Madagaskar: Fahrt in den Amber Mountain Nationalpark

Von Diego Suarez fuhren wir am Morgen weiter in den Amber Mountain Nationalpark (Montagne d’Ambre). Das Gelände ist ein Gesteinsmassiv vulkanischen Ursprungs mit mehreren Wasserfällen und Kraterseen. Die Vulkane sind jedoch längst erloschen. Da der Park nur knapp 30 km von Diego Suarez entfernt lag und wir den ganzen Tag Zeit hatten, zeigte uns Jean noch die Stadt.

Mit dem Auto begaben wir uns im Schnelldurchlauf auf Sightseeingtour. Allerdings ist man mit den Hauptattraktionen wie dem Hafen und der Innenstadt auch in knapp 10 Minuten fertig. Wirklich viel zu sehen gab es in Diego Suarez nun wirklich nicht.

Von hier fuhren wir eine knappe Stunde bis zum Eingang der Bernsteinberge; wie der Amber Mountain Nationalpark übersetzt heißt. Die Stadt Joffreville ist die letzte Möglichkeit, sich mit Getränken einzudecken.

Am Straßenrand zeigte uns unser Fahrer mal wieder ein Chamäleon. Begeistert sprangen wir aus dem Auto und fotografierten das possierliche Tierchen. Ich finde Chamäleons einfach nur klasse. Leider weiß ich nicht, um welche Art es sich handelt. Wer eine Idee hat, kann sich gerne bei mir melden 🙂

k-3

k-4

In Joffreville angekommen verfolgten wir den Plan, eine Postkarte und einen Magnet aus Madagaskar zu erwerben. Wir fragten Jean, ob er einen Souvenirshop kennt. „Ja, bei der örtlichen Post“.

Als wir dort ankamen dachte ich zuerst, er hätte mich falsch verstanden. Ich wollte eigentlich erst eine Postkarte kaufen und dann abschicken. Aber er sagte, dass man dort drinnen welche erwerben konnte. Und tatsächlich, in dem Bau, der von außen unscheinbar wirkte und von innen den Eindruck machte, als würde er bald zusammenbrechen, gab es tatsächlich eine Auswahl an Postkarten. Nicht die Schönsten und leider keine aus dem Norden aber man will ja nicht auch noch wählerisch sein.

Der Postbeamte und Jean unterhielten sich und waren sich etwas uneinig, welcher Preis an Briefmarken denn nun auf die Postkarten geklebt werden musste. Wir verließen uns da einfach ganz auf den Spürsinn der Beiden; eine andere Wahl hatten wir sowieso nicht.

Wir warfen die Postkarte in den Briefkasten und waren gespannt, ob diese tatsächlich jemals ankommen wurde. (Gut 4 Wochen nach Einwurf in den Briefkasten in Joffreville ist sie übrigens bei unseren Familien angekommen).

k-5

k-6

Von der Poststelle fuhren wir kurz zu unserer heutigen Unterkunft – der Nature Lodge. Dort warfen wir unser Gepäck ab und zogen uns lange Hosen und Pullover an. Im Amber Mountain Nationalpark ist es nicht nur kühler als an der Küste, sondern es gibt auch Mücken. Und da wir keine Lust auf Malaria hatten, sprühten wir uns natürlich vorsorglich auch noch mit Mückenschutz ein.

Von der Nature Lodge waren es nun wenige Kilometer bis zum Eingang in den Nationalpark.

Wer keinen Guide hat, muss sich einen lokalen nehmen. Unser Guide hatte die Berechtigung, Touristen durch diesen Park zu führen. Seinen Ausweis musste er sich deswegen auch umhängen.

In dem Nationalpark gibt es entweder Ein- oder Mehrtagestouren wie bspw. die Besteigung des Gipfels. Da wir allerdings nur für Tagestouren Zeit hatten, brachte uns Jean in den nächsten beiden Tagen die Fauna und Flora des Regenwaldes näher. Und das ganz eindrucksvoll zu Beginn der Wanderung, denn er zeigte uns ein kleines Calumma boettgeri oder blue-nosed chameleon.

k-9

Männchen und Weibchen der Chamäleonart erreichen beide eine Länge von etwa 13 cm. Die Färbung umfasst drei Hauptfarben. Durch unscheinbare Grün-, Braun- und Gelbtöne kann sich das Chamäleon perfekt an seine Umgebung anpassen.

