Die Nacht im Glampingzelt der Glacier Lodge Eqi war kurz. Dank Mitternachtssonne hatten wir auch nicht wirklich tief geschlafen. Erstaunlicherweise haben wir aber trotz Schwierigkeiten mit dem Heizgerät in den warmen Decken nicht gefroren. Bevor es heute am frühen Nachmittag wieder mit dem Boot zurück nach Ilulissat ging, wollten wir eine Wanderung zur Moräne des Eqi-Gletschers unternehmen. Die Lodge bietet die Tour auch als kostenlose Gruppenführung an. Wer also nicht alleine losziehen möchte, kann sich am Vorabend für die Wanderung eintragen und am nächsten Morgen nach dem Frühstück gegen 09:00 Uhr zur Gletschermoräne wandern.
Die Sonne schien und der gestrige graue Himmel war einem satten Blau gewichen. Ein perfekter Wandertag. Für die Tour zur Moräne des Eqi-Gletschers sind insgesamt rund 10 Kilometer zurückzulegen. Hin- und Rückweg erfolgen auf derselben Route. Gute Wanderschuhe und evtl. Stöcke einpacken. Am Ende erfolgt ein kurzer, steiler Anstieg zur Gletschermoräne. Außerdem muss ein breiter Fluss über Felsen und Holzpfosten überquert werden. Die abwechslungsreiche Wanderung sollte allerdings bei entsprechender Fitness unbedingt angegangen werden.
Unser Plan war, vor der Gruppentour aufzubrechen, damit wir die Einsamkeit am Gletscher genießen konnten. Vermutlich würden nämlich die meisten Gäste an der geführten Wanderung teilnehmen.
Wir standen daher zeitig auf, frühstückten um 07:30 Uhr und checkten danach schon einmal aus, da der reguläre Check-out bereits um 10 Uhr ist und wir bis dahin nicht von der Wanderung zurück wären.
Entlang des Holzbohlenwegs liefen wir nach rechts bis zur letzten Hütte. Klar, dass ich mich noch einmal in die Holz-Hollywood-Schaukel mit Blick auf den Gletscher setzen musste.
Während ich den Ausblick auf den Gletscher genoss, ließ Marcel noch einmal die Drohne steigen.
Wir wollten allerdings nicht zu viel Zeit verschenken und machten uns daher auf den Weg zur Gletschermoräne.
Am Ende des Holzbohlenwegs betraten wir einen Pfad, der uns leicht abwärts mitten durch die wunderschöne Natur brachte.
Mit Blick auf den Eqi-Gletscher genossen wir den herrlichen Start in den Tag.
Vor und wanderte bereits ein anderes Pärchen. Wir würden also nicht alleine am Gletscher sein aber mehr Leute waren noch nicht unterwegs.
Wir genossen die Stille und hörten immer wieder das Donnern des abbrechenden Eises vom Gletscher. So einen richtig großen Abbruch wie am gestrigen Abend sahen wir allerdings nicht.
Leicht auf- und abwärts folgten wir dem gut erkennbaren Pfad durch die arktische Tundra.
Über den unebenen Untergrund liefen wir über einen Schmelzwasserfluss bis zu einer großen Platte, die vermutlich noch vom Gletscher stammte.
Weglos liefen wir in Richtung eines reißenden Flusses, den es trockenen Fußes zu überqueren galt.
Holzplanken halfen an den weit auseinanderliegenden Stellen. Um die Orientierung und die Richtung nicht zu verlieren, ist ein GPS hilfreich. Man man sich allerdings nur nach links in Richtung Gletscher halten.
Nachdem wir den Fluss überquert hatten, suchten wir den Wanderweg und marschierten auf diesem bergauf in Richtung Gletscherkante.
Zahlreiche kleinere Felsbrocken, die auf dem Weg lagen machten das Wandern zu einem Spießroutenlauf.
Wir passierten einen kleinen See, auf dem sich ein paar Vögel tummelten. Auf dem Rückweg wollte ich mal schauen, um was es sich dabei handelte.
Doch zunächst folgten wir dem gut erkennbaren Pfad weiter leicht aufwärts.
