Japan: Hiroshima – Metropole am Wasser

Weltweite Bekanntheit erlangte Hiroshima als Ziel des ersten kriegerischen Kernwaffeneinsatzes am 6. August 1945. Die Explosion in 600 Meter Höhe zerstörte um 8:15 Uhr Ortszeit ungefähr 80 % der bis dahin unbeschädigten Stadt. Bei diesem ersten Einsatz einer Kernwaffe in einem Krieg wurden schätzungsweise 90.000 Personen sofort getötet; an den Spätfolgen starben weitere 90.000 bis 166.000 Menschen. Die noch lebenden Opfer des Angriffs werden in Japan als „Hibakusha“ bezeichnet und leiden an den Folgen der Verstrahlung bis heute. Hiroshima war unser nächstes Ziel auf unserer Rundreise durch Japan.

Die eigentlich für heute geplante Wanderung im Kirishima Nationalpark ließen wir aufgrund des schlechten Wetters sausen und machten uns direkt nach dem Frühstück auf den Rückweg nach Kagoshima. Es regnete zwar nicht mehr; die Berge waren jedoch immer noch wolkenverhangen und wir hätten immer noch keine Aussicht gehabt. Kein guter Start in unseren Urlaub.

Mit dem Bus fuhren wir wieder zurück nach Kirishima-jinju und von dort mit dem Regionalzug nach Kagoshima-Chuo. Es empfiehlt sich für die Zugverbindungen die App „Hyperdia“ herunterzuladen. Diese ist zwar nur offline verfügbar aber da wir in jedem Hotel W-Lan hatten, konnten wir die Zugverbindungen immer vorher heraussuchen. Für den Bus habe ich vorher auf der Internetseite von Kagoshima die japanischen Haltepunkte heruntergeladen und mit dem Googleübersetzer halbwegs übersetzt. So konnten zumindest Maruo und die Endstation Kirishima-jingu eindeutig zugeordnet werden.

Mit dem Shinkansen, dem japanischen Hochgeschwindigkeitszug, fuhren wir zuerst nach Kumamoto und von dort weiter nach Hiroshima. Der Shinkansen zeichnet sich weniger durch die absolute Höchstgeschwindigkeit der Triebwagen (443 km/h im Testlauf) als vielmehr durch seine durchgängig hohe Reisegeschwindigkeit auf einem vom Nah- und Güterverkehr baulich komplett getrennten Hochgeschwindigkeitsnetz aus.

Normalerweise fährt der Zug von Kagoshima-Chuo direkt nach Hiroshima durch, aufgrund des Erdbebens vor 2 Monaten war die Strecke jedoch immer noch gestört und es gab einen Sonderfahrplan. Wir hatten vorher im Reisezentrum schon unsere Sitzplätze kostenlos reserviert (Diese sind im Japan Rail Pass enthalten) und stellten uns an die passende Stelle auf dem Bahnsteig. Die Wagennummern sind genau ausgeschildert und auf dem Ticket vermerkt. Man kann sich das Gerenne durch den Zug so ersparen, indem man sich direkt an den richtigen Abschnitt stellt. Ein echter Vorteil zur Deutschen Bahn. Zudem gibt es auch immer 1-5 Waggons, in denen ausschließlich unreservierte Plätze zu finden sind. Die Anzahl hängt von der gesamten Wagenlänge ab. Es gibt Shinkansen mit nur 6 Waggons aber auch welche mit 12 oder 16. Die japanischen Züge gelten als außerordentlich sicher und sind fast immer pünktlich. Mit ihnen kommt man in Japan schnell und bequem voran. Für die knapp 600km bis Hiroshima brauchten wir nur ca. 3 Stunden. Mit dem Auto unschaffbar.

Wir stellten uns in die richtige Reihe unseres Waggongs (an japanischen Bahnhöfen läuft alles sehr geregelt ab. In einer markierten Wartelinie stellen sich die Passagiere in eine Reihe; Gedränge gibt es nicht) und warteten auf die Einfahrt des Shinkansen. Lustig ist auch, dass in Japan überall und für alles Musik in verschiedenen Variationen abgespielt wird. Sogar der Müllmann hat seine eigene Musik. Auch konnten wir eingespieltes Vogelgezwitscher hören. Zuerst dachten wir noch, es handelte sich um einen echten Vogel aber an jedem Bahnhof waren unterschiedliche Vogelstimmen zu hören. Wirklich interessant hier in Japan.

Im Zug gönnten wir uns erstmal den Spaß und drehten unseren Sitz. In den Shinkansen lassen sich diese um 360 Grad drehen. Man kann also auch seitlich sitzen und nach draußen gucken. Oder wenn man zu viert fährt, kann man sich so gegenübersitzen. Tolle Technik. Dadurch hat man übrigens auch eine überragende Beinfreiheit. Sehr bequem die Züge und nur zu empfehlen.

Gegen 13:00 Uhr erreichten wir Hiroshima. Mit dem ganzen Gepäck mussten wir jetzt noch mit der Tram bis zu unserem Hotel Sunroute fahren. Aber das Straßenbahn fahren ist auch hier wirklich einfach. Es gibt eine Flatfare mit der man für 160 Yen überall hinfahren kann (außer die Linie 2, da muss man beim Einsteigen ein Ticket ziehen). Das Geld wirft man dann an der Haltestelle, an der man aussteigt einfach vorne beim Fahrer rein. Passend allerdings. Kann man nicht passend zahlen, befindet sich direkt daneben ein Geldwechselautomat. Ein kluges System und sehr einfach. Wir hätten uns jedoch manchmal gewünscht, ein wenig japanisch zu verstehen. Eigentlich erzählte der Fahrer während der Fahrt permanent irgendetwas und beim Aussteigen bedankte er sich anscheinend bei jedem Passagier für die Zahlung oder die Nutzung. Übrigens wird auch hier jede Haltestelle mit Musik bespielt. Nach einiger Zeit wird das schon recht nervig.

Unser Hotel befand sich direkt am Friedenspark. Am Eingang wurden wir von einem Roboter begrüßt. Da wir bereits nach 14:00 Uhr hatten, konnten wir schon einchecken und gönnten uns eine halbstündige Erholungspause. Danach erkundeten wir Hiroshima.

Zuerst ging es natürlich in den Friedenspark. Der Park wurde nach den Atombombenabwürfen auf Hiroshima und Nagasaki konzipiert. Ziel war es, den Stadtteil Nakajima, der sich auf einer Insel zwischen den Flüssen Motoyasu und Hon befand und über dem die Atombombe detoniert ist, nach seiner vollständigen Zerstörung als Naherholungsgebiet für die Stadtbevölkerung wieder aufzubauen. Gleichzeitig sollte der Park als Gedenkstätte die Möglichkeit bieten, um die Opfer zu trauern und über die Auswirkungen einer Atombombe nachzudenken, aber auch als Wahrzeichen für den Frieden gelten. Der Park ist so angelegt, dass das Friedensdenkmal, der Friedensteich, die Friedensflamme, der Kenotaph, das Friedensmuseum, der Brunnen der Gebete, die Statue von Mutter und Kind im Sturm und neuerdings auch die Tore des Friedens mittig auf einer Linie liegen, wobei der Kenotaph das Zentrum bildet. Jedes Jahr am 6. August findet im Park anlässlich des Jahrestags des Atombombenabwurfs eine Friedenszeremonie statt.

Nachdem wir am Museum vorbei liefen, gelangten wir zum Kenotaph. Das Denkmal wurde 1952 von Professor Kenzo Tange entworfen. Der steinerne Kenotaph beinhaltet eine Liste von verstorbenen Opfern aller Nationalitäten, sofern die Angehörigen dies wünschen. Die Liste wird stetig erweitert. Auf dem Stein steht geschrieben: „Lasse alle Seelen hier in Frieden ruhen, denn wir werden das Böse nicht wiederholen“.

Direkt hinter dem Kenotaph befindet sich die Flamme des Friedens. Das Gebilde wurde von Kenzo Tange entworfen und stellt zwei zusammengelegte Hände dar, die sich wie ein Kelch nach oben hin öffnen. In ihrer Mitte brennt ein „ewiges Feuer“, das seit dem 1. August 1964 nicht mehr erloschen ist und brennen soll, bis der Tag kommt, an dem alle Atomwaffen von der Erde verschwunden sind.

Auf der anderen Straßenseite gelangten wir zum Kinder-Friedensmonument. Das Monument wurde 1958 errichtet und Sadako Sasaki gewidmet, die 1955 im Alter von 12 Jahren an den Spätfolgen der Verstrahlung verstarb. Sie wurde weltweit durch das Falten von Hunderten Origami-Kranichen (Orizuru) bekannt. Nach ihrem Tod entstand durch die Unterstützung von 3100 Schulen innerhalb und außerhalb Japans diese neun Meter hohe Bronzestatue. Auf der Spitze der dreibeinigen Kuppel steht die Figur eines Mädchens, das einen Origami-Kranich in die Höhe hält. Auf dem Sockel befindet sich eine Inschrift: „Dies ist unser Ruf. Dies ist unser Gebet. Für den Aufbau von Frieden in der Welt.“ Rund um das Denkmal herum befinden sich Schaukästen mit tausenden aufgefädelten Papierkranichen, die als Symbol der Friedensbewegung und des Widerstandes gegen den Atomkrieg von Kindern aus aller Welt gefaltet wurden.

