Der Regen hatte aufgehört und die Sonne kam zaghaft zum Vorschein. Perfekt für unseren heutigen Ausflug. Also schnell frühstücken, anziehen und los zum Bahnhof. Von diesem fuhren wir eine knappe halbe Stunde bis zu einer der Hauptattraktionen in Kyoto – dem Fushimi Inari Schrein. Vor allem wegen seiner abertausend zinnoberroten Torii-Tore gilt er als beliebtes Ausflugsziel und Fotomotiv.
Dank der allmorgendlichen Rush Hour bekamen wir leider keinen Sitzplatz im Zug und mussten stehen. Am Bahnhof Inari stiegen wir aus, gingen auf die andere Straßenseite und standen am Eingang des Schreins.
Wir bewegten uns durch die Massen und schauten uns die Schreingebäude an. Der Eintritt ist übrigens kostenlos. Verschiedene Wegweiser zeigten die Attraktionen an. Da wir vor allem wegen der Tore gekommen waren, liefen wir auch direkt dorthin.
Auf verschiedenen markierten Wanderwegen kann man nun durch die Torii-Tore hinauf zum Gipfel des 223m hohen Inari laufen. Der Eingang zum Torii-Weg befindet sich am hinteren Ende der Hauptanlage und beginnt mit zwei parallel verlaufenden „Alleen“ (Senbon Torii, „Tausende Torii-Tore“). Alle Torii-Tore sind Spenden von Einzelpersonen und Unternehmen. An der Außenseite der Tore sind jeweils der Name des Spenders und das Datum der Spende vermerkt. Die Kosten beginnen bei ca. 400.000 Yen für ein kleines Tor und reichen bis zu mehr als einer Million Yen für ein großes Tor. Hier war wirklich viel los; jeder wollte ein Foto schießen und man hatte selten den Blick auf die Torii für sich alleine. Aber fürs Foto reichen ja manchmal schon ein paar Sekunden ;-).
Je höher wir über die zahlreichen Stufen gelangten, desto mehr verteilten sich die Leute. Und man konnte tatsächlich an einigen Stellen die Ruhe genießen und diesen unglaublichen Ort auf sich wirken lassen. Um Getränkevorräte muss man sich zum Glück keine Sorgen machen, denn unterwegs gibt es zahlreiche Souvenirshops und Getränkeautomaten. Die Preise sind jedoch an die Bekanntheit des Schreins angepasst worden (200 – 230 Yen je nach Getränk). Da wir genug dabei hatten, brauchten wir nicht nachtanken.
Unterwegs findet man nicht nur zahlreiche Fuchsstatuen (Füchse galten als Boten der Reisgöttin Inari.), sondern auch werden mehrere kleinere Schreine mit Torii-Toren im Miniaturformat, die von Besuchern gespendet wurden.
Je höher man kommt, desto mehr nimmt die Dichte der Toriis allmählich ab. Etwa auf halber Höhe des Bergs gelangten wir Yotsutsuji-Kreuzung mit schönem aber etwas diesigem Blick über Kyoto. Wir waren knapp 1 Stunde unterwegs und die hohe Luftfeuchtigkeit machte uns auch heute wieder zu schaffen. Von hier verlief der weitere Pfad als Rundweg zum Gipfel. Viele Wanderer kehrten an dieser Stelle um, da die Wege auf dem weiteren Verlauf nicht mehr viel Abwechslung boten und die Dichte der Tore immer weiter abnahm. Wir jedoch wollten natürlich zum Gipfel.
Über weitere Stufen und durch weitere Tore erreichten wir diesen nach knapp 20 Minuten. Wir schauten uns ein wenig um und konnten unsere Eindrücke noch gar nicht richtig verarbeiten. Ein mystischer und spiritueller Ort, auch wenn wir uns mit der Religion nicht auskennen.
Wir begaben uns wieder hinab zum Ausgang, schlenderten noch ein wenig durch eine Einkaufsgasse und fuhren mit dem Zug zurück nach Kyoto.
Von hier ging es allerdings nicht zurück zum Apartment, sondern nach Arashiyama. Der Ort ist insbesondere zur Kirschblüte und im Herbst ein beliebtes Touristenziel. Wir wollten uns den berühmten Bambuswald und den Tenryū-ji -Tempel ansehen. Die Fahrt von Kyoto dauert knapp 30 Minuten. Vom Bahnhof muss man jedoch noch ca. 1km Fußmarsch bewältigen. Die Richtung zum Bambuswald ist auf der Straße schon dick markiert. Wohl dem, der sich den Rückweg merkt, denn hier steppte der Bär. Menschen über Menschen bewegten sich durch die Straßen. Dagegen war es am Schrein noch leer gewesen. Ich möchte gar nicht wissen, wie voll es hier zur Hauptsaison ist…
Wir gelangten schnell in den ersten Abschnitt des Bambuswaldes. Auf Teerwegen liefen wir hindurch und waren enttäuscht. Überall hingen Kabel und Leitungen zwischen den Bäumen und es sah nicht sehr einladend aus. „Das war es??“ Auf Fotos hatte der Bambuswald irgendwie verwunschener gewirkt.