Erneut überstiegen wir einen kleinen Bachlauf und gelangten zu einem Wasserfall.
Mittlerweile war auch die Wandergruppe gestartet und wir sahen diese auf der gegenüberliegenden Seite. Wir hatten allerdings eine Stunde Vorsprung und Einholen würde uns die Gruppe nicht.
Der finale Anstieg zum Rand der Moräne hatte es in sich. Steil aufwärts folgten wir dem schmalen Pfad aus lockerem Gestein.
Auf halber Strecke wurde es flacher und es eröffnete sich uns ein grandioser Blick auf den Fjord auf dem Eisberge und Eisschollen trieben. Vom Gletscher selbst war nun nichts mehr zu sehen.
Wir genossen die Ruhe und Einsamkeit und nahmen den letzten Anstieg in Angriff.
Wir staunten nicht schlecht als wir den Rand der Moräne erreichten und auf den Eqi-Gletscher blickten. Die Schönheit der Natur war hier kaum in Worte zu fassen und wir standen erstmal da und schauten uns um.
Das andere Pärchen stammte aus Kanada und war bereits dabei zahlreiche Fotos zu schießen und die Drohne klar zu machen. Wir setzten uns erstmal auf einen Stein und schossen ebenfalls Fotos.
In der Hoffnung auf einen weiteren großen Gletscherabbruch hielten wir Eisfeld gut im Blick.
Allerdings brachen immer nur kleinere Schollen ab, die mit einem Krachen ins Wasser fielen.
Marcel bereitete ebenfalls die Drohne auf den Flug vor. Wir wollten mal sehen, wie weit wir überhaupt kamen, denn so nah der Gletscher aussah, so weit würde er in der Realität vermutlich noch entfernt sein.
Ernüchtert stellten wir fest, dass wir nach 500 Metern noch nicht einmal den Anfang des Gletschers mit der DJI Mini Pro 2 erreicht hatten.
Da der Blick auf den Eqi-Gletscher nicht viel anders aussah als vom Rand der Moräne, schossen wir nur ein paar Fotos mit den Eisschollen von oben und holten die Drohne danach zurück. Aufgrund der Kälte hielt der Akku natürlich nicht allzu lange.
Wir machten noch ein Erinnerungsfoto mit dem Gletscher im Hintergrund und packten die DJI danach wieder in den Rucksack.
Die Wandergruppe näherte sich dem finalen Aufstieg und wir beschlossen uns auf den Rückweg zu begeben, sobald diese oben angekommen waren.
Dem Pfad abwärts folgend wanderten wir zum Mittelplateau, wo wir auf ein Alpenschneehuhn (Rock ptarmigan, Lagopus muta) trafen.
Wir blickten noch einmal auf den Fjord und liefen abwärts ins Tal.
Wer übrigens denkt, dass die Tundra nicht viel zu bieten halt, sollte genau hinsehen. Es gab hier so viele verschiedene bunte Blumen.
Am kleinen See holte ich das Tele raus und erkannte einige Eisenten (Long-thailed duck, Clangula hyemalis). Die Männchen trugen ihr Schlichtkleid.
Die Tiere ließen mich allerdings nicht allzu nah ran und bei jedem Schritt in Richtung See entfernten sich die Eisenten weiter.
Daher zog auch ich mich zurück und wir folgten dem Wanderweg in Richtung Lodge.
Wir überquerten den reißenden Schmelzwasserfluss und folgten der großen Platte weglos weiter. Zu weit vom Weg kann man allerdings nicht abkommen, da sich links von uns ein Berg befand.
Mit Blick auf den Eisfjord gelangten wir in flaches Gelände und beschlossen bis zur Ankunft des Bootes in der Sonne zu rasten.
Wir suchten uns einen großen Stein, zogen die Schuhe aus und genossen den herrlichen Ausblick, der sich uns bot.
Bis auf das Donnern im Gletscher und ein bisschen Vogelgezwitscher war nichts zu hören. Was für ein traumhafter Ort, an dem man einfach mal abschalten und alles um sich herum vergessen konnte. Aber bitte auf keinen Fall hinab zum Wasser laufen. Sollte doch einmal ein großer Eisblock abbrechen, kann ein Aufenthalt an dem idyllisch aussehenden Steinstrand ganz schnell sehr gefährlich werden.
