Sizilien: Auf Entdeckungstour

Der Wecker klingelte heute bereits um 06:30 Uhr, denn je früher wir starteten, umso länger hatten wir die Gegend um den Ätna für uns allein. Wenn erstmal die zahlreichen Reisebusse gegen 09:00 Uhr an der Seilbahnstation eintrafen, war es vorbei mit der Ruhe, dann herrscht High Life.

Allerdings verriet der morgendliche Blick aus dem Fenster, dass der Gipfel des Ätna bereits schon jetzt in Wolken hing. Damit war ein Ausflug in die Nähe der Gipfelkrater gestorben. Zu Hause hatte ich allerdings ein paar Wandertouren unterhalb des Gipfels vorbereitet und auch der Rother Wanderführer von Sizilien schuf hier Abhilfe. Beim Wandern konnte ich heute direkt testen, wie das mit meinem Fuß klappte. Die OP war zwar schon einen Monat her aber so gut laufen ließ es sich noch nicht.

Über die Passstraße fuhren wir Richtung Rifugio Sapienza. Ein paar Zwischenstopps später, bei denen wir den Ausblick und die morgendliche Ruhe genossen, erreichten wir den großen Parkplatz an der Seilbahnstation. Heute sollte es jedoch nicht nach oben gehen, sondern ins Valle del Bove.

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Das Valle del Bove ist ein weiträumiges Hochtal am Südosthang des Ätna. Es handelt sich um eine komplexe vulkanische Caldera, die vermutlich das Resultat mehrerer großer Zusammenstürze und explosiver Ausbrüche im Zeitraum von mehreren 10.000 Jahren ist. Im Laufe der Zeit hat der Ätna seine vulkanische Aktivität sukzessive von Osten nach Westen verlagert, wobei sich das Einbruchsgebiet immer weiter nach Westen ausgedehnt hat. An der heutigen Morphologie der Caldera war aber auch die Erosion mit Hangrutschungen, Lahar-Bildungen und rezenten Lava-Flüssen beteiligt.

Der schnellste Zustieg vom Rifugio Sapienza erfolgt über den Weg „Schiena dell’asino“. Es gibt einen Parkplatz direkt an der Straße SP92. Generell gibt es leider nicht viele Möglichkeiten mal irgendwo am Straßenrand anzuhalten, was sehr schade ist. So kann man die Natur meist nur aus dem Auto erleben.

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Vom Parkplatz führte ein gepflasterter Weg durch einen Pinienweg steil hinauf. Schweißtreibend und ganz schön anstrengend.

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Nachdem die ersten paar Meter (und Höhenmeter) überwunden waren, wurde der Weg allmählich flacher und anstatt über Steine, liefen wir auf Asche weiter.

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Mein GPS zeigte zwei Sehenswürdigkeiten an, die wir ansteuerten darunter die Grotta di Pitagora und ehemalige Hornitos aus früheren Ausbrüchen. Den Zugang zu finden, gestaltete sich aber als echte Herausforderung. Den eingezeichneten Weg auf meiner Karte fanden wir nicht und mitten durch die Vegetation wollten wir auch nicht gehen.

Wir ließen daher von der Idee ab und folgten dem Weg zum Aussichtspunkt auf dem Monte Lupo. Wir genossen den tollen Blick ins Tal und liefen danach weiter.

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Rein zufällig entdeckten wir dann auch die Grotta di Pitagora und den dazugehörigen Zustieg.

Über ein steiles Aschefeld liefen wir bergauf Richtung Höhle, die die Form eines Dreiecks hat. Übersetzt bedeutet Grotta di Pitagora die „Höhle des Pythagoras“. Leuchtete ein 😀.

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An der Höhle angekommen gönnten wir uns eine ausgiebige Pause mit Blick ins Tal. Ein herrlicher Ort zum Verweilen und kein einziger Mensch weit und breit.

Da sich das Wetter leider zunehmends verschlechterte beschlossen wir, die Wanderung an dieser Stelle abzubrechen und zurück zum Auto zu gehen.

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In unserem Apartment hatten wir ein paar Fotobücher über Sizilien gefunden und wollten daher einfach ein paar Punkte ansteuern, die uns gefielen.

Als Erstes hatten wir uns das Riserva Naturale Orientata Oasi Faunistica di Vendicari herausgesucht. Es handelt sich um ein Naturreservat, in dem u.a. Flamingos, Löffler, Pelikane und Störche heimisch sind. Hier befindet sich auch ein Strand, der bei den Einheimischen sehr beliebt ist und eine ehemalige Thunfischfabrik. Der Eintritt ist kostenlos.

Nach einer knapp zweistündigen Fahrt erreichten wir den Parkplatz zum Naturreservat. Hier war ganz schön was los und es war echt höllisch heiß. Die angenehmen Temperaturen am Ätna hatten wir zwar nicht erwartet aber es waren bestimmt über 30 Grad und kein Schatten in Sicht.

Nachdem wir an einem Vogelaussichtspunkt nur ein paar Möwen gesichtet hatten, liefen wir zuerst auf gepflasterten Wegen und später über Holzstege zum Strand.

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Der Strand lud uns persönlich nicht unbedingt zum Baden ein, daher liefen wir zur ehemaligen Thunfischfabrik. Unterwegs genossen wir den Blick auf die kleinen Seen (sog. Patano) im Reservat. Vögel waren auch hier kaum welche zu sehen. Nur ein Reiher suchte nach frischem Fisch.