Wir erreichten den Tenryū-ji -Tempel, der besonders für seinen Garten bekannt sein soll. Nachdem wir den Eintritt von 500 Yen gezahlt hatten, spazierten wir durch die große Anlage. Der Tenryū-ji gilt als der erste der Fünf Großen Zen-Tempel der Rinzai-shū in Kyōto. Hinter der Haupthalle liegt der Sogenchi-Garten, den Musō Soseki, ein Meister der Gartenkunst, im 14. Jahrhundert im Stil des chisenkaiyu-shiki (etwa: spazieren gehen) anlegte und der bis heute nahezu genau wie in den ersten Tagen erhalten geblieben ist. 1994 wurde der Tempel in die UNESCO-Weltkulturerbeliste aufgenommen. Der Tempel ist einen Besuch wert und der Garten lädt zum Verweilen ein.
Hinter dem Tempel entdeckte ich, dass der Bambusgarten hier weiterverlief. Vielleicht war dieser Teil schöner… Also suchten wir den Ausgang des Tempels und fanden uns plötzlich ganz woanders wieder. Statt zum Bambuswald mussten wir nun die komplette Wegstrecke zur Straße zurücklaufen und von hier erneut durch den hässlichen Bambuswald und am Tempel vorbei gehen. Das hätten wir auch einfacher haben können. Dafür wurden wir für den Umweg belohnt und befanden uns nun im richtigen Teil des Bambushains. Hier war es traumhaft. Die hohen Bambusbäume mir ihren dicken Stämmen verliehen diesem Ort eine tolle Atmosphäre. Auch wenn der kleine Spazierweg hindurch nicht lang war und die Leute sich fast stapelten, hatte sich der Ausflug gelohnt. Und so ein Bambuswald hat den Vorteil, dass man bei Regen nicht direkt nass wird. (Natürlich hat es auch bei unserem heutigen Besuch kurz geschauert ;-))
Nach 1,5 Stunden gingen wir zurück zum Bahnhof, kauften uns unterwegs ein Eis und warteten auf den Zug nach Kyoto, den wir natürlich gerade verpasst hatten. Aber an einem so stark frequentierten Ort braucht man zum Glück nicht lang warten.
Von Kyoto fuhren wir mit der U-Bahn zu unserem Apartment und nahmen erstmal einen Happen zu uns. Ein paar Stücke vom gestrigen Sushi und den Schnitzeln waren noch übrig.
Wir entspannten uns ein paar Stunden und liefen zum Einbruch der Dunkelheit ins Gionviertel, der Ausgehmeile Kyotos mit zahlreichen Geschäften und Restaurants und der Ort an dem man am ehesten einer Geisha über den Weg laufen kann. (Einer richtigen Geisha, nicht den zahlreich verkleideten Touristen, die überall in Kyoto herumlaufen. Wobei es schwer ist, die Unterschiede immer zu erkennen).
Eine Geisha ist eine Unterhaltungskünstlerin, die traditionelle japanische Künste darbietet. In Kyoto werden sie als Geiko bezeichnet. Eine Geisha in Ausbildung heißt in Kyoto Maiko. Die Grundausbildung einer Maiko beginnt heute mit 16 Jahren. In dieser Zeit lernt die künftige Geisha die Grundlagen der traditionellen japanischen Künste wie Kalligrafie und das Spiel auf mehreren japanischen Musikinstrumenten, zum Beispiel Schamisen (Laute), Fue (Flöte) und Tsuzumi (Handtrommel). Eine Geisha muss auch gewandt in Konversation und eine gute Sängerin, Tänzerin und Gastgeberin sein und die Teezeremonie beherrschen. Um erfolgreich zu sein, muss eine Geisha anmutig, charmant, gebildet und geistreich wirken. Sie muss außerdem die Regeln der Etikette einwandfrei beherrschen und bei jeder Gelegenheit Haltung bewahren können.
Auch wir entdeckten die eine oder andere Geisha. Meist kann man sie aufgrund ihres alltäglichen Verhaltens erkennen und den fehlenden Kameras oder Smartpphones, um Fotos von sich zu machen ;-). Marcel war jedoch etwas irritiert vom Begriff „Ausgehviertel“ und war nach dreimaligem Fragen „Sind wir hier richtig?“ und meiner Antwort darauf „ja“, „jaaaa“, „jaaaaaaaaa man“ immer noch nicht überzeugt, dass wir hier richtig waren, denn es war nichts los. In den Gassen befanden sich kaum Leute und die Restaurants sahen leer aus. Viellicht waren wir noch zu früh.
Da mir jedoch die Füße vom Asphalt schmerzten, wollte ich zurück zum Apartment und einfach nur ins Bett. Wir liefen daher durch die Gassen Gions zurück zu unserer Unterkunft und ich war froh, endlich die Schuhe aus und die Beine hochlegen zu können.
Textauszüge: www.de.jal.com