Ein Steinschmätzer (Northern wheatear, Oenanthe oenanthe) setzte sich direkt auf einen Stein vor mir, bot mir aber nur eine Gelegenheit für ein Foto.
Während Marcel ein Nickerchen hielt, starrte ich auf den Gletscher und wartete auf das Kalben.
In der Ferne war der Dieselmotor des Boots bereits zu hören. Mit dem Fernglas versuchten wir, es zu orten.
Da wir wussten, dass das Boot noch vor dem Gletscher halt machen würde, hatten wir keine Eile, zurück zum Camp zu gehen.
Gegen 14 Uhr brachen wir auf und folgten den letzten Metern auf dem Pfad zurück zu den Hütten der Glacier Lodge Eqi.
Am Café Victor warteten wir mit den anderen Gästen auf die Abreise.
Das Größenverhältnis zwischen Boot und Gletscher war beeindruckend. Dadurch wurden die Ausmaße erstmal ins Verhältnis gesetzt.
So langsam näherte sich das Boot dem Hafen und von einem Mitarbeiter der Lodge wurden wir für die Abreise gebrieft. Zunächst würden wir zur Sicherheitszone hinab gehen und das Aussteigen der anderen Gäste abwarten. Danach mussten wir dann schnellen Schrittes hinabsteigen und aufs Boot gehen. Gesagt, getan.
Wir brachten unser Gepäck unter Deck und begaben uns danach direkt nach oben, um die Aussicht bei Sonnenschein zu genießen. Ein ganz anderes Bild als gestern im Grau.
Mit etwas Wehmut ließen wir den Eqi-Gletscher hinter uns. Eine weitere Nacht hätten wir hier durchaus noch verbringen können.
Auch die endlose Weite des Schwestergletschers des Eqi war heute viel besser zu erkennen als gestern.
Allerdings waren die Eisberge im grellen Sonnenlicht viel weißer als gestern. Ohne Sonnenbrille stach das Weiß in den Augen. Und auch die Kamera mochte den Weißton im grellen Licht nicht.
Daher schoss ich nur noch ein paar Fotos und genoss die Bootsfahrt durch das Eis, denn auch heute musste sich der Kapitän wieder einen Weg durch die Eisschollen suchen.
Das Wasser lag so ruhig, dass sich die Eisberge im Wasser spiegelten. Wer konnte davon nicht begeistert hat? Magisch.
Heute im Sonnenlicht sah alles ganz anders aus als gestern. Die Berge im Hintergrund waren gut zu erkennen.
Wir ließen das dichte Eis hinter uns und fuhren wieder durch die Straße von Ataa, die von markanten, steilen Bergen mit einer artenreichen Vogelwelt und Wasserfällen umgeben war.
Auch zwei Wale stießen Wasserfontänen in die Luft und machten so auf sich aufmerksam. Die Meeressäuger waren allerdings recht weit weg und tauchten genauso schnell wieder ab wie sie aufgetaucht waren.
Wir erreichten das Fjordsystem Pakitsoq, passierten die Siedlung Oqaatsut und gelangten in die Diskobucht mit ihren hohen Eisbergen. Für schöne Eisbergfotos war das Licht allerdings zu grell, so dass ich die Kamera wegpackte und die Aussicht genoss.
Gegen 19 Uhr erreichten wir Ilulissat und während ich vom Hafen zum Check-In unseres Hotels SØMA lief, ließ Marcel sich mit dem Shuttlebus zum Best Western Plus Hotel Ilulissat bringen, um unser Gepäck abzuholen.
Mit dem Taxi kam er zum Hotel SØMA und gemeinsam ließen wir die letzten Tage Revue passieren. Für Morgen hatten wir noch eine letzte Wanderung zum Eisfjord geplant, bevor es am Nachmittag mit dem Flieger nach Nuuk ging. Immerhin war bisher noch nichts gecancelt worden und wir waren guter Dinge.
