilometer und 600 Höhenmeter hatten wir bis jetzt zurückgelegt. Insgesamt waren wir 4 Stunden unterwegs.
Da das Gewitter scheinbar doch etwas näher kam (zumindest hat man in den Bergen durch das Hallen des Donners immer das Gefühl), sahen wir zu, dass wir Land gewannen. Ein paar Regentropfen ließen die Wolken auf uns herabfallen. Ein richtiger Schauer blieb aber weiterhin aus.
Der restliche Kilometer bis zum Campingplatz verlief recht eben. Es sind kaum noch Anstiege zurückzulegen. Das Camp befindet sich auf 3.000 Metern Höhe.
Da wir nicht direkt bei den beiden Wandergruppen campieren wollten, stiegen wir noch 200 Meter hinauf bis zu einem Plateau.
Die Wegfindung ist allerdings manchmal auch mit GPS etwas verzwickt und da wir den weiteren Pfad zum Teleti-Pass von unten nicht sehen konnten, fragte Marcel bei den Trägern der anderen Wandergruppe nach, der uns den Aufstieg zum Plateau zeigte.
Der Weg hatte es jedoch in sich, denn die steilen Passagen bis zum Hochplateau ließen uns mehrmals kurz pausieren und Luft holen. Zum Glück konnte man beim Nach-Unten-Gucken, die vielen bunten Blumen bewundern und sich den Weg so ein wenig schöner gestalten.
Ich war so froh, endlich die Anhöhe erreicht zu haben. Denn „Ich kann nicht mehr“ waren noch die fluchfreien Gedanken, die mir bei den letzten 200 Höhenmetern durch den Kopf gingen. Aber dafür sparten wir uns die 200 Höhenmeter beim morgigen Tag, denn der Anstieg muss so oder so bewältigt werden, da der Weg zum Teleti-Pass genau hier her verläuft.
Wir fanden einen geeigneten Untergrund für das Zelt. Einziger Nachteil hier oben; wir waren sehr weit weg vom Fluss.
16:30 Uhr zeigte das GPS. Nach 13 Kilometern und 5 Stunden, inkl. Pausen hatten wir unser erstes Etappenziel erreicht.
Nach dem Zeltaufbau machte sich Marcel auf den Weg hinab zum Fluss um Wasser zu holen. Als er nach 30 Minuten immer noch nicht zurück war, schaute ich besser mal nach, ob er auch noch da war. In dem Moment kam er aber nach oben getrottet. Das Filtern des Wassers und die Höhenmeter vom Fluss hinauf zum Zelt waren auf dieser Höhe nicht ohne. Hätte er mal auf mich gehört und unten am Fluss die Flaschen aufgefüllt. Aber wie sagt man so schön: Wer nicht hören kann muss fühlen 😜.
Gemeinsam aßen wir unser Reisgericht und waren froh, endlich die Schuhe ausziehen zu können. Für die Höhe von 3.200 Metern war es mit 20° Celsius zum Glück noch recht warm.
Zwischen den einzelnen Gewittergrummlern zeigte sich auch immer wieder die Sonne.
Wir genossen den atemberaubenden Sonnenuntergang und legten uns in den wärmenden Schlafsack. Wenn die Sonne einmal weg ist, wird es merklich kühler.
Mitten in der Nacht wurden wir nicht nur von Wetterleuchten geweckt (zum Glück ohne Gewitter, mein Puls war bei jedem Blitz schon auf 200 und sah mich im strömenden Regen in einer Kuhle das Gewitter aussitzen), sondern auch von einem kräftigen Regenguss.
Das Zelt hielt dicht und die restliche Nacht konnten wir mehr oder weniger gut schlafen. Die Höhe machte sich nicht nur beim Luftholen bemerkbar, sondern auch an dem gestiegenen Ruhepuls. Kopfschmerzen und Übelkeit blieben aber glücklicherweise aus. Gut, dass wir die letzten Tage schon meist auf einer Höhe von 2.000 Metern verbracht hatten. Der Körper konnte sich so an die Höhe gewöhnen und sich akklimatisieren.