Südafrika: Kruger Nationalpark: Rund um das Lower Sabie Camp

Wie froh war ich doch, als wir um 04:00 Uhr endlich aufstehen mussten. Ich hatte die Nacht höchstens eine Stunde geschlafen und lag eigentlich hauptsächlich wach im Bett und kauerte mich in meine Decke. Die nächtlichen Tiergeräusche waren für mich persönlich der Alptraum schlechthin. Zudem hat der Elektrozaun dauernd mal lauter und mal leiser geknackt und mich so zusätzlich aufgeschreckt. Die Büffel gaben so laute Geräusche von sich, dass ich jeden Moment erwartete, die gleich im Zelt stehen zu haben. Und dann waren da noch die unidentifizierbaren Geräusche. Irgendein Tier hat die ganze Nacht unter dem Zelt gegrast und gebuddelt. Was an sich nicht so schlimm war wie die Schreilaute von irgendwelchen Tieren. Neeee das ist nichts für mich. Ich schlafe lieber in einer geschlossenen Hütte aus dicken Wänden. Aber eine Erfahrung war es wert. Was hätte ich bloß gemacht, wenn wir eine 3 Tages-Buschtour mit Draußen-Übernachtung gebucht hätten? Überrascht

Wir zogen uns an und gingen mit der Taschenlampe bewaffnet zum Auto. Man, was hatte ich Schiss. Am liebsten hätte ich gewollt, dass Marcel mich trägt. Jeden Moment rechnete ich mit Tieren aus dem Gebüsch. So froh war ich noch nie im Auto zu sitzen.

Wir fuhren zum Treffpunkt der Morgentour und warteten mit den anderen Gästen auf den Ranger. Die Dame verspätete sich allerdings und hatte auch nicht die beste Laune. Mit einem gegrummelten „Good Morning“ ging es ohne Einweisung oder Infos los.

Wir sahen Zebras und Nilpferde und lauschten dem heulenden Gesang der Hyänen. Nach knapp 20km und 1,5 Stunden Fahrt streikte dann allerdings unser Fahrzeug. Der Anlasser hatte wohl den Geist aufgegeben. Schöner Mist. Jetzt saßen wir hier fest. Ausstiegen ging natürlich nicht. Aber zum Glück waren die Touristen auch schon unterwegs und boten ihre Hilfe an. Unsere Rangerin teilte mit, dass wir vom Lower Sabie Camp seien und die Leute dort Bescheid sagen sollten. Jetzt hieß es also warten. Und was entdeckten wir als wir da so warteten? Einen Touristen mit Deutschlandfahne am Auto. Wie peinlich war das denn bitte? WM war keine und auch sonst sahen wir keinen Grund, warum man mit einer Deutschlandfahne durch den Kruger National Park fahren muss. Noch nie im Leben habe ich mich so für meine Herkunft geschämt. Zum Glück hatten wir vorher nicht erwähnt, aus welchem Land wir kamen. Aber am Akzent ist das meist sowieso herauszuhören. Manometer. Unbeschreiblich was manche Leute so für Ideen haben…

Wir warteten weiter und die Rangerin teilte uns mit, dass wir die Tour entweder komplett stornieren und das Geld zurückbekommen oder eine andere Tour in Anspruch nehmen können. Da wir morgen den Kruger Park verließen, kam für uns nur die Sunset Tour heute Abend in Frage.

Um 07:00 Uhr wurden wir endlich erlöst und ein anderer Ranger mit einem neuen Jeep kam angefahren. Lustigerweise sprang bei ihm der kaputte Jeep natürlich an Lachend. Man könnte ja jetzt meinen „Frauen und Technik“ aber die Dame hatte es mehrfach versucht, das Auto wieder zum Laufen zu bringen. Ohne Erfolg. Wir stiegen also in das neue Fahrzeug um und fuhren zurück zum Camp. Dort kamen wir um 07:30 Uhr an und buchten direkt die Tour für heute Abend.

Wo wir jetzt schon einmal wach waren, fuhren wir mit dem Auto zum nahegelegenen Sunset Wasserloch am Lower Sabie Camp. Was uns hier erwartete, sprengte all unsere Erwartungen. Massenhaft Tiere hatten sich hier versammelt. Impalas, Störche, Nilpferde und Krokodile. Und aus den Büschen kamen immer wieder andere Tiere ans Wasserloch. Wir sahen Warzenschweine, Antilopen und Giraffen, die sich zum Trinken heranwagten. Am besten hat uns die trinkende Giraffe gefallen, die sehr sehr lange überlegte, ob sie denn überhaupt trinken soll. Anscheinend war ihr die Situation nicht ganz geheuer. Aber wenn man Durst hat, hat man Durst.