Wir gingen auf die andere Seite des Flusses und schauten uns das Friedensdenkmal – Besser bekannt als Atombomben-Kuppel (A-bomb Dome) – aus der Nähe an. Das ehemalige Gebäude der Industrie- und Handelskammer aus dem Jahr 1914 blieb trotz des geringen Abstands zum Bodennullpunkt von 160 m weitgehend bestehen, da die von der Explosion ausgehende Druckwelle beinahe senkrecht auf die Struktur eingewirkt hat. 1996 wurde die Ruine in die Liste der UNESCO-Welterben aufgenommen.

Als nächtes stand die Burg Hiroshima auf unserem Programm. Der Beschilderung folgend liefen wir durch einen schönen Park, vorbei an einer alten Dampflok. Wir überquerten eine Straße und erreichten den Eingang der Burg. Sie war Sitz einiger Daimyō (Feudalherren) des Han (Lehen) von Hiroshima. Die ursprünglich in den 1590ern errichtete Burg wurde durch den Atombombenabwurf 1945 zerstört. Der 1958 errichtete Nachbau dient heute als Museum für die Geschichte Hiroshimas vor dem Zweiten Weltkrieg. Für 360 Yen / Person kann man sich den Hauptturm des fünfstöckigen Gebäudes auch von innen ansehen. Hier befindet sich eine Ausstellung und von der obersten Etage kann man einen tollen Blick auf Hiroshima genießen. Dafür lohnt sich der Aufstieg allemal.

Von der Burg liefen wir durch die Straßen Hiroshimas bis zum Bahnhof. Mit einem Regionalzug machten wir uns auf den Weg nach Miyajima. Wir fuhren allerdings zur Rush Hour, was dafür sorgte, dass die Züge ganz schön voll waren und wir die 30-minütige Fahrtzeit über stehen mussten.

Miyajima ist eine 30,39 km² große Insel und liegt etwa zwanzig Kilometer südwestlich von Hiroshima, unmittelbar vor der Küste von Honshū in der Seto-Inlandsee. Auf ihr befindet sich nicht nur zahmes Wild, sondern auch der bekannte Itsukushima-Schrein. Weltberühmt ist das hölzerne Torii aus dem Jahr 1875, das etwa 160 Meter vor dem Schrein steht. Bei Ebbe kann es zu Fuß erreicht werden, bei Flut steht es vollständig im Wasser. Es ist eines der meistfotografierten Wahrzeichen Japans. Der Schrein und das Torii wurden 1996 von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt. Besonders beeindruckend ist das Torii bei Flut und im Licht der untergehenden Sonne. Mit der Fähre, die man mit dem Japan Rail Pass kostenlos nutzen kann, setzten wir über und sahen von weitem das Torii.

Vom Hafen ist es ca. 1km zu Fuß, bis man an dem Aussichtspunkt ankommt. Menschen sind hier genug. Unterwegs kann man immer wilde Rehe und Hirsche sehen, die sehr zutraulich sind. Füttern soll man sie jedoch nicht. Wir setzten uns auf einen Stein und genossen den Blick auf das rote Torii. Die Atmosphäre auf uns wirken lassend, warteten wir die einsetzende Dunkelheit ab und machten ein paar schöne Fotos. Amüsiert über die Aussichtsboote, die durch das Torii hindurchfuhren und die Leute von der einen zur anderen Seite hasteten, um Fotos zu machen, begaben wir uns nach knapp 2 Stunden zurück zum Fähranleger. Man sollte sich jedoch vorher die Abfahrtzeiten notieren oder merken, denn wir hatten die Fähre gerade verpasst und mussten jetzt gut 40 Minuten auf die nächste warten. Ab 22:00 Uhr fährt übrigens keine Fähre mehr zurück. Also achtgeben, dass es nicht zu spät wird ;-).

Mit dem Regionalzug fuhren wir zurück nach Hiroshima und gingen ins Hotel. Müde und kaputt aber froh, dass wir endlich mal die Sonne genießen konnten, fielen wir ins Bett.