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Die Thunfischfabrik von Vendicari spielte aufgrund der Nähe der größeren Anlagen von Marzamemi und Capo Passero nur eine kleinere Rolle. Erste sichere Quellen gehen auf etwa 1600 zurück. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts befand sich die Anlage im Niedergang, profitierte jedoch später vom allgemeinen Aufschwung, als das Verfahren zur Verbesserung der Haltbarkeit von Salzen auf Einlegen in Öl umgestellt wurde. 1884 wurde der Betrieb wegen zu geringer Produktivität eingestellt, zwischen 1914 und 1944 aber noch einmal aufgenommen. Die Reste des Verarbeitungsbetriebs und der Fischerhäuser wurden später restauriert und sind gut erhalten.

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Wir wollten eigentlich noch zur kleinen Badebucht Cala Mosche spazieren aber ein 2km langer Fußmarsch bei den Temperaturen ohne Schatten und ohne Getränke erschien uns nicht sehr verlockend. Daher kehrten wir um und gingen zurück zum Auto.

Wir schmissen die Klimaanlage auf höchster Stufe an und überlegten, was wir mit dem Rest des Tages noch anstellen sollten. Wir beschlossen erstmal Richtung Nicolosi zu fahren und dann spontan zu entscheiden, ob wir uns an einen Strand legten oder durch eine Stadt gingen.

Je näher wir unserer Unterkunft kamen, desto weniger Lust hatten wir zum Strand oder in die Stadt zu fahren. Da zur Ferienwohnung auch ein Pool gehörte, beschlossen wir, diesen heute ein wenig in Anspruch zu nehmen und zu schauen, wie sich das Wetter am Ätna so entwickelte.

Nachdem wir am Apartment angekommen waren, hörten wir ein leises Grummeln in der Ferne. Nein, der Ätna hatte sich nicht dazu entschlossen, ein wenig Radau zu machen, sondern ein kleines Gewitter zog auf. Die Region um den Gipfel hing in dicken schwarzen Wolken. Da die Sonne noch schien und wir annahmen, dass das Gewitter vorbeiziehen würde, gingen wir zum Pool.

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Das Gewitter kam jedoch näher und als die Sonne hinter den Wolken verschwand, beschlossen wir, doch lieber rein zu gehen. Eine gute Entscheidung, denn wenig später öffnete der Himmel seine Pforten und es schüttete wie aus Kübeln. Allerdings verzog sich das Donnerwetter so schnell wieder, wie es gekommen war.

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Was wollten wir mit dem Rest des Tages noch so anstellen? Keiner unserer Urlaube wäre perfekt ohne eine vollkommen bescheuerte Tour. Und so kam es, dass wir beschlossen, die große Ätna-Rundfahrt von Süd nach Nord zu anzugehen.

Zuerst fuhren wir daher die uns bekannte Passstraße Richtung Rifugio Sapienza hoch. Das Wetter auf 1.900m Höhe war zwar nicht schön aber immerhin trocken, was uns hoffen ließ, auf der anderen Seite auch besseres Wetter zu haben.

Wir folgten nun der Beschilderung nach „Etna Nord“. Ein Fehler, wie sich auf der Rückfahrt herausstellte. Denn die Fahrt führte uns wieder hinab ins Tal und schickte uns durch zahlreiche kleine Orte wie Zaffarena, Milo und Fornazzo. Allein der Weg hinab dauerte schon eine gute Stunde. Insgesamt sollte die Distanz zwischen Etna Sud und Etna Nord ca. 42 km betragen. Nicht zu erwähnen, dass das bei weitem nicht stimmte.

Nachdem wir zahlreiche Serpentinen hinab und hinauf und durch enge Straße gefahren waren, erreichten wir nach gut zwei Stunden endlich die Region Etna Nord.

Die Sonne war bereits untergegangen und mit den letzten Strahlen konnten wir die beeindruckende Gegend erkunden. Viel Zeit hatten wir zwar nicht mehr bis zur einbrechenden Dunkelheit aber immerhin war das Wetter hier deutlich besser und wir waren ganz alleine hier oben. (Man muss der Odyssee ja etwas Positives abgewinnen 😀).

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Die Zerstörung aus den Jahren 2002/2003 war immer noch deutlich zu erkennen. Um Mitternacht des 26. Oktobers 2002 öffneten sich an der Südflanke des Berges in 2750 Metern Höhe und an der Nordostflanke in einer Höhe zwischen 2500 und 1850 Meter Eruptionsspalten, aus denen mit großer Heftigkeit Lava austrat. Als der Ausbruch am 28. Januar 2003 endete, hatte der Vulkan 60–70 Millionen Kubikmeter Lava und Pyroklastika ausgespuckt und riesigen Schaden angerichtet, so wurde an der Südflanke die Seilbahn zerstört und an der Nordostflanke der Piano Provenzana mit der Touristenstation Ätna Nord vollständig von Lava überflutet.

Der Piano Provenzana, eine weite und flache Hochebene in etwa 1900 m Höhe, war vor dem Ausbruch von 2002 eine liebliche, mit Bäumen bestandene und mit Gras und Blumen bewachsene Landschaft. Die Station Ätna Nord mit den Hotels Le Betulle und Piano Provenzana sowie eine Reihe von Holzhütten mit Souvenirverkauf und Skiverleih wurden in kurzer Zeit vollständig zerstört.

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Wären wir mal früher aufgebrochen um hier hin zu fahren (oder dem GPS anstatt der Beschilderung gefolgt), dann hätten wir die Gegend noch ein wenig erkunden können. So begaben wir uns nach einer knappen halben Stunde schon wieder auf die Rückfahrt. Diesmal allerdings nach GPS… Wobei uns das kurz vor der Ankunft auch durch Straßen schickte, die man so wohl nie gefahren wäre. Aber dafür dauerte die Rückreise auch nur eine knappe Stunde.

Völlig geplettet ging ich zu Bett, während Marcel sich eine Pizza holte und noch ein wenig Fernseh sah.