Es brachte uns wirklich zum Staunen, was an einer Stelle so alles passieren kann. Wir hielten uns 1,5 Stunden hier auf und schauten dem Treiben einfach zu. Langweilig wurde es nicht. Es wurde jedoch sehr warm im Auto, weswegen wir um 09:30 Uhr ins Camp zurückfuhren. Hier legten wir uns jetzt noch ein wenig hin. Außerdem war Waschtag und wir nutzten die Hitze. Marcel spannte eine Leine und wir hingen die Sachen drüber. Er entdeckte, dass Paviane ins Camp gehuscht waren. Der Versuch, sie zu verscheuchen mislang. Stattdessen kamen sie direkt zu unserem Zelt und setzten sich aufs Dach. Ans Hinausgehen war nun nicht zu denken, da die Tiere auch sehr aggressiv werden können. Wir warteten also ab, bis sie endlich weg waren und hangen unsere Sachen weiter auf.

Den Tag mal ein wenig entspannter angehen zu lassen tat auch gut. Aber um 13:30 Uhr packte uns die Unruhe und wir fuhren noch einmal zur Tierbeobachtung hinaus. Auf der S28 waren Löwen entdeckt worden und die wollten wir uns nicht entgehen lassen. Wir hatten allerdings nicht allzu viel Zeit, da um 16:30 Uhr bereits die Sunsettour losging. Wir peilten daher als ersten Stopp das Ntandanyathi Versteck an, dass sich ca. 10km vom Camp entfernt befindet. Auf dem Weg dorthin konnten wir Zebras in der Steppe beobachten.

Auch in diesem Versteck darf man wieder aussteigen und in eine abgezäunte Hütte gehen. Wir trafen erneut auf andere Gäste, unterhielten uns ein wenig und hielten dann Ausschau nach Tieren. Außer Meerkatzen entdeckten wir jedoch nur noch einen Storch im Baum.

Wir fuhren zurück auf die S28 und peilten das Nhlanganzwani Wasserloch an. Hier waren die Löwen gesichtet worden. Auf dem Weg dorthin entdeckten wir eine Giraffe, eine Zebrafamilie und ein Breitmaulnashorn. Diesmal sogar ganz an der Straße. Welch ein Glück, so ein erhabenes und gefährdetes Tier aus der Nähe sehen zu können.

Wir bogen auf die S107 ab und fuhren 2km bis zu dem Wasserloch. Dort angekommen entdeckten wir ein Warzenschwein, Zebras und Antilopen. Sehen konnte man jedoch aufgrund des hohen Grases kaum etwas. Es wurde nun Zeit für die Rückfahrt. Wir fuhren wieder auf die S28 und sahen eine Riesentrappe. Dieser auch unter dem Namen Koritrappe bekannte Vogel gehört zu der Familie der Kraniche und ist einer der schwersten flugfähigen Vögel. Um 15:45 Uhr erreichten wir wieder das Camp und hangen unsere getrocknete Wäsche ab. Die Büffel hatten sich auch wieder am Sabie Fluss versammelt und kühlten sich ab.

Um 16:15 Uhr trafen wir uns wieder an dem Parkplatz. Die Nachmittagsgruppe war um einiges größer als die von heute morgen. Zwei große Jeepfahrzeuge standen für die Touristen bereit. Mit dabei war wieder die Rangerin von heute morgen. Anscheinend ein harter Job. Aber sie hatte jetzt sehr gute Laune und pünktlich um 16:30 Uhr ging es los. Da die Touren im Lower Sabie Camp eine halbe Stunde später anfangen als in den anderen Camps, ging nun schon bald die Sonne unter. Zuerst hielten wir unmittelbar am Camp an einem Baum direkt an der Straße. Der Grund: Gestern hat dort ein Impala im Geäst gehangen. Anscheinend ein Leopard, der sich nun sein Fressen einverleiben wollte. Der Leopard war jedoch nicht zu sehen und das Impala schon so gut wie verspeist. Das sah ziemlich bizarr aus.

Die Fahrt ging weiter und wir entdeckten viele andere Tiere. Darunter auch eine Elefantenherde, die die Straße überquerte. Sie zeigte uns Giraffen, Zebras und erneut die Riesentrappe. Von einer Frau erfuhr die Rangerin, dass Löwen an dem Wasserloch gesichtet worden waren. Natürlich wollte sie uns diese zeigen und fuhr erneut auf die S28. Unterwegs hielten wir noch einmal, um Giraffen und ein Nashorn zu bestaunen. Man merkte ihr allerdings an, dass sie schnell weiter wollte. Auch wir waren ein wenig nervös, ob es denn heute endlich zu einer Löwensichtung kommen sollte.