Unsere heutige Wanderung brachte uns zu dem quietschgrünen Kratersee „Lac de la Coupe Verte“.

Der Nationalpark gehört zu den artenreichsten Parks in ganz Madagaskar. Vor allem die zahlreich vorkommenden Chamäleons locken viele Besucher an. Natürlich kann man auch Lemuren antreffen.

Außerdem herrscht hier auf einer Höhe von ca. 1000 – 1.400 m ein ganz eigenes Mikroklima. Es ist spürbar kühler als an der Küste und da es sich um einen Regenwald handelt, regnet es auch häufig. Wir hatten allerdings an beiden Tagen strahlenden Sonnenschein. Sehr ungewöhnlich für den Amber Mountain Nationalpark.

Wir freuten uns vor allem auf die Chamäleons und hofften auf viel Glück beim Aufspüren der Tiere.

k-7

k-8

Es gibt übrigens zwei Arten von Chamäleons. Die „Echten Chamäleons“ sind Busch- und Baumbewohner. Die Erd- bzw. Stummelschwanzchamäleons bevorzugen die Laub- und Krautschicht am Boden. Über 200 Arten sind bereits beschrieben und die größte Artenvielfalt findet man tatsächlich auf Madagaskar.

Sowohl das größte als auch das kleinste Chamäleon kommen auf Madagaskar vor. Das Riesenchamäleon sowie das Parsons Chamäleon erreichen eine maximale Gesamtlänge von bis zu 70 cm. Im Gegensatz dazu ist das 2012 entdeckte Brookesia micra das mit 3 cm kleinste Chamäleon. Wir haben allerdings nur das kleinste Chamäleon zu Gesicht bekommen.

Vom Startpunkt folgten wir dem breiten Weg durch den urrtümlichen Wald. Die nächsten Chamäleons ließen nicht lange auf sich warten.

k-10

k-12

k-13

k-14

Der Farbwechsel dient bei Chamäleons übrigens nicht in erster Linie der Tarnung, sondern vor allem zur Kommunikation mit Artgenossen. Die Bereitschaft zur Balz wird zum Beispiel oft von auffälligeren Farben und Mustern begleitet. Die Färbung hängt zudem von äußeren Faktoren wie Temperatur, Sonneneinstrahlung, Tageszeit oder Luftfeuchtigkeit ab. Bei hohen Temperaturen färben sich die Tiere hell, um das einfallende Licht zu reflektieren. Bei niedrigen Temperaturen nehmen sie eine dunkle Farbe an, um die Energie des Lichts aufzunehmen.

Wir wanderten weiter auf breiten Forstwegen durch den Nationalpark. Das Wetter war herrlich und wir genossen die Ruhe.

k-16

k-19

k-20

An einem schmalen Ast zeigte uns Jean ein weiteres perfekt getarntes Chamäleon. Das Amber Mountain Chameleon (Calumma amber) ist endemisch in der Antsiranana Province. Wie der Name vermuten lässt, kommt es nur hier vor.

k-21

k-22

Ich bezweifle übrigens, dass wir überhaupt eines der Chamäleons heute ohne Guide gesehen hätten. Bei uns lief das nämlich folgendermaßen ab: Jean sagte uns, er habe ein Chamäleon gesehen. Ein stummes in-die-Gegend-starren unsererseits ließ ihn nach ca. 20-30 Sekunden die Fläche eingrenzen. Wenn wir Glück hatten und das Chamäleon groß war, konnten wir es nach einer paar längeren Sekunden entdecken. Manchmal musste er aber auch wirklich mit dem Finger drauf zeigen, bis uns ein „aaaah“ entwich. Kennt ihr die Zeichentrickfilme, bei denen über den Figuren Fragezeichen auftauchen? Ja, so ähnlich hat es bei uns auch ausgesehen. Bei Sichtung erschienen dann die bekannten Glühbirnen über den Köpfen 😀.

