Japan: Radtour durch Kyoto

Kyoto lässt sich unserer Meinung nach am besten mit dem Fahrrad erkunden. Für den heutigen Tag hatten wir daher eine Fahrradtour geplant, bei der wir uns vor allem den zahlreichen Tempeln widmen wollten, wovon 13 zum UNESCO-Weltkulturerbe zählen.

Bereits gestern hatten wir in der Nähe unseres Apartments einen Fahrradverleih entdeckt und liefen nach dem Frühstück zu Fuß dorthin. Blauer Himmel, strahlender Sonnenschein, was will man mehr? Wir freuten uns über das tolle Wetter und mieteten für 1200 Yen / Person unsere Fahrräder für den heutigen Tag.

Zu Hause hatte ich einen GPS-Track zusammengestellt, den wir nun entlang fuhren. Unser erster Stopp war der Kaiserpalast bzw. der riesige Kyoto-Gyoen-Park rundherum, denn um das Innere des Palasts  besuchen zu können, muss man sich vorher anmelden.

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Wir radelten durch den Park und fuhren durch die Straßen Kyotos zur Burg Nijo. Die Anlage wurde 1601 von Shōgun Tokugawa Ieyasu angelegt. Sie diente als Residenz der Shogune während ihres Aufenthaltes in der Kaiserstadt und wurde entsprechend groß befestigt. Sie wurde jedoch kaum benutzt, da der eigentliche Amtssitz der Shogune in Edo lag, und war damit vor allem ein Machtsymbol des Shōguns in der Kaiserstadt.

Unseren Drahtesel stellten wir auf einem entgeltlichen Fahrradparkplatz ab und begaben uns in die Burganlage. 600 Yen kostete der Eintritt pro Person, dafür erwartete uns eine riesige Parkanlage mit toll angelegten Gärten. Auch das Innere der Burg kann sich sehen lassen. Das Hauptgebäude, der Ninomaru-Palast besteht aus 33 Räumen. In dem zickzackförmig angelegten Gebäudekomplex folgen die Teilgebäude Tōsaburai, Shikida, Ōhiroma, Kuro-Shoin aufeinander, dem sich noch das Shiro-Shoin anschließt. Die ersten vier Gebäudeteile sind von einem Wandelgang eingefasst, von dem ein Stück beim Betreten quietscht. Das ist der berühmte „Nachtigallen-Flur“, der der Legende nach so angelegt wurde, damit jede Bewegung hörbar sei. Bemerkenswert ist die prächtige Ausstattung der Räume, wobei viel Gold verwandt wurde.

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Nach knapp 1 Stunde hatten wir unseren Rundgang beendet. Es war ganz schön warm heute und wir gönnten uns erstmal eine Abkühlung im klimatisierten Souvenirshop. Während ich mir eine Cola gönnte, nahm Marcel ein Matcha Eis. Das Softeis findet man eigentlich überall in Japan, man sollte hier allerdings nichts Süßes erwarten, denn das Eis schmeckt – wie der Tee – eher bitter. Probieren sollte man es trotzdem weil es einfach zu Japan gehört. (Einmal reichte uns aber auch ;-)).

Wir begaben uns zurück zum Fahrrad und waren froh über den Fahrtwind. Heute herrschten 30 Grad und es waren kaum Wolken am Himmel zu sehen. Endlich Sommer :-).

Als nächsten Stopp hatten wir uns den Daitokuji Tempel ausgesucht. Die große Anlage besteht aus 7 Haupttempeln und 21 Sub-Tempeln. Natürlich sahen wir uns nicht alle an, denn das Innere der Tempel sieht fast immer gleich aus. Zudem ist für jeden Tempel extra Eintritt zu zahlen und bei durchschnittlich 300 – 600 Yen / Tempel / Person kann dies ein teurer Spaß werden. Es ist aber eine schöne Möglichkeit Entspannung zu suchen, da man sich auf die Holzböden setzen und die Seele baumeln lassen kann. Die Zen-Gärten haben eine entspannende Wirkung. Die zwei bedeutendsten Tempel der Anlage sind der Daisen-in und der Koto-in. Ersterem statteten auch wir einen Besuch ab. Der Eintrittspreis betrug 400 Yen / Person.

Der Daisen-in zählt zu den 5 wichtigsten Zentempeln in Kyoto und hat fünf kleine Zengärten, die wir uns auf dem Rundgang anschauten. Da der Tempel nicht sehr groß ist, waren wir innerhalb von 10 Minuten wieder draußen.

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Wir schwangen uns aufs Fahrrad und fuhren weiter. Marcel hätte sich auch noch gerne die anderen Tempel angesehen aber ich war der Meinung, dass es mal Zeit für ein wenig Abwechslung wurde. Ein Schrein musste her ;-). Da der Imamiya Schrein keine 10 Minuten entfernt lag, war dieser unser nächstes Ziel. Der alte Shinto-Schrein dient oft als Filmkulisse für historische Samurai-Dramen. Er besteht aus der Haupthalle und mehreren Nebenschreinen.

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Das Fahrrad stellten wir auf dem Parkplatz ab und begaben uns zu Fuß auf das Gelände. Der Eintritt ist kostenlos. Nach 10 Minuten hatten wir alles gesehen und liefen zurück zum Fahrrad. Nicht jedoch ohne vorher die lokale Köstlichkeit in einem der zwei Lokale zu genießen. Es handelte sich um Aburimochi. Äußerst leckere Reiskuchen, die in süßlicher weißer Misosauce getaucht und am Spieß serviert werden. Da wir kein Japanisch und die Bedienung leider kein Englisch verstand, versuchten wir ihr zu erklären, dass sie uns einfach das bringen sollte, was jeder nahm. Wir bekamen 6 Spieße und grünen Tee serviert. Eine klebrige aber köstliche Nascherei, die nicht so süß schmeckt wie sieht aussah. Unbedingt probieren! Eine klare Empfehlung von uns.

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Wir radelten weiter und besuchten die Top-Sehenswürdigkeit Kyotos – den Kinkakuji-Tempel  (Goldener Pavillon). Hier war natürlich die Hölle los, denn der Tempel ist im ganzen Land bekannt und bei Touristen und Schulklassen äußerst beliebt. Den Eintrittspreis von 400 Yen / Person hätten wir allerdings nicht erwartet bzw. viel höher geschätzt. Im Innern der Anlage bekam das Wort „überfüllt“ eine ganz neue Bedeutung. Um das beliebte Motiv abzulichten, quetschten sich die Leute entlang der Balustrade. Ein Einweiser regelte den Fußgängerverkehr und sorgte dafür, dass die Menschen sich nicht in die Quere kamen. Auch wir schossen unsere Fotos und sahen zu, dass wir Land gewannen. Der Pavillon sieht jedoch grandios aus und so ganz anders als die vorherigen Anlagen, die wir besichtigt hatten. Ein Muss wenn man in Kyoto ist. Bei ruhigem Wetter spiegelt sich der Pavillon im Kyōkochi-Teich.

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Wir folgten dem Weg durch die Anlage und konnten noch einmal von oben einen Blick auf den Pavillon werfen.

Im Souvenirgeschäft am Ende des Parks, kauften wir noch ein paar Geschenke für die Daheimgebliebenen und gönnten uns eine kalte Cola aus dem Automaten. Danach begaben wir uns schleunigst nach draußen und waren froh, endlich aus dem Gedränge zu sein.

Mit dem Rad fuhren wir zu den letzten beiden Tempeln, die wir uns heute ansehen wollten – den Ryoanji-Tempel und der Ninnaji-Tempel. Marcel war im Tempelwahn 🙂 Doch vorher galt es einen Anstieg zu bewältigen, der bei dem heutigen Wetter wirklich schweißtreibend war.

Hauptattraktion des Ryonaji-Tempels ist der hier befindliche und wohl berühmteste Zen-Garten Japans, der Hojo-Teien im Kare-san-sui-Stil aus der Mitte des 15. Jahrhunderts. Der Garten besteht aus einer Fläche (30 mal 10 Meter) aus fein gerechtem Kies mit 15 scheinbar zufällig platzierten Steinen in 5 bemoosten Gruppen. Aus keinem Blickwinkel sind alle 15 Steine sichtbar. Auch mein Weitwinkelobjektiv kam an seine Grenzen. Zur Tempelanlage gehört ein großer Teich, den man umrunden kann und sich danach wieder am Ausgang befindet. Mit 500 Yen Eintritt gehört der Ryoanji zu den teureren Tempeln. Wir sind uns jedoch noch nicht so sicher, ob uns der Zen-Garten so beeindruckt hat, wie er angepriesen wurde. Der Tempel selbst sieht von innen nicht viel anders aus als die anderen Tempel, die wir heute gesehen hatten. Ob sich der Besuch lohnt, sollte jeder selbst abwägen.

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Beeindruckt waren wir hingegen vom Ninnaji-Tempel. Durch ein großes Tor betritt man den Tempel und geht nach links in den Tempel hinein. Der Eintritt kostete 300 Yen / Person. Der verwinkelte Komplex umrundet weitere Gärten, die uns wirklich gut gefallen hatten. Im Hintergrund sahen wir die fünfstöckige Pagode, zu der wir uns nach dem Besuch des Tempels begaben.

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Da die meisten Tempelanlagen um 17:00 Uhr ihre Pforten schließen, wurde es auch für uns Zeit abzureisen. Zudem mussten wir ja noch das Fahrrad bis 18:00 Uhr wieder abgeben.

Es folgte die schrecklichste Radtour meines Lebens. Mittlerweile waren viel mehr Menschen auf der Straße als noch am Morgen und die Rush Hour hatte eingesetzt. Da Fußgänger in Japan immer Vorfahrt haben und es sich nicht gehört zu klingeln, begann ein wahrer Slalom. Fahrradwege gibt es in Kyoto nicht und so mussten wir uns den Fußgängerweg mit den Leuten teilen. Anfangs klappte das noch recht gut, da die Wege breit waren. Je näher wir der Innenstadt kamen, desto voller wurde es. Da Marcel an jeder noch so kleinen Straße so stark in die Bremsen ging, dass ich ihm ein paar Mal aufgefahren wäre, hängte ich mich an einen Einheimischen und konnte so den Leuten schnell und besser ausweichen, da der Vordermann schon Platz gemacht hatte ;-). Kurz vor dem Fahrradladen wäre ich jedoch am liebsten gelaufen. Man war das voll und eng hier. Spaß machte das keinen mehr. Aber wir waren fast da und ich froh, endlich das Fahrrad los zu werden. Trotz des Spießrutenlaufs können wir es nur empfehlen, Kyoto mit dem Rad zu entdecken.

Ein toller Tag neigte sich dem Ende und wir hatten viel gesehen. Morgen sollte eine zweite Tour folgen. Wir liefen jetzt erstmal zurück zum Apartment, kauften unterwegs noch Sushi und ein fertiges Menü ein und aßen danach.

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Da unsere Füße heute nicht viel Asphalt zu spüren bekommen hatten, beschlossen wir abends noch einmal zum Bahnhof Kyoto zu fahren und dem dortigen Shoppingcenter einen Besuch abzustatten. Marcel brauchte dringend eine kurze Hose. Wir fanden jedoch nichts Gescheites und fuhren nach knapp einer Stunde wieder zurück. Müde und kaputt ging es ins Bett.

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