Der Tag neigte sich dem Ende und in einem Baum entdeckten wir Geier, die anscheinend auf Beute warteten. Irgendwo hier hatten sich die Löwen versteckt. Der Sonnenuntergang übertraf sich heute mal wieder selbst und das Farbenspiel brachte uns erneut in seinen Bann.

Die Giraffe im Licht der untergehenden Sonne blieb mir allerdings verwehrt. Auf dem Foto ist es schon zu dunkel gewesen. Nun hieß es die Beleuchtung anzuschalten und weiter nach Tieren Ausschau zu halten. Wir entdeckten Impalas und endlich ein Löwenpärchen. Ja richtig, da waren sie endlich, diese erhabenen Tiere. Sie waren natürlich das absolute Highlight und sind nicht umsonst als der König der Tiere bekannt. Zu ihrer bevorzugten Nahrung gehören Impalas, Zebras und Gnus. Sie töten ihre Beute mit einem gezielten Genickbiss oder einen Biss in die Kehle. Löwen sind nicht so schnell, wie ihre Beutetiere und überwältigen sie durch List und geschickte Ausweichmanöver. Zudem jagen sie Beute oft im Rudel. Löwen machen auch vor Menschen nicht halt und man sollte immer wachsam sein. Auf einen Baum klettern hilft nicht viel wenn man vor ihnen auf der Flucht ist, denn sie können besser klettern. Im Jeep kann jedoch nichts passieren. Wir waren absolut hingerissen von dem Anblick. Zumal die beiden auch direkt an unserem Jeep standen. Das Männchen überlegte erst, ob es brüllen sollte, entschloss sich aber dann zum Rückzug.

Wir begleiteten die beiden eine Weile und wurden sogar Zeuge ihres Liebesspiels. Das Löwenpaar verlässt das Rudel und gibt sich ganz der Kopulation hin. Erst wird sich für ca. 1 Minute vereinigt. Später kann der Geschlechtsakt auch bis zu 20 Minuten dauern. Löwinnen können das ganze Jahr über trächtig werden und bringen durchschnittlich 2-3 Junge zur Welt. Nicht selten werden aber auch bis zu 6 Löwenbabies geboren. Leider überleben etwa nur die Hälfte von ihnen das Babyalter, da sie entweder von den eigenen Eltern oder von anderen Raubtieren gefressen werden. Auch werden die Kleinen häufig von ihren Müttern verstoßen und verhungern.

Nachdem sie im Dunkeln der Nacht verschwunden waren, fuhren auch wir weiter. Der Ausflug hatte sich mehr als gelohnt und wir freuten uns wie kleine Kinder über die Sichtung. Da war das nur ein paar Minuten später gesichtete Nashorn ein wenig nebensächlich. Aber wir freuten uns trotzdem, mussten jedoch erstmal die Löwen verarbeiten.

Nach der Nashornsichtung sahen wir jedoch bis fast zum Ende der Tour keine weiteren Tiere mehr. Eine verbleibende Stunde fuhren wir durch die Umgebung. Aber die Löwen… ja die Löwen… da machte es nichts, dass wir jetzt nichts mehr sahen. So ist die Tierwelt halt. In der Nähe des Camps entdeckten wir eine Hyäne, die die Straße überquerte.

Das halb gefressene Impala hang immer noch im Baum aber der Leopard war nicht zu sehen. Daher fuhren wir in den verbleibenden 10 Minuten noch einmal zu dem Wasserloch, an dem wir heute morgen gewesen waren. Aber außer zig Krokodilaugen war nichts zu sehen. Die Dunkelheit verschluckte das Licht und man konnte nicht einmal bis zum anderen Ufer gucken. Nach dieser erlebnisreichen Tour ging es zurück ins Camp, wo wir uns verabschiedeten und direkt ins Restaurant gingen. Dort aßen wir erneut, wobei ich mit meiner Auswahl alles andere als zufrieden war. Die Lasagne hat mal so gar nicht geschmeckt. Aber ich hatte auch keinen großen Hunger und aß daher nur die Pommes von Marcel.

Müde und kaputt gingen wir zu unserem Zelt und ich konnte trotz der Übermüdung nicht tief und fest schlafen. Aber zumindest mal ein paar mehr Stunden als gestern, obwohl die Tiergeräusche immer noch so undefinierbar waren.


Heute haben wir auch von dem Absturz des Germanwings Flug 4U9525 erfahren, bei dem 150 Menschen ums Leben kamen. Da der Internetempfang jedoch nicht so gut war, hörten wir von dem Absturz im Radio. Erst nach unserem Aufenthalt in Swasiland erfuhren wir, was passiert war. Ein schreckliches und unfassbares Unglück. Unser tiefstes Mitgefühl gilt den Angehörigen der Opfer und wir wünschen ihnen Trost und Halt, um den Verlust eines geliebten Menschen zu verkraften.