Im Amber Mountain Nationalpark kann man übrigens auch einige schöne Vögel, wie den endemischen Singvogel Ambrerötel (Monticola sharpei erythronotus) entdecken.

k-24

Was wäre ein Aufenthalt auf Madagaskar ohne den perfekt getarnten Blattschwanzgecko. Auch in den Bernsteinbergen konnten wir diesen erneut sichten. Natürlich nicht ohne Jeans Hilfe.

k-25

Wir wanderten weiter in Richtung des Sees und entdeckten abermals ein Chamäleon. Heute hatten wir wirklich einen Lauf.

k-28

Bei all den Tieren sollte man aber auch der Pflanzenwelt einen Blick entgegenwerfen, denn die zahlreichen bunten Orchideen, Blumen und Bäume sind etwas ganz Besonderes.

k-29

k-30

Nach einer guten Stunde Fußmarsch und zahlreichen Metern bergab erreichten wir den Lac de la Coupe Verte. Der grün schimmernde Krater ist eine echte Augenweide. Wir legten eine kleine Rast ein und genossen den Ausblick.

k-31

Die Höhenmeter, die wir hinab gegangen waren, mussten wir uns nun auch wieder hinauf begeben, was recht schweißtreibend war. Immerhin konnten wir unterwegs den wunderschönen Madagaskar-Paradiesschnäpper im Gebüsch entdecken. Die Männchen dieser Vogelart sehen ähnlich wie die Weibchen aus, nur der blaue Ring um die Augen ist etwas dicker und sie haben eine lange, weiße Schwanzfeder.

k-34

Auch ein weiteres Chamäleon ließ nicht lange auf sich warten. Diesmal hatte es allerdings ein Paar vor uns entdeckt.

k-35

k-36

k-41

k-43

Wie wanderten zu einem Aussichtspunkt, auf den wir erneut hinab auf den Lac de la Coupe Verte blicken konnten.

k-44

k-45

Von hier marschierten wir durch den wunderschönen Regenwald, der heute seinem Namen keine Ehre machte, Richtung Picknickplatz. Währenddessen erzählte uns Jean interessante Dinge über die hiesige Flora. So gibt es bspw. einen Baum, dessen Harz nach Eukalyptus riecht.

k-47

k-48

k-49

k-51

k-52

k-53

Der Madagaskardajal (Copsychus albospecularis) zwitscherte uns ein schönes Lied und wir lauschten diesem.

k-55

Jean zeigte uns die sogenannte Würgefeige. Die Luftwurzeln wachsen von oben zum Boden hinab. Erreichen die Wurzeln den Boden, beginnen die Feigen ein schnelleres Wachstum und bilden von nun an viel mehr Luftwurzeln. Die Wurzeln umschließen allmählich den Wirtsbaum, der schließlich abstirbt, wodurch sich im Inneren der Würgefeige ein Hohlraum bildet. Diesen Platz nimmt die Würgefeige nun ein und  kann aufgrund ihrer mächtigen Wurzeln ohne Stamm stehen. Die Natur kann schon grausam sein.

k-58

Über einen schmalen Betonsteg traten wir aus dem Wald hinaus und gingen zum Picknickplatz.

k-57

An einem kleinen Häuschen suchte ein Ringelschwanzmungo (Galidia elegans) nach Essbarem. Nachdem er sich eine Banane einverleibt hatte, verschwand er wieder im Gebüsch.

k-59

k-60

Ringelschwanzmungos sind vorwiegend tagaktive Raubtiere, entgegen früherer Meinung können sie aber durchaus auch nachts auf Nahrungssuche gehen. Vor allem in den frühen Morgenstunden und am späten Nachmittag sind sie am aktivsten. Sie sind flinke und gute Kletterer, halten sich aber vor allem am Boden auf. Außerdem können sie sehr gut schwimmen. Zum Schlafen ziehen sie sich in selbst gegrabene Erdbaue, in Felshöhlen, unter umgestürzte Baumstämme oder in andere Unterschlupfe zurück. Die Schlafplätze werden regelmäßig gewechselt, um Fressfeinde und Parasiten abzuwehren.

Jean zeigte uns erneut den gut getarnten Blattschwanzgecko, der uns immer wieder aufs Neue faszinierte. Das ist schon ein außerordentlich begabtes Tier, was die Tarnung angeht. Perfekt.

k-63

Auch das kleinste Chamäleon der Welt ist im Amber Mountain Nationalpark anzutreffen. Es gehört zur Gattung der Stummelschwanzchamäleons und ist farblich eher braun, schwarz oder dunkelgrün. Durch die zackige Körperform imitieren Stummelschwanzchamäleons überwiegend trockenes, am Boden liegendes Laub.

k-65

Jean und unser Fahrer bereiteten das Mittagessen vor und wir schauten uns ein wenig auf dem Gelände um. Dabei entdeckte ich doch tatsächlich ganz alleine und ohne Fremde Hilfe ein Chamäleon, dass einen Baum hinaufkletterte. Begeistert zeigte ich den anderen, was ich da gesichtet hatte und freute mich wie ein kleines Kind 😀.

Gemeinsam aßen wir frisches Zebu, Reis und eingelegtes Gemüse und genossen den Tag. Neugierig gesellten sich zwei Ringelschwanzmungos zu uns, die gerne etwas von unserem Festmahl abhaben wollten. Jean warf ihnen ein Stück Fleisch zu und nachdem sie es vertilgt hatten, tollten sie im Gras herum und legten sich faul auf eine der Bänke.

k-67

k-69

k-70

k-71

k-74

Nach dem Lunch machten wir eine halbe Stunde Pause und wanderten danach noch eine weitere kleine Runde auf der Suche nach Lemuren. Immer schön den Kopf nach oben recken.

k-75

k-76

k-77

Und wir entdecken tatsächlich Kronenmakis (Crowned lemur, Eulemur coronatus) hoch oben in den Baumwipfeln. Sie verhielten sich ganz ruhig und schauten immer wieder hinunter zu uns. Wir taten dasselbe; nur das wir nach oben guckten. Irgendwann hatten die Lemuren die Nase voll und verschwanden im Dickicht des Regenwaldes.

k-79

k-80

k-82

k-84

Wir wanderten weiter und gelangten zum heiligen Wasserfall. Da wir allerdings in der Trockenzeit hier waren, führte der Wasserfall nicht allzu viel Wasser.

Man muss wissen, dass es an vielen Stellen die sogenannten Fady gibt. Dabei handelt es sich um Verbote oder Tabus, die das tägliche Leben der Madagassen regeln. Die fady entstehen im familiären Bereich einer Dorfgemeinschaft und haben den Rang eines religiösen Gebotes.

Für Besucher des Landes ist es wichtig zu wissen und zu respektieren, dass es viele Verbote gibt, die zum Beispiel die zahlreichen Gräber der Insel, aber auch manche nicht sofort als solche erkennbare und noch heute verehrte Naturheiligtümer (Bäume, Teiche) betreffen. So auch diesen Wasserfall. Hier ist schwimmen und hineinpinkeln verboten, wie Jean uns erklärte.

k-85

k-87

k-88

Nun ging es zurück zum Auto. Unser heutiger Ausflug in den Amber Mountain Nationalpark neigte sich dem Ende.

k-89

k-90

Unser Fahrer wartete bereits auf uns und zeigte uns natürlich bei der Ankunft direkt ein Chamäleon. Und das in knapp 3m Entfernung. Schon verrückt, wie geschult die Augen der Einheimischen auf die Tiere sind. Wir hätten heute nicht eines der Tiere gesehen.

k-93

k-94

k-95

Wir fuhren zurück zur Nature Lodge, wo wir uns von den beiden verabschiedeten und den Tag in Ruhe ausklingen ließen.

Auf der Veranda unserer Hütte genossen wir den verbleibenden Nachmittag, lasen etwas und entspannten uns. Da es recht kühl und sehr windig war, begaben wir uns nach Sonnenuntergang nach drinnen.

k-96

k-97

k-100

k-101

Um 19:30 Uhr nahmen wir das Abendessen zu uns, bei dem ich mir zur Abwechslung mal ein Gericht ohne Reis ausgesucht hatte. Allerdings ist mir Lunch und Abendessen mit drei Gängen doch viel zu viel. Zumal die Gänge sehr reichhaltig waren.

Übrigens waren wir ab dem heutigen Tag knapp 5 Tage von der digitalen Welt abgeschnitten, denn W-Lan gab es hier nicht bzw. es funktionierte nicht und das ausgerechnet jetzt, wo wir noch eine Unterkunft auf Nosy-Be für die restlichen Tage am Ende unseres Urlaubs benötigten. Aber Marcel sagte mir, dass er sich irgendwie schon drum kümmern würde. Abwarten wie das so läuft… Schon komisch, wenn man nicht ins Internet kommt. Daran merkt man erstmal, wie abhängig man davon schon ist.